Die Terranauten 075 - Raumschiffjagd
Flüssigkeit unter der Bezeichnung Glitsch 4000 bekannt.
Die Wirkung war dementsprechend und machte dem Namen des Zeugs alle Ehre. Kein einziger der Grauen – sie trugen keine Panzerprotop-Kampfanzüge, so daß ihnen die Standfestigkeit fehlte, die deren Schuhsohlen mit ihren ausfahrbaren Nägeln gewährleisteten – blieb auf den Beinen. Es war absolut unmöglich, auf Glitsch 4000 zu stehen oder gar zu gehen. Die Grauen purzelten durcheinander, und alle Versuche, sich zu erheben, endeten mit nur noch größerem Wirrwarr. Ein Chor von Flüchen begleitete das Chaos.
Rechts von den Treibern war aus einem Sprühbehälter eine weiße, schaumige Masse geschossen, die auf den anderen Sturmtrupp von Graugardisten niederbrodelte. Verdutzt blieben die Männer stehen, um argwöhnisch zu betrachten, was ihnen da entgegenquoll.
Dieser Moment genügte für die Masse, um in Verbindung mit dem Sauerstoffgehalt der Luft steinhart zu werden. Einen Augenblick später standen die Gardisten da wie eine stark verschneite Lakoongruppe, unfähig zur Fortbewegung, außerstande zum Gebrauch ihrer Waffen. Sie stimmten mit greulichen Verwünschungen ins Geschimpfe der Gardisten auf der anderen Seite ein.
Letztere fingen sich nun allmählich zu besinnen an, und einige machten Anstalten, ihre Waffen im Liegen auf die Treiber zu richten. Es kostete jedoch verhältnismäßig wenig Mühe, sie ihnen telekinetisch zu entreißen. Die Treiber drückten parakinetisch die Abzüge zweier Stunner und schalteten sämtliche Gardisten in der Zentrale bis auf weiteres aus.
Aber die Lage blieb nur für kurze Zeit ruhig. An den Eingängen zur Kommandozentrale sammelten sich andere Graue. Nach hastiger Beratung schlossen sie die eine Panzertür. Dann hörten die Treiber die befehlsgewohnte Stimme eines kampferprobten, unerschütterlichen Hauptmanns der Grauen Garden. »Bringt die Gasgranaten!«
*
Die IRMINSUL ritt auf dem glühenden Plasma-Ausstoß ihres Ionenantriebs aus dem Parkorbit und näherte sich mit mäßiger Geschwindigkeit Finstermanns planetarem Ortungsschatten. Vielleicht befanden sich Kamerasatelliten in Umlaufbahnen, so daß das Manöver nichts nutzen würde; vielleicht auch nicht. Jana, die Hexe, war jedenfalls fest entschlossen, jede Möglichkeit selbst des geringsten Vorteils wahrzunehmen. Sie hielt es für günstiger, wenigstens für eine Weile aus dem Ortungsbereich der Bodenstation und der Kampfkreuzer zu verschwinden. Jeder noch so kleine Zeitgewinn war nun unermeßlich wertvoll. Die vier Ringos blieben in der Nähe.
Alle vierundzwanzig gestarteten Raketengeschosse rasten den Kampfkreuzern noch immer unbeirrt entgegen. Zu Janas Zufriedenheit funktionierten diese behelfsmäßigen Eigenbauten bemerkenswert gut. Und offenbar eigneten sich die Emissionen ihrer Elektroniken tatsächlich zur Täuschung der Computer an Bord der Kampfkreuzer, denn die trichterförmigen, dreihundertsechzig Meter langen Einheiten der Omega-Klasse hatten sich soeben umgruppiert und flogen jetzt in Gefechtsformation.
»Sie sind wahrhaftig darauf reingefallen«, äußerte Lem Odebreit erstaunt. »Das hätte ich nicht gedacht, wenn ich ehrlich sein soll.«
»Wieso nicht?« wollte Tse Irlowna erfahren. Daß die normalerweise so – wortkarge Zinti-Treiberin den Mund öffnete, war eine solche Besonderheit, daß Lem Odebreit beim Klang ihrer Stimme unwillkürlich zusammenzuckte. »Ich habe die Elektroniken persönlich unter Hinzuziehung Dom Dotes programmiert. Inwiefern sollte also etwas schiefgehen?«
»Ich weiß, daß du sehr viel von deinem Taschencomputer hältst«, antwortete der junge Treiber höflich, »aber irgendwas kann ja immer schieflaufen, oder? Ich meine …« Hilflos breitete er die Arme aus, sich allem Anschein nach selbst nicht länger so recht darüber im klaren, was er eigentlich meinte.
»Nein, nicht, wenn ich mit Dom Dote arbeite«, widersprach die zierliche Treiberin ihm mit nachdrücklicher Betonung. Einen Moment lang musterte sie den Kollegen ungnädig, dann kehrte sie ihm unwirsch den Rücken. Lem Odebreit atmete auf.
»Noch fünfzig Sekunden bis zur Zündung der zweiten Stufe«, rief Jana. Sie saß lässig in einem Konturensessel vor den Kontrollen und verfolgte die Anzeigen der Ortung. Ihre langen Beine waren ausgestreckt; die Fersen ruhten auf dem Untersatz einer Computerkonsole. Aus einem winzigen Keramiktöpfchen von derartiger Kälte, daß es außen frostigweiß beschlagen war, verstrich sie mit schmalen Fingerkuppen
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