Die Terranauten 079 - Sterben für Terra
müssen.
Lautlos, automatisch öffnete sich vor ihm die Einstiegsluke.
Lucci zögerte.
Ein seltsames Gefühl beschlich ihn; etwas wie Angst.
Er schüttelte sich und dachte: Unsinn. Es besteht kein Grund zum Mißtrauen. Schließlich hat er sich bisher immer als treuer Verbündeter gezeigt, und ohne ihn wären viele Aktionen der F.F.D.E. nicht durchzuführen gewesen.
Aber dennoch …
Niemand versteht ihn. Niemand kennt seine wahren Ziele. Und woher wollen wir wissen, daß wir für ihn nicht nur Schachfiguren sind, Werkzeuge zur Erfüllung eines Planes, der keinem menschlichen Gehirn entstammt?
»Dieser Argwohn«, sagte der Gleiter plötzlich. »Muß das sein?«
Die Stimme des Gleiters war dunkel und sympathisch, von milden, spöttischen Untertönen geprägt, und sie stammte aus dem Lautsprecher des Funkgerätes, auch wenn sie ihren Ursprung in den komplexen Chips und Squids des Bordcomputers besaß.
Lucci gab sich einen Ruck und schwang sich hinein in die Kabine, die mit teuren Echtfellen ausgelegt war und deren Steuerkontrollen über eine luxuriöse Teakholzbeschichtung verfügten.
Der kraushaarige Mann mit den zerknitterten Gesichtszügen lächelte ironisch.
Das richtige Transportmittel für einen Revolutionär, für einen Relax, der sich dem Kampf um die Freiheit und soziale Gerechtigkeit verschrieben hat …
Gab es denn eine bessere Tarnung?
Der Gleiter schien seine Gedanken zu erraten.
»Wohl kaum«, sagte er. »Und außerdem bist du hier so sicher wie in Abrahams Schoß.«
»Eine seltsame Redewendung«, brummte Lucci. »Altirdisches Kulturgut, wie mir scheint.«
Er ließ sich in dem Sessel vor den Kontrollen nieder.
Draußen gingen die Aufräumungsarbeiten weiter. Den Arbitern war es irgendwie gelungen, einige Baufahrzeuge zu organisieren. Mit ihnen schoben sie die ausgeglühten Schweberwracks an den Straßenrand. Vor dem beschädigten Haus wurden Barrikaden aus Panzerprotop errichtet. Laserkarabiner funkelten im grellen Sonnenlicht.
Ein sanftes Vibrieren durchlief den Gleiter, und dann stieg er zuerst langsam und dann immer schneller werdend in die Höhe und fädelte sich ein in das dünne Gewirr der Luftverkehrsschneisen.
»Wir werden einen Umweg machen müssen«, erklärte der Gleiter, der sich selbständig steuerte. »Über die Region GRIECH. Die ASK-Grauen filzen in der Region AUST sämtliche Durchreisenden.«
Lucci zuckte die Achseln.
»Das war zu erwarten nach den letzten Aktionen in Wien«, erwiderte er gelassen.
Unter ihnen wurden die Häuser und Protoptürme von Moskau immer kleiner.
Hin und wieder sprach der Funkempfänger des Gleiters mit einem leisen Piepsen an. Kontrollanrufe, die der Computer automatisch und stets mit dem richtigen Kodeschlüssel beantwortete.
Diese Macht, fuhr es Lucci durch den Kopf. Seine Sinne sind überall, buchstäblich überall.
In jedem Computerzentrum, jeder hochspezialisierten Maschine ab einer gewissen elektronischen Entwicklungsstufe, in den Dateien der Konzilsverwaltung, der einzelnen Konzerne und der Grauen Garden, in den Raumfähren und Schlachtschiffen, in den Abwehrstellungen und Flugüberwachungszentren.
Er räusperte sich.
»Warum«, fragte er dann leise, »warum hilfst du uns? Es muß einen plausiblen Grund dafür geben. Ich meine … Was hast du mit uns zu tun?
Mit uns Relax, Arbitern und Nomans? Mit unserem Kampf gegen das Konzil und die Mordkommandos der Konzerne, die unseren Widerstand brechen wollen?
Warum beteiligst du dich an dem Kampf? Warum hilfst du gerade mir?«
Aus dem Lautsprecher klang leises Gelächter.
Er gibt sich so menschlich, dachte Lucci. So verdammt menschlich, obwohl doch nichts Menschliches an ihm ist.
Plötzlich war seine Stirn schweißfeucht.
»Es geht keineswegs um dich persönlich, Manuel«, versicherte der Gleiter schließlich. »Obwohl ich eine gewisse Freundschaft zu dir nicht leugnen kann. Es geht auch nicht um deine Freunde von der F.F.D.E. Nicht um die Konzerne, nicht um das Konzil oder die Grauen Garden. Sie sind mir völlig gleichgültig. Euer Kampf ist mir gleichgültig. Selbst diese Welt …«
Unter ihnen schoß das Flachland der Mittelrussischen Platte hinweg. Grüne Wiesen, sanft gewellte Hügel, Bauminseln, einige Flüsse.
Und dazwischen – wie Geschwüre, wie brandiger Schorf – verkarstete Flecken, Ödnis, Wüsteneien … Überreste der hemmungslosen Industrialisierung und Umweltverschmutzung vor dem Untergang der alten Welt, dem Kollaps der Nationalstaaten und historischen
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