Die Terranauten 047 - Die Haßseuche
für folgerichtiges Denken.
Als der Schmerz nachließ, keuchte sie. Der Riemenmann taumelte ihr entgegen und half ihr in die Höhe. Ihr Kopf fuhr herum, der Blick glitt über den Monitor des Visios. Der Körper von Ruben Carcones war in eine flammende Aureole gehüllt, in ein unirdisches Feuer, das zu flackern schien. Claude Farrell war auf die Knie gesunken, und seine Augen nahmen etwas wahr, das ihr verborgen war. Ihr erster Impuls war, das Schott zu entriegeln und den beiden Männern zu Hilfe zu eilen. Aber sie wußte, daß sie es nicht tun würde. Die Gefahr, von Queen Ishiya überrascht zu werden, war viel zu groß.
»Im Hangar startet ein Ringo!« brachte der Riemenmann undeutlich hervor. »Ich habe es befürchtet. Wenn er Rorqual erreicht …«
Lyda stöhnte entsetzt auf. Es war nicht nur ein Ringo, es war auch eine Virenbombe, was da losraste.
»Bist du wieder in Ordnung?« Sie nickte und fühlte, wie der machtvolle psionische Strom Llewellyns sie einhüllte, ihre Kraft dann mit hinaustrug zu Claude Farrell und Ruben Carcones, wie er versuchte, die visionäre Haßwelt zu verdrängen.
Farrell und der PSI-Assassine waren die einzigen, die den Start und damit die Verseuchung Rorquals vielleicht noch verhindern konnten …
*
David terGorden blickte nachdenklich auf die schnell wechselnden Kontrollen des Computerterminals vor sich. In seinem Gesicht mahlten die Muskeln, ohne daß ihm dies bewußt wurde, Asen-Ger räusperte sich und trat an seine Seite.
»Es sieht nicht gut aus«, sagte er, als David ihn anblickte.
»Nein, das sieht es wirklich nicht.« Dioden flackerten, dann summte die Ausgabeeinheit, und gleichzeitig erhellte sich ein Bildschirm. Mandorla und Narda traten jetzt ebenfalls an ihn heran.
»Na?« fragte das PSI-Mädchen ungeduldig. Davids Blick war starr auf den Ausdruck gerichtet. Der Computer hatte eine knappe Stunde an dem simulierten Programm gearbeitet, alle Faktoren miteinbezogen, die überhaupt nur denkbar waren. Und das Ergebnis, das die Maschine ermittelt hatte, war mehr als eindeutig.
»Angriff auf die Kaiser-Zentrale in Berlin, Terra, Sol-System«, las der blonde Treiber laut. Etwas Kaltes rann seinen Nacken hinab, als er die nüchternen Zahlen betrachtete. »Erfolgsaussicht: nullkommavier Prozent.« Er lachte humorlos.
»Das war nicht anders zu erwarten«, sagte sie ruhig. »Die Erde ist der bestgeschützte Planet im gesamten Sternenreich. Das ist ganz besonders der Fall, seitdem die Reserve-Legionen der Grauen Garden nach dem Verlust von Shondyke in Lunaport zusammengezogen worden sind.«
David nickte und las weiter. »Überlebensaussichten der beteiligten Personen bei Planvariante F: einskommaneun Prozent.« Er schüttelte den Kopf und versuchte, die immer stärker werdende Verzweiflung in sich zu ignorieren. Die Lage war aussichtslos. Langsam drehte er sich zu seinen Freunden um. Narda musterte ihn mit einem warmen Schimmer in den Augen.
»Der Computer sagt, daß wir nur dann eine ernstzunehmende Aussicht auf Erfolg haben, wenn wir Terra mit mehr als zweihundert Schiffen anfliegen und nicht weniger als zweitausend Mann Bodentruppen einsetzen.«
Asen-Ger preßte hart die Lippen aufeinander. »Wir hätten es wissen müssen. Ein Überfall auf Kaiser in Berlin, der zum Ziel hat, das Gegenmittel zu besorgen, ist vollkommen illusorisch.«
»Seit Valdecs Wahl zum Konzilsvorsitzenden ist das Sol-System systematisch zu einer Festung ausgebaut worden«, bestätigte Mandorla. Und sie mußte es wissen, hatte sie doch lange Zeit in Diensten Valdecs gestanden.
David sah auf die Uhr, trat dann an den Kommunikator und betätigte eine bestimmte Taste. Auf dem dazugehörigen Bildschirm erschien Janyne Valanth. Sie machte einen abgespannten Eindruck, und im Hintergrund hetzten einige Helfer umher.
»Wie kommen Sie voran?« erkundigte sich David terGorden und hatte unwillkürlich Angst vor der Antwort.
»Wir haben Vangralen und Prime eine neue Blutprobe entnommen und sie dann in ihre Unterkünfte zurückgeschickt.« Sie sah sich kurz um, schüttelte den Kopf und senkte den Blick. »David, es ist uns noch nicht einmal gelungen, den Virus zu isolieren. Wir wissen von Lyda, daß er von einem Schutzgewebe umgeben ist, und wir können dieses Gewebe nur absprengen, indem wir die Individualstrahlung Llewellyns nachbilden. Aber das bedeutet, daß wir die Haßseuche hier im Labor ausbrechen lassen, und das Risiko können wir einfach nicht eingehen!«
»Ich verstehe«, entgegnete David
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