Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Terranauten 057 - Fahrt zum Ende der Welt

Die Terranauten 057 - Fahrt zum Ende der Welt

Titel: Die Terranauten 057 - Fahrt zum Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
Vom Netzwerk:
sein. Fast so verrückt wie ich.« Mürrisch kratzte er seinen Beinstumpf. »Schauen Sie sich um, mein Herr. Das ist Peijing, die Große, der Nabel des Nordens und eine Schatzkammer, nach der sich jeder ehrenhafte Bandit alle zehn Finger lecken würde. Zweihundert Jahre schon stehen diese Mauern. Kriege wurden hier geführt, doch der Chan hat nie einen verloren. Und jetzt ist er schon zwei Tagesreisen weit im Süden, hockt in seiner Kutsche und tätschelt mit der einen Hand seine Mätressen, während er mit der anderen die Metallbarren zählt. Und ich armer Narr wollte hier das Geschäft meines Lebens machen.«
    Steif neigte der Bärtige den Kopf. »Kapitän Lostrillas, mein Herr. Ein Bein haben die Rochen gefressen, doch sonst bin ich ein ganzer Mann. In meinem Schiff lagen tausend Meter feinsten Tuches. Ah, verrotten werde sie. Genau wie ich.«
    Verwirrt blickte David den Kapitän an. »Aber was ist geschehen? Warum fliehen die Menschen?«
    »Weil sie Angst haben«, erklärte Lostrillas. »Weil ihnen das Entsetzen in alle Glieder gefahren, und Peijing unrettbar verloren ist. Zurück bleibt eine leere Stadt.«
    »Wovor haben die Menschen Angst?«
    Der Kapitän runzelte die Stirn. »Sie müssen von weit her gekommen sein, mein Herr«, brummte er. »Sonst würden Sie wissen, was hier seit fünf Dutzend Tagen geschieht. Kein einziges Schiff fuhr mehr aus, und wer es dennoch wagte, dessen Gebeine liegen jetzt unten am Meeresgrund.«
    David schaute hilfesuchend zu Farrell hinüber. Jedes Wort des Kapitäns verdichtete das Rätsel noch, das um Peijing und seine fliehenden Bewohner lag.
    »Sie wollen mir nicht sagen, um was für eine Bedrohung es sich handelt?«
    Lostrillas lachte heiser. »Sie würden es nicht glauben, mein Herr. Mit eigenen Augen müssen Sie es sehen. Und ich wette mein zweites Bein, daß Sie dann ebenso davonhasten wie alle anderen.«
    Farrell gesellte sich hinzu. »Können Sie nicht etwas genauer werden?« fragte er scharf.
    »Die Ungeduld der Jugend hat manchen schon frühzeitig ins Grab gebracht«, entgegnete der Einbeinige. Ächzend griff er nach seinen Krücken und richtete sich auf. Er überragte David um zwei ganze Köpfe. »Kommen Sie mit, mein Herr. Und auch Ihre Freunde sind herzlich eingeladen. Gehen wir zum Hafen, wo die stolze Maryjane vor Anker liegt. Ich werde Ihnen zeigen, was auf diese Stadt zukommt.«
    Er humpelte über den Platz auf eine abfallübersäte Gasse zu.
    »Die Maryjane ist Ihr Schiff?« fragte David und wich Lostrillas nicht von der Seite.
    »Sie war mein Schiff, mein Herr«, entgegnete der Kapitän mißmutig. »Und wenn sie nicht Schwingen bekommt, wird sie bald wie morsches Holz zerbrechen. Vor drei Tagen habe ich sie als letzter verlassen. Meine Mannschaft … Schlitzaugen und Hurensöhne von den Westlichen Inseln. Sie flohen Hals über Kopf.«
    Ein Schiff, dachte der Erbe der Macht. Wir brauchen ein Schiff. Lostrillas Schiff … Wenn es uns überhaupt gelingt, den Hafen zu verlassen, denn nicht ohne Grund sind all diese zahllosen Menschen geflohen. Nicht ohne Grund gibt man eine ganze Stadt wie diese auf.
    »Übermütig waren die Leute von Peijing«, schnaubte der einbeinige Kapitän und humpelte durch die Gasse. »Alles haben sie verhöhnt. Laster herrschte in diesen Häusern. Vielleicht ist das die Strafe.«
    »Vielleicht«, murmelte David. Vielleicht war es aber auch die Strafe für die Hybris der Menschheit, sich mit der Kaiserkraft einzulassen, denn die Kaiserkraft-Raumfahrt war indirekt auch für die Veränderungen auf Rorqual verantwortlich.
    Je näher sie dem Hafen kamen, desto aufgeregter wurde er. Und an den Blicken seiner Freunde bemerkte der Treiber, daß nicht nur ihm allein es so ging.
    Er dachte an Nayala. Und an Nordstrom. Unwillkürlich ballte er die Fäuste.
     
    *
     
    Ein Schatten erzählt:
    Irgendwann in der Nacht brach der Stelzvogel tot unter mir zusammen.
    Das war die Folge meines ersten Fehlers nach der Flucht aus dem Tal der grünen Blumen.
    Ich hatte die Leistungsfähigkeit des Laufvogels überschätzt. Und ich war nur von dem einen Gedanken besessen gewesen, so schnell wie möglich nach Süden zu kommen. Das Gebirge lag hinter mir. Mein Reittier hatte selbst – in der Dunkelheit der Nacht Rorquals mit traumwandlerischer Sicherheit einen Paß gefunden. Anstatt aber diesen Vorteil zu nutzen und eine Rast einzulegen, spornte ich es weiter an.
    Mitten in einem gewaltigen Sprung hauchte der Vogel sein Leben aus. Ich wurde davongeschleudert,

Weitere Kostenlose Bücher