Die Terranauten 082 - Das Mistel-Syndikat
Kapitän!«
Jeng-Jeng tat, was Artuur Morgh von ihm verlangte. Der Ionenausstoß der STORTIS erhöhte sich beträchtlich. Das Schiff steigerte seine Geschwindigkeit um mehr als zwanzig Prozent. Aber diese Steigerung reichte bei weitem nicht aus, um wirklich eine Chance zu haben, den Verfolgern entkommen zu können. Parisienne war kein hinterwäldlerischer Kolonialplanet, sondern eine hochentwickelte Industriewelt, die ihren Finger durchaus am Puls der Zeit hatte. Demgemäß verfügte auch die Raumüberwachung über modernstes Schiffs- und Ausrüstungsmaterial. Die mit Photonenbrennern aus neuester irdischer Produktion ausgestatteten Raumjäger konnten so schnell fliegen, daß sie bereits in den Bereich relativistischer Geschwindigkeiten kamen.
Die dunklen Punkte auf dem Ortungsschirm wurden zusehends größer. Es war nur noch eine Frage kürzester Zeit, bis sich die STORTIS in Reichweite der gegnerischen Laserkanonen befand.
Und wieder meldeten sich die Verfolger per Funk: »Letzte Aufforderung! Gehen Sie auf Nullgeschwindigkeit, oder Sie zwingen uns, Sie unter Feuer zu nehmen!«
Artuur Morgh reagierte mehr oder weniger spontan. Mit ein paar schnellen Schritten war er am Kommunikator und schaltete das Gerät auf Sendung.
»Wenn Sie das tun«, brüllte er ins Funkmikrofon, »bekommen Sie unsere Misteln nie!«
Die Schiffe hatten sich inzwischen so weit angenähert, daß die Funkwellen ohne Zeitverlust hin und her gingen.
»Sie unterschätzen uns, Schmuggler«, antwortete der Mann von der Raumüberwachung. »Wir sind durchaus imstande, Ihr Schiff lediglich in ein Wrack zu verwandeln, ohne es völlig zu zerstören. Es kann also keine Rede davon sein, daß die kostbaren Misteln – vernichtet werden.«
»Dann vernichten wir sie selbst!« schrie Morgh zurück.
Ein verächtliches Lächeln kräuselte die Lippen des Mannes auf dem Holoschirm.
»Ihr Bluff verfängt bei uns nicht«, sagte er ganz ruhig. »So etwas würden Sie niemals tun.«
Wütend unterbrach Artuur Morgh den Funkkontakt.
Zähneknirschend mußte er zugeben, daß der Mann absolut recht hatte. Die Misteln vernichten? Nein, das würde ihm in der Tat nicht einmal im Traum einfallen. Misteln waren das wertvollste Gut, das es derzeit im gesamten menschlichen Zivilisationsbereich gab, denn ohne sie würde die interstellare Raumfahrt zusammenbrechen. Jemand, der dieses kostbare Gut bewußt vernichtete, hatte Strafen zu erwarten, die schlimmer waren als der Tod.
Und es gab noch einen zwingenden Grund für den Schiffseigner, die Misteln mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Es waren nicht seine eigenen Misteln. Er hatte lediglich den Auftrag, sie zu ihrem Bestimmungsort zu transportieren. Die tatsächlichen Eigentümer waren die Manags des Syndikats, jener mächtigen Organisation, die den gesamten illegalen Mistelhandel kontrollierte. Wehe dem, der den Zorn des Syndikats heraufbeschwor, sei es, weil er versagte oder weil er versuchte, die Mistel-Manags zu hintergehen. Vor ihrer Rache fürchtete sich Artuur Morgh mehr als vor der gallianischen Raumüberwachung oder auch der Treiberhilfe.
»Schutzschirm verstärken, Jeng«, befahl er seinem Ersten Offizier.
»Das wird uns auch nicht viel helfen, Kapitän«, sagte Jeng-Jeng achselzuckend, kam der Aufforderung aber sofort nach.
Morgh wußte selbst, daß der Energieschirm nicht lange halten würde. In erster Linie diente er dem Zweck, interplanetare Materie wie Meteoritensplitter oder Staubzusammenballungen unschädlich zu machen. Einem konzentrierten Beschuß konnte er nicht lange widerstehen. Eine einzige Impulsgranate konnte den Schirm so überlasten, daß er zusammenbrach, von Raumtorpedos ganz zu schweigen.
Nervös behielt er den Ortungsschirm im Auge. Näher und näher kamen die Verfolger. Jeden Augenblick konnten sie damit beginnen, ihr Waffenarsenal einzusetzen.
Dann hatte er eine Idee.
»Die Treiber müssen uns helfen!« stieß er hervor.
Jeng-Jeng begriff sofort, auf was er hinauswollte. »Sie denken an einen … PSI-Schirm?«
»Genau! Bis jetzt haben wir darauf noch nie zurückgegriffen, aber ich weiß von anderen, daß ein solcher PSI-Schirm selbst konzentriertem Beschuß standhalten kann.«
»Aber ob unsere reichlich instabile Loge dazu fähig ist?« fragte Jeng-Jeng zweifelnd.
»Versuchen müssen wir es jedenfalls!«
Artuur Morgh ging zum Bordkommunikator, um sich mit dem Logenmeister in Verbindung zu setzen.
*
»Es … Es war der größte Schock meines Lebens«, schnaubte
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