Die Terranauten 038 - Nardas Kampf
von mehr Phantasie und mehr Geld. Es war ein Viertel, in dem offensichtlich vornehmlich die Begüterten von Yamarahan lebten. Und allem Anschein nach gehörte Gulben Horg zu dieser privilegierten Schicht.
»Mehr als drei Jahre sind vergangen«, sagte Narda und sah Rollo an, der auf einen verwinkelten, grellfarbenen Bungalow zusteuerte. »Vielleicht wohnt er gar nicht mehr hier.«
Rollo lachte kurz auf und stieg die niedrigen Treppen empor, die zu der breiten Eingangsfläche führten.
»Gulben Horg lebt seit mehr als zwanzig Jahren hier. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er noch einmal umzieht.«
Aus den Schatten der in der Nähe gelegenen Gebäude lösten sich schemenhafte Gestalten, und Narda wirbelte erschrocken herum. Dann erkannte sie die Freunde und seufzte erleichtert.
»Bei Yggdrasil, wo habt ihr nur gesteckt?« brachte Rogmash Al hervor und schnaufte. »Wir warten schon seit Stunden.«
Narda sah sich rasch um. Alles war ruhig, nirgendwo waren Menschen zu sehen. Wenn sie an den Rückweg dachte, wurde ihr beinahe schlecht. All die Kontrollen …
Die ganze Truppe bezog vor der Haustür des Servis Aufstellung.
Gulben Horg war ein Mann von etwa siebzig Jahren. Er war klein, glich diesen Mangel aber durch eine besondere Fülle in der Körpermitte wieder aus. Er musterte sie aus schmalen, grauen Augen, die aufzublitzen schienen, als er Rollo erkannte.
»Himmel, Rollo!«
Plötzlich schien er sich daran zu erinnern, daß der Rollo, den er gekannt hatte, ein Treiber gewesen war, ein Verbrecher. Er riß die Tür noch weiter auf, packte den Arm des Deneb-Geborenen und zerrte ihn hinein. Als dem alten Freund zehn weitere Personen folgten, stöhnte er gequält. Bevor er die Tür wieder schloß, vergewisserte er sich, daß niemand sie gesehen hatte.
»Menschenskind, ihr seid wohl verrückt geworden?« brachte er über die Lippen und erblaßte dabei sichtlich. »Ihr bringt mich in Teufels Küche …«
Rollo klopfte dem Kleingewachsenen auf die Schulter.
»Es tut uns leid, daß wir dich mit unserem Besuch in Unannehmlichkeiten bringen«, sagte er ehrlich. »Aber wir brauchen Hilfe, dringend.«
Der Servis keuchte noch immer.
»Das kann ich mir lebhaft vorstellen …«
Er zögerte sichtlich, dann bot er dem unerwarteten Besuch Sitzplätze und etwas zu trinken an. Der Deneb-Geborene nippte an einem Drink, dann erzählte er ihre Geschichte, angefangen bei der Vernichtung des Planeten Zoe bis hin zu den Ereignissen am Raumhafen von Merkid.
Das Entsetzen Gulben Horgs vergrößerte sich noch.
»Die Polizei weiß, daß ihr auf Yamarahan seid?« Seine Augen weiteten sich. »Dann seid ihr so gut wie erledigt. Und mit euch jeder, der euch hilft.«
»Einen schönen Freund hast du«, warf Mashram Eschrit ironisch ein. »Einen Feigling …«
Der Servis wollte aufbegehren, überlegte es sich dann aber noch einmal anders. Mit zitternden Händen schenkte er sich sein Glas wieder voll. Er nahm einen tiefen Zug, und auf seinem Gesicht erschienen rote Flecken.
»Ich appelliere an unsere alte Freundschaft«, sagte Rollo leise und blickte dabei starr auf die schillernde Flüssigkeit in seinem Glas. »Wir brauchen deine Hilfe.«
»Was wollt ihr?«
»Der größte Teil der Computer-Speichereinheiten unseres Schiffes ist hin, zusammen mit all den darin enthaltenen Zielkoordinaten. Außerdem benötigen wir dringend neue Misteln …«
Der Servis lachte hysterisch.
»Ihr habt vielleicht Humor! Speichereinheiten! Misteln! Na klar, die wachsen hier auf Bäumen. Man muß sie eben nur pflücken, das ist alles.«
»Wir machen keine Witze«, sagte Narda kalt und sah Gulben Horg starr in die Augen. Nach ein paar Sekunden wandte er den Blick ab. »Versetzen Sie sich einmal in unsere Lage. Wir sind Gejagte, Verfolgte. Und ich möchte nicht so enden wie die elenden Gestalten am Raumhafen von Merkid.«
»Verdammt, ich kann euch ja verstehen.« Er schüttelte den Kopf. »Treiber, bei mir. Das darf einfach nicht wahr sein! Wenn das rauskommt …«
»Können Sie uns helfen oder nicht?«
Narda öffnete für einen Sekundenbruchteil ihren PSI-Sinn. Nichts. Der Servis war immunisiert, so, wie sie es erwartet hatte. Seine PSI-Immunisierung reichte bestimmt noch bis in die Zeit der Treiberraumfahrt zurück, als Schutz vor allzu neugieriger Konkurrenz. Jetzt war sie so gut wie sinnlos geworden.
Ein helles Summen drang aus einem Nebenraum, und Gulben Horg zuckte unwillkürlich zusammen. Dann erhob er sich.
»Das Visiophon«, sagte er leise,
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