Die Terranauten 047 - Die Haßseuche
hineinzutragen. Aber erst mußte diese Festung fallen.
Sie stöhnte, als ihr Blick über die stampfenden Aggregate fiel. Sie waren ja so primitiv, diese Mashans, so schrecklich primitiv. Sie flogen mit PSI-Kraft wie damals die Treiber, hatten noch nicht die Kaiserkraft entdeckt, die Energie, die den Weg zu den Sternen endgültig frei machte, neue Dimensionen eröffnete. Aber sie würden ausgemerzt werden wie die Treiber in der Milchstraße, gründlich, ohne Gnade. Plötzlich fühlte sie die Bombe in ihren Händen, deren Sprengkraft ausreichte, um diesen Maschinensaal in seine Atome zu zerlegen. Die Explosion würde eine Kettenreaktion in Gang setzen, eine Reaktion, die schließlich die Festung vernichten würde. Und dann war der Weg frei, und ihr Name – ja, ihr Name! – würde in den glorreichen Annalen der Eroberung Andromedas genannt werden. Langsam näherte sich ihr Daumen dem Auslöser, der die atomare Gewalt freisetzen würde, nur noch ein Zentimeter, und …
… sie blickte entsetzt auf die Sprengkapsel.
»Nicht, Queen. Nicht!« Sie taumelte. Schon wieder die Visionen, und diesmal hätten sie ihr beinahe das Leben gekostet. Die Haßseuche, dachte sie. Sie zwinkerte, verstaute den Sprengsatz in der Tasche an ihrem Gürtel, sah zu dem Gardisten, der an einem Schaltpult hantierte. Sie waren in einem Maschinenraum, aber die Maschinen waren von Menschen errichtet worden.
»Wir können die Triebwerke gleich von hier aus zünden«, sagte der Graue an ihrer Seite, der jetzt ihren Arm losließ und sie musterte. Ishiya nickte, verstand. Lange konnten sie der Haßseuche nicht mehr widerstehen. Die Visionen und Wahnvorstellungen wurden immer intensiver, und der Zeitpunkt, zu dem sie sich nicht mehr aus der Scheinwelt befreien konnten, lag nicht mehr fern. Sie würden sich selbst umbringen, wahrscheinlich durch einen dummen Zufall, sinnlos, ohne Zweck. Wenn es ihnen aber gelang, die Triebwerke zu aktivieren, die CYGNI aus dem Orbit zu lösen und auf Rorqual landen zu lassen, dann würde dadurch die gesamte Terranautenbasis verseucht, und den Rebellen blieb gar keine andere Wahl, als sich dem Ultimatum Valdecs zu beugen, zur Erde zu fliegen und sich zu stellen. Und das Gegenmittel würde auch ihr eigenes Leben retten!
Der Gardist an dem Schaltpult stieß plötzlich einen gellenden Schrei aus, sprang auf und verharrte jäh, als sei er durch einen mysteriösen Einfluß vollkommen gelähmt. Dann, von einer Sekunde zur anderen, hieb er mit zu Fäusten geballten Händen auf das Pult ein, riß sich die Haut von den Knöcheln, hob die Waffe, feuerte. Eine grelle Stichflamme leckte aus dem Pult hervor, verbrannte seine Arme, sein Gesicht. Aber nicht ein Laut kam mehr über seine Lippen. Einen Atemzug später zerbarst das Schaltelement in einer grollenden Detonation. Der Luftdruck hob Ishiya und den Gardisten an ihrer Seite an und schleuderte sie davon. Ishiya …
… landete auf weichem, nachgebendem Boden. Sie zog ihre Waffe, blickte in die Teleoptik, die in ihren Helm integriert war, beobachtete die Flüchtlingssiedlung der Mashans inmitten des Talgrunds unter sich. Dann blickte sie sich um, musterte noch einmal die Legion der wartenden Grauen, sah in entschlossene Gesichter. Es war erst dann Ruhe, wenn alle Mashans ausgemerzt waren, auch die, die vor den Truppen der unterworfenen Milchstraße geflohen waren und sich verborgen hatten.
Sie gab das vereinbarte Codezeichen. Die Legion erhob sich, bereit für einen weiteren Kampf, und bahnte sich den Weg hinab …
*
Für wenige Augenblicke kam der Mann in der grauen Kampfuniform wieder zu sich.
»Verdammt, was …«
Die Bildschirme vor ihm zeigten nur rote Düsternis, eine Farbe, die er schon immer gehaßt hatte. Rot bedeutete Gefahr. Er stöhnte, als er sich vorbeugte und einige Schaltungen ausführte. Das Dröhnen der MHD-Generatoren wurde lauter, die Neutralisatoren absorbierten die Andruckkräfte, als der Ringo abrupt den Kurs änderte. Wohin er blickte, nur rotes Wallen.
Dunkel erinnerte er sich daran, daß er eigentlich nicht hierhergehörte. Noch vor wenigen Augenblicken hatten seine Augen etwas ganz anderes wahrgenommen.
»Queen Ishiya«, kam es von seinen Lippen. Der Kommunikator vor ihm summte, und ehe er es sich überlegen konnte, hatte er bereits in einem Reflex die Aktivierungstaste in die Fassung gepreßt.
»David terGorden spricht«, tönte es aus den Lautsprechern. »Wer auch immer sich an Bord des Ringos befindet: Wir lassen eine Landung unter
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