Die Terranauten 036 - Flammen über Shondyke
machtpolitischen Ansprüchen abgesehen – nur eine Vorstufe. Aber bereits in den Garden bilden die Frauen das Übergewicht. Nicht unbedingt zahlenmäßig, aber intellektuell, organisatorisch, menschlich.«
»Eine Welt ohne Männer?« runzelte terGorden die Stirn und fühlte sich unwillkürlich betroffen. »Aber eine rein geschlechtsspezifische Gesellschaftsform …«
Erneut unterbrach ihn Ci Anur. »Sie können es sich nicht vorstellen«, erklärte sie. »Sie sind ein Mann, Terranaut, Sie wissen nicht, was es bedeutet, eine Frau zu sein. Eine Frau denkt anders; nicht unbedingt besser, aber anders. Und ich kenne Ihre Einwände. Sie sind nicht neu. Sie wollten Beispiele in der Vergangenheit anführen, nicht wahr? Frauen auf hohen Posten, in Machtpositionen, die dann genau wie Männer reagierten.
Doch vergessen Sie nicht – all diese Frauen lebten in einer patriarchalischen Gesellschaft, wurden in einer Welt erzogen und geformt, die von Männern und ihren Lebensvorstellungen bestimmt wurde.
Was wir wollen, das ist eine Welt der Frauen. Eine sanftere, einfühlsamere, glücklichere Welt. Und um sie zu errichten, ist eine gewisse … Isolationszeit erforderlich.
Darum wird Shondyke abgeschottet … Wenn alles vorbei ist.«
Für eine Weile herrschte Stille.
Schließlich sagte David: »Wir haben Ihnen von unserem Verdacht berichtet, Cosmoral Anur, daß die angreifenden Supertreiber Agenten des Konzils sind. Sie gehören nicht zu den Terranauten, und ihr psionisches Potential ist so ungeheuer, daß es hur auf künstlichem Wege erzeugt werden konnte. Llewellyn hier hat am eigenen Leibe die PSI-Experimente des Konzils zu spüren bekommen.«
»Valdec wäre es durchaus zuzutrauen«, nickte Ci Anur. »Eine derartige Handlungsweise würde auch unseren Computerszenarios und den Berichten der Schatten über Kontroversen zwischen Konzil und Chan de Nouille entsprechen.
Kurz vor unserem Gespräch erhielt ich die Mitteilung, daß einer der Angreifer – eine Frau – von einem Team Clone-Queens unter der Führung von Cosmoral Mi Lai getötet wurde. Ein weiterer Supertreiber soll sich in einem zerstörten Hangar im Sternzacken aufhalten, und wir empfangen hin und wieder auch PSI-Echos aus den oberen Stockwerken des Gebäudes.«
»Zwei Gegner also noch«, brummte Llewellyn, der sich bislang schweigsam verhalten hatte. »Wir sollten endlich tätig werden, ehe es noch weitere Opfer gibt.«
»Einverstanden.« Ci Anur erhob sich. »David terGorden und Llewellyn 709, die Queen Osher wird Ihnen den Weg zum Sternzacken weisen. Während Sie – unterstützt von unseren Clone-Queens – den Kampf aufnehmen, werde ich Chan de Nouilles Absetzung und die Übernahme Shondykes durch das Matriarchat einleiten.«
»Matriarchat?« echote David.
»Gewiß.« Ci Anur lächelte. »Von jetzt an gibt es keine Cosmoralität mehr … Scanner Cloud und Adeptin doNhor, mit Ihnen möchte ich noch einige Worte wechseln. Es betrifft den Ableger Yggdrasils.«
»Ausgezeichnet«, stimmte Cloud zu. »Das kommt meinen Absichten sehr gelegen.«
Aus dem nebligen Lichterspiel der Dämmervorhänge schälte sich die kräftige Gestalt einer untersetzten Queen. Ihre Goldaugen fixierten die beiden Treiber. »Folgen Sie mir bitte«, sagte die Queen Osher.
David und Llewellyn erhoben sich.
Nachdenklich sah David noch einmal zu Scanner Cloud hinüber. Das Gefühl, daß der Psyter eigene Pläne verfolgte und mehr über die Situation auf Shondyke wußte, als er bislang verraten hatte, wurde stärker.
Was hatte Cloud vor?
Und was – wer – trieb ihn dazu?
Yggdrasil?
»Komm, David«, sagte Llewellyn leise. »Wir haben etwas zu erledigen.«
*
Artemis’ telepathischer Todesschrei hatte Ares 17 minutenlang gelähmt.
Seine Muskeln waren verkrampft, und instinktiv preßte er sich in eine Ecke des weitläufigen Lagerraums, der unmittelbar unter dem Dach des Sternzackens lag.
Allmählich beruhigten sich die Gefühle des Supertreibers wieder, und er dachte klar und nüchtern über das Geschehene nach. Artemis’ Tod hatte es ihm ermöglicht, unbehelligt bis in die Nähe des Landedaches zu gelangen, und sobald Plutos mit den Grauen aufeinanderprallte, würde er den nächsten Schritt machen.
Eine Raumfähre kapern … und in den Himmel steigen, der Feuerschale und dem Regenbogenfeld der Weltraumstraße entgegen, hinauf zur Queen Bleux und der Achillesferse der Grauen Garden.
Die Kontrollstation des Steuerzapfens, der die Transporte durch das System der
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