Die Terranauten 090 - Das Schiff des Friedens
dort erhöhte sich die Temperatur.
Und weiter nach Süden.
Über Naßgebirge hinweg, in denen glühende Wunden kochten.
»Tektonische Aktivität«, sagte der Erstlehrer. »Und sie nimmt weiter zu.«
»Was bedeutet das?« fragte Catala. Er hatte sich wieder an dem großen und geschmeidigen Körper Djirads festgesaugt, um seine Kräfte zu schonen. Djirad war ja so stark.
»Ich weiß es nicht genau«, gab Djirad zu. »Aber ich glaube, es besteht ein Zusammenhang zwischen dem zweiten, sich manchmal verändernden Glanzpunkt und der Veränderung der Welt selbst. Wenn sich die Heißwunden in den Naßbergen nicht bald wieder schließen, dann wird die Temperatur selbst der Tiefen Wasser bald so weit gestiegen sein, daß es unsere Sensibelzellen verbrennt.«
Und sie schwammen weiter.
Wieder in die Tiefen Wasser hinab, als es zu einem erneuten Hitzeausbruch kam. Der versengende Odem brannte sogar den Sauerstoff aus dem Wasser, so daß sie schnell hecheln mußten, damit der Geist nicht einschlief.
Es wurde dunkler.
»Ich fürchte mich«, sagte Catala. Nein, es war keine Angst. Es war das schreckliche Bewußtsein, allein zu sein. An keinen Ort mehr zurückkehren zu können. Djirad gab es nicht zu, aber Catala fühlte es auch so: Sie würden niemals zu ihrem Hort zurückfinden. In diesen Regionen der Naßwelt schien es nicht einmal Fremdschianta zu geben. Es war bedrückend.
»Nein, dazu besteht kein Grund«, sagte Djirad sanft. Seine großen Erotikkammern füllten sich. Die Drüsen produzierten Aromastoffe, die Catala anregten. Auch seine Erotikkammern begannen, sich nun zu füllen. »Wir leben, Catala, und nur das zählt im Augenblick. Wir leben, denken und fühlen. Wir sind nicht tot.«
Neue Zuversicht keimte in Catala.
Ja, sein Erstlehrer hatte recht. Und er löste seine Saugfacetten von dem Leib Djirads, ließ sich eine Körperlänge davontreiben und genoß den warmen Schauer, den die Duftstoffe Djirads in seinem Innern erzeugten.
Dann begannen sie das Spiel.
Es lenkte ab und befreite den Geist. Es schuf Freude und tilgte Kummer. Es induzierte Glück und verdrängte Leid.
Die Erotikkammern öffneten sich.
Die Anregung potenzierte sich.
Es war Ekstase. Es war eine weite Öffnung des Bewußtseins. Es war Glück in seiner reinsten und intensivsten Art. Es war Befreiung.
Sie umarmten sich. Sie rieben ihre Weichschuppen aneinander. Sie liebkosten sich mit ihren Kiemen und durch Streicheln mit den großen Flossen. Sie vereinigten sich. Einmal. Zweimal. Mal war Djirad der Empfänger und Catala der Geber, mal umgekehrt. Sie kosteten alle Arten der Erotik, so, wie es Djirad Catala gezeigt hatte.
Sie waren zufrieden. Und glücklich. Dann aber kam der Schmerz.
Djirad und Catala hatten sich in der letzten Erfüllung aneinandergeklammert. Die Pein trieb sie wieder auseinander. Das Wasser um sie herum begann zu kochen, und es versengte die Sensibelzellen. Catala riß unwillkürlich seine Zweitaugen auf. Über ihnen schien flüssiges Feuer dahinzutreiben. Es war, als existierten die Geringen Tiefen gar nicht mehr, als seien sie vom zweiten Glanzpunkt aufgelöst worden.
Und der zweite Glanzpunkt selbst …
Sein glühendes Leuchten machte den ersten, den wahren Glanzpunkt unsichtbar. Es war gewachsen und bedeckte nun die ganze Obere Welt. Es war grell.
»Schnell!« rief Djirads Gedankenstimme. »Bevor es auch unsere Kiemen verbrennt. Wir müssen hinab. Bis ganz hinab.«
Er schlug mit der Schwanzflosse aus und jagte wie ein von einem Katapult abgefeuertes Projektil in die Tiefe. Catala folgte ihm, schloß seine Zweitaugen wieder und orientierte sich mit seiner Sonarstimme. Es wurde bald kühler, aber nicht so kühl, wie er es gewohnt war. Die Hitze schien ihnen zu folgen. Langsam, tastend, suchend. Konnten sie ihr überhaupt entgehen?
Noch war die Erotikfreude in Catala. Aber langsam wurde sie wieder von dem Bewußtsein verdrängt, allein und der sich verändernden Umwelt hilflos ausgeliefert zu sein. Djirad war ein Echoschatten in seinen Akustikempfängern. Catala tauchte hinab und rief immer wieder.
Ein anderer Ruf antwortete.
Schwach und diffus. Zu undeutlich, um die Lautfolgen verstehen zu können.
Aber es war ohne jeden Zweifel der Ruf eines anderen Schianta.
»Hast du es gehört?« rief er.
Und Djirad antwortete sofort: »Ja, ich habe es gehört. Ich dachte erst, es sei wieder eins dieser verzerrten Echos. Doch du hast recht. Deine Vermutung trifft zu. Es ist ein Fremdschianta.«
Der Erstlehrer krümmte
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