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Die Terranauten 054 - Der Sturz des Lordoberst

Die Terranauten 054 - Der Sturz des Lordoberst

Titel: Die Terranauten 054 - Der Sturz des Lordoberst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
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tatsächlich zu einer vernünftigen, nüchternen Betrachtung der persönlichen Ausgabenpolitik durchgerungen hatte.
    Erst jetzt bemerkte er, daß sie ihre rechte Hand zu einer Faust geballt hatte. Als sie seinen Blick registrierte, hob sie den Arm. Auf ihrer Handfläche lag eine winzige Waffe. Ein Nadler.
    »Ich verabscheue Gewalt«, erklärte Tyll ablehnend. »Allein schon der Kosten wegen.« Er hatte allerdings in der Auseinandersetzung mit Valdec schon einige Male zur Waffe greifen müssen.
    »Diese Waffe verschießt nur Betäubungsnadeln«, sagte Lorn hastig. »Und Sie werden sie gebrauchen können. Nur noch wenige Minuten, dann sind die Grauen hier unten. Oder wollen Sie, das es Ihnen genauso ergeht wie Jeune oder Sambetti?«
    Widerstrebend nahm der Lordinspekteur den Nadler an sich. Jedes Geschoß, erinnerte er sich stirnrunzelnd, kostete zweieinhalb Verrechnungseinheiten. Er würde sparsam damit umgehen müssen. Selbst ein Staatsstreich berechtigte niemanden dazu, der Verschwendungssucht anheimzufallen.
    »Schießen Sie!« forderte ihn Sekretärin Lorn auf.
    Tyll hatte sich bereits zum Gehen gewandt, doch nun blieb er stehen und sah sich verwirrt um.
    Lorn lächelte nervös. »Wenn mich die Grauen hier unten finden und entdecken, daß die Konzilskammer leer ist, werden sie wissen, was geschehen ist. Sie müssen mich betäuben, um mein Leben zu schützen. Die Grauen werden denken, Sie hätten mich überwältigt, um Ihre Flucht durchführen zu können.«
    Der Lordinspekteur zögerte. Aber, dachte er dann, Lorn hatte recht, und die Zeit verrann. Er mußte sich beeilen.
    Er hob den Nadler, zielte und betätigte den Feuerknopf. Ein leises Zischen ertönte, als die Preßluftpatrone die Nadel aus dem Lauf katapultierte. Lorn fuhr leicht zusammen und griff sich instinktiv an ihren Hals, wo ein winziger roter Punkt entstanden war. Sie wollte noch etwas sagen, doch ihre Augen schlossen sich unvermittelt, und sie fiel schwer zu Boden.
    Ignazius Tyll begann zu laufen.
    Stille begleitete ihn. Stille und Dämmerung, denn die Leuchtplatten an den Decken waren – wie überall in der Lordinspektion – mit Dämmerschaltungen versehen, um Energie zu sparen. Die Gänge waren leer wie immer, wenn Tyll die Konzilskammer benutzte, um an den Versammlungen der Generalmanags teilzunehmen.
    Das blitzende Labyrinth der unterirdischen Korridore löste eine diffuse Erinnerung in ihm aus. Erinnerungen an Dinge, die lange schon zurücklagen und nur sehr selten an die Oberfläche seines Bewußtseins drangen.
    Kappa-7 auf Anysa.
    Die Äquatorstation auf der Hochebene der Wüstenwelt, dreitausend Meter über dem Schrotsand. Die computergesteuerten Fänger, die mit ihren Infrarotaugen die weltweite Wüste absuchten und ihre engmaschigen Netze hinauskatapultierten, sobald sie einen Schwarm der Tre-Tre entdeckten. Fingerlange Insekten mit interessanten biochemischen Prozessen, deren Ausbeutungsmonopol Jungbrunnen AG besaß. Insekten, die ein Enzym produzierten, das den Alterungsprozeß der menschlichen Zellen verlangsamte. Das Enzym Geria retard, das Anton Tyll, Generalmanag von Jungbrunnen AG, zu einem reichen Mann gemacht hatte.
    Vor siebzig Jahren …
    Kurz nach Anton Tylls Höherstufung vom Servis in die Manag-Kaste. Kurz nach Abschluß seines vierten Befristeten Lebensgemeinschaftskontraktes und vier Jahre nach der Geburt seines Sohnes Ignazius.
    Als die Familie Tyll an Bord eines Treiberfrachters das Anysa-System in der 24. Stellaren Provinz erreichte und Anton Tyll die Raffinerieanlagen von Kappa-7 inspizierte. Als das Kurierboot aus dem Weltraum II fiel und Zwischenstation auf der Wüstenwelt machte.
    Zwei Tage später hatte sich die Lebermannsche Krankheit in ganz Kappa-7 ausgebreitet und vierhundertneunzig Menschen getötet. Die Lebermannsche Krankheit, die das hormonelle System des menschlichen Körpers aus dem Gleichgewicht brachte und Gefühlsstürme hervorrief. Emotionen von urgewaltiger Kraft, die psychosomatisch abreagiert wurden. Folge war Herzversagen. Durch paranoide Angst oder hysterische Freude.
    Vier Tage nach Ausbruch der Krankheit lebte nur noch ein einziges menschliches Wesen in der Station. Der vierjährige Ignazius Tyll, der sich unbewußt in eine autistische Welt zurückgezogen und sich mit dem Überlebenswillen eines Kindes gegen die zerstörerische emotionale Überreaktion abgeschottet hatte.
    Kappa-7 war eine hochmoderne planetare Basis, und die mobilen Computersysteme des Meditraktes hatten die körperlichen

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