Die Terranauten 017 - Die Piraten des Scharlachmeers
liegende Ausrüstung. »Sollen wir hier vorerst ein Lager aufschlagen?«
»Ich wäre dafür«, sagte David und schaute sich um. »Die Gegend scheint sehr fruchtbar zu sein. Vielleicht leben hier Menschen, die uns weiterhelfen können. Wir müssen in jedem Fall vorsichtig sein.«
Der Fluß, der als einziger die Nördliche Bergkette durchquerte, befand sich, wie sie bald darauf herausfanden, nicht weiter als hundert Meter von ihnen entfernt. Der Tulpenwald lag auf einer Anhöhe, die in westlicher Richtung zum wichtigsten Transportweg in den Norden hin sanft abfiel. Wenn sie wollten, konnten sie jedes vorbeikommende Schiff innerhalb von wenigen Minuten auf sich aufmerksam machen.
Was nordwärts vor ihnen lag, wußten sie nicht.
Aber sie sollten es bald erfahren.
*
Mitten in der Nacht wachte David terGorden auf. Er hatte von Asen-Ger und der Katastrophe geträumt, der sie auf dem Planeten Zoe alle nur knapp entkommen waren. Aber es war nicht der Alptraum gewesen, der ihn aus dem Schlaf gerissen hatte. Irgendwo knisterte etwas, und er hatte das unbestimmte Gefühl, als sei es keiner seiner Gefährten gewesen, der dieses Geräusch erzeugt hatte.
Schlagartig wurde er hellwach und tastete nach seinem Schwert.
Die Nacht war finster wie immer, aber zwischen den dicken weißlichen Stengeln der Tulpenbäume leuchtete etwas. Das Licht schien weit entfernt zu sein. Hatte in ihrer Nähe noch jemand anderer sein Lager aufgeschlagen?
David lauschte den Atemzügen der anderen. Gleich ihm hatten sie sich zwischen den Bäumen auf den mitgebrachten Decken ausgestreckt. Farrell lag zwischen Zandra und Rianna; ihn zu wecken bedeutete, auch die anderen aus dem Schlaf zu reißen.
Thorna hatte sich – wie gewöhnlich – ziemlich in seiner Nähe zusammengekuschelt. David robbte zu dem Mädchen hinüber.
»Ja?« hauchte sie, noch ehe er etwas sagen konnte.
»Ich bin gleich zurück«, flüsterte David ihr ins Ohr. »Ich weiß nicht, aber ich habe den Eindruck … daß nicht alles in Ordnung ist. Wenn du glaubst, daß mir etwas geschehen ist, wecke die anderen. Tust du das?«
Das Mädchen nickte. Ihr Blick sprach von Enttäuschung.
»David …« sagte sie.
»Ja?«
»Kann ich mit dir gehen?«
»Auf keinen Fall!« David strich ihr über das Haar und machte sich auf den Weg. Er folgte dem Licht, versuchte jedoch gleichzeitig, die Quelle des Geräusches ausfindig zu machen, das er gehört zu haben glaubte. Zu dumm, daß er nicht genügend Zeit gehabt hatte, sich mit Debussy oder Justin O’Broin über Einzelheiten dieses Planeten zu unterhalten. Was er über diese Welt und seine Bewohner wußte, entstammte Quellen, die ihre Informationen selbst aus zweiter Hand bezogen hatten. Keiner von den Menschen, die er bisher kennengelernt hatte, war auf Rorqual viel herumgekommen. Zuviel lag im Dunkeln. Niemand wußte genaues über das Volk der Grünen Flieger, das sich völlig abseits von den Menschen hielt, wenn man von einzelnen Ausgestoßenen wie Vasik, eine Kreatur Debussys, einmal absah. Dem Anschein nach – jedenfalls hatte Justin O’Broin, Friede seiner Seele, es durchblicken lassen – mieden die restlichen Bewohner Rorquals das Nebelland, in dem sie mit ihrem Beiboot abgestürzt waren. Und die Schiffer, die Reisen in andere Länder unternahmen, hüteten eifersüchtig die Handelswege und verbreiteten – wenn überhaupt – ausschließlich haarsträubende Geschichten über die noch unerforschten Landstriche dieser Welt. Darin unterschieden sie sich in nichts von den alten irdischen Seefahrern: Fremde Länder mußten schon allein deswegen von grauenhaften Ungeheuern und barbarischen Wilden bewohnt sein, damit niemand von der Konkurrenz auf die Idee kam, in den Revieren der anderen zu wildern. Wer sich seine Rohstoffquellen gesichert hatte, behielt ihre Lage für sich; das war die beste Methode allein von ihnen zu profitieren.
David hatte noch keine hundert Meter durch den Tulpenwald zurückgelegt, als er leise Stimmen hörte. Nein, das waren keine Leute, die sich unterhielten. Was an seine Ohren drang, klang wie ein Singsang oder das Gewinsel Verlorener, die aneinandergekettet einem unbekannten Schicksal entgegensahen. Zwei Schatten huschten plötzlich vor ihm zwischen den Bäumen dahin. Holz krachte unter ihren Füßen. David sah wehendes Haar. Die beiden Unbekannten rannten, als sei ihnen der Teufel persönlich auf den Fersen. Offenbar dachten sie jetzt keine Sekunde mehr daran, sich lautlos und vorsichtig zu
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