Die Terranauten 051 - Welt im Chaos
das im Hafen von Hayvant einen großen Segler zerschmettert hatte. Wenn sie in diesen Breitengraden einem solchen Angriff zum Opfer fielen … David wußte nur wenig über das in den Ozeanen Rorquals existierende Leben, aber nach dem, was er in Hayvant zu Gesicht bekommen hatte, war sein Verlangen, mehr darüber zu erfahren, nicht mehr sonderlich groß.
Als der Himmel beinahe so dunkel geworden war, daß man annehmen konnte, die Nacht sei im Anmarsch, rief Thorna aus dem Krähennest:
»Land! Land voraus!«
Marcel d’Guinne jubelte. Er schob David mit sanfter Gewalt vom Ruder weg und nahm nach Thomas Anweisungen eine Kurskorrektur vor. Der alte Seelenverkäufer, der sicherlich vor einer Generation zum letzten Mal einer solch heftigen See ausgesetzt gewesen war, legte sich auf die Seite und ließ die Takelage knarren. Zum Glück kannte sich d’Guinne gut genug mit Schiffen aus, um den Zweimaster sicher vor dem Wind herfliegen zu lassen. Hrassan und die anderen Islahami hielten sich an der Reling fest, um nicht über Bord geworfen zu werden.
Eine Stunde später klarte es zu ihrer Überraschung wieder auf. Der Himmel nahm eine zartrosa Färbung an, und die über den rostroten Wellen treibenden Nebelschwaden wurden dünner. Vor ihnen erhob sich aus den Fluten eine langgestreckte Landmasse. Als David sein Fernglas an die Augen setzte, stellte er fest, daß sie grün und braun leuchtete. Dem äußeren Schein nach mußte sie also ziemlich vegetationsreich sein. Nach dem Ödland, das sie in den letzten Tagen passiert hatten, trug die veränderte Atmosphäre durchaus dazu bei, daß sich seine Stimmung besserte.
Obwohl der Blick durch das Fernglas ihm keine Anzeichen von Leben offenbarte, schöpfte er neuen Mut.
Marcel d’Guinne sagte plötzlich: »Der Schlag soll mich treffen, aber dies ist unter keinen Umständen das Eiland, auf das sich LaRamée zurückzieht, sobald er von Leuten gesucht wird, mit denen er keinen Umgang pflegen will!«
»Was?« fragte David überrascht. Hrassan und die anderen Islahami standen an der Reling und stießen im gleichen Moment Überraschungsrufe aus.
»Was da vor uns liegt«, sagte d’Guinne mit sorgenzerfurchter Stirn, »ist die Insel Saryfa, und das paßt mir nun gar nicht in den …«
Ein lauter Schrei ließ ihn herumfahren. »Was zum Teufel ist denn da los?« brüllte er. David eilte nach Backbord, wo die Islahami erregt auf das Meer zeigten. Ein dunkler Schatten flog neben dem Zweimaster her. Er schien mehr als hundert Meter lang zu sein, und die ölig wirkende, zwei Meter hohe Finne, die aus den roten Fluten ragte, jagte David sofort einen Schrecken ein.
Nun hatte auch Thorna das Meeresungeheuer entdeckt. Sie wies aufgeregt nach unten, und erst jetzt schien d’Guinne zu verstehen, was hier vor sich ging.
»Ein Roulian!« schrie er laut. Er lachte. »Keine Angst, die sind unge …«
Ein donnernder Schlag ließ den Zweimaster wanken. Marcel d’Guinne verlor die Gewalt über das Ruder und stürzte zu Boden. Die Islahami wurden gegen David geschleudert, der sich fluchend wieder aufrappelte und zum Ruder eilte. Golan Asgayr erschien mit verbundenem Oberkörper an Deck und schwang eine spitz zulaufende, widerhakenbewehrte Lanze. Ein grelles Heulen ertönte, dann erhob sich der mächtige schwarze Schwanz des Ungetüms noch einmal aus den Fluten und zerschmetterte die Hälfte der Backbordreling. Die Islahami wichen zurück und zückten ihre Säbel.
»Aber das ist unmöglich!« schrie d’Guinne, nachdem er sich wieder aufgerappelt hatte. »Diese Biester sind immer absolut friedfertig gewesen!«
»Wir haben jetzt keine Zeit für tierische Verhaltenslehre«, gab David zurück. Er eilte in seine Kabine und kam kurz darauf mit dem Minilaser zurück, den er aus dem Wrack des Ringos geborgen hatte. »Das Biest ist drauf und dran, uns zu versenken!«
Marcel d’Guinne nahm mit verbissenem Gesicht wieder das Ruder in die Hand. Von der Insel Saryfa trennten sie noch knapp zehn Kilometer. Wenn der Roulian jetzt Ernst machte …
Als David sich vorsichtig über den noch erhaltenen Teil der Reling beugte, sah er, daß der walähnliche, narbenzerfurchte Körper, der neben ihnen herschoß, sich gerade aus den Fluten erhob. Ein riesiger, tropfenförmiger Kopf tauchte auf, riß das Maul auf und zeigte mehrere Reihen rasiermesserscharfer Zähne. Das Tier, das sich anschickte, das Schiff zu zerstören, hatte in der Tat eine große Ähnlichkeit mit einem irdischen Wal. Zwei kleine Augen
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