Die Terranauten TB 02 - Der grüne Phönix
betreten. Artega trat vor.
»Wer bist du Fremder?«
»Ich bin ein Diener des wahren Lebens«, lautete die Antwort, und Wärme durchflutete Artega. »Ich bin ein Botschafter des ersten Lebens. Die Uralten sind tot, doch in mir leben sie weiter. Ich bin der Sprecher des Einzigen Urbaums. Ich bin der Grüne Phönix.«
I
Ich bin der Grüne Phönix. Ich bin der einzige und wahre Erbe der Macht. Ich bringe die Botschaft der Uralten. Ich suche Helfer. Zuerst werden wir Propheten sein. Doch wenn die Zeit reif ist, werden wir zu Veränderern.
Lyseiton, ehemals 14. Stellare Provinz, Außenbereich: 2. Februar 2510
Die Tragorchidee hielt inne und verankerte ihre Dornwurzeln im Boden. Der Wind trug Schnee heran, doch Merina DeNeuven fror nicht. Im Innern der Blüte war sie geschützt, und sie träumte den Traum des anderen Lebens.
Sanft neigte sich die Orchidee im Wind, und Merina vernahm die telepathische Stimme ihres Begleiters.
Sahen wir uns um?
Ja.
Die Blütenblätter öffneten sich. Kälte sickerte heran.
Merina löste die Traum- und Entspannungsverbindung zur Orchidee und kletterte hinunter auf den eisigen Boden. Der Himmel war grauweiß und wie eine Glocke, die sich über die Landschaft gestülpt hatte. Silvann kroch aus der zweiten Blüte.
In dem vor ihnen liegenden Tal, eingekeilt zwischen zwei großen Wandergletschern, lagen die Skelette von Raumschiffen, bedeckt mit einer glitzernden Schicht aus Neuschnee.
»Wir haben schon im Südwesten Zeichen des Krieges gesehen«, sagte Silvann, und der Wind machte das weiße Gewand mit dem Symbol des Grünen Phönix zu einer flatternden Fahne.
Merina nickte stumm. Die Zeichen des Techno-Krieges, dachte sie ekelerfüllt. So war es auch auf Drumann gewesen, der Welt, die sie vor einigen Monaten besucht und der sie die Grüne Botschaft gebracht hatten.
»Alle Verbindungen sind zusammengebrochen«, sagte Silvann. »Rohstoffe sind notwendig für die entwickelten Technowelten. Lyseiton hat Rohstoffe. Aber Lyseiton hatte auch eine Bevölkerung, die den Okkupanten Widerstand entgegensetzte. Dies ist davon übriggeblieben.«
Wieder nickte Merina. Sie hatten bereits mehrere Städte auf dieser Hemisphäre Lyseitons besucht. Und die Zeichen waren überall deutlich zu sehen: Siechtum, hervorgerufen durch die bakteriologischen Bomben, die der Feind abgeworfen hatte. Krankheiten, gegen die es keine Gegenmittel gab. Es konnte noch nicht lange her sein, einige Wochen vielleicht erst, höchstens wenige Monate.
»Wir hätten nicht hierherkommen sollen«, sagte Silvann finster.
Sie sah ihn an. »Wir sind Botschafter und Helfer. Wir haben viele Menschen geheilt.«
»Und keinen einzigen neuen Jünger gefunden.«
»Vielleicht haben die anderen mehr Glück. Der Grüne Phönix weiß, was er tut.«
Sie setzten sich wieder in Bewegung und schritten ins Tal hinein. Schnee fiel: ein weißer, glitzernder Vorhang, der die abgestürzten, zerfetzten Raumschiffe in ein Gewand aus Reinheit kleidete. Die Tragorchidee folgte ihnen.
»Hier können wir nichts mehr tun«, sagte Silvann. »Niemand, dem wir helfen könnten.«
»Warten wir es ab.«
Aufragende Metallprotopfragmente. Zerfetzte Außenhüllen, glasierte Felsen, nun von Eis überzogen.
»Ein kurzer, schneller Krieg«, brummte Silvann. Die Kälte vermochte ihnen nichts anzuhaben, obwohl sie nur die Gewänder mit den Symbolen des Grünen Phönix trugen. Ab und zu ein gemurmeltes Wort, und Wärme verdrängte Kälte. »Die wenigen Schiffe Lyseitons wurden mit dem ersten Schlag ausgeschaltet. Danach die Bakterienbomben, um jeden planetaren Widerstand zu brechen. Und danach die automatischen Schürfer.«
Sie hatten sie gesehen, die summenden Berge aus Metall und Protop, vollgestopft mit Elektronik, versehen mit hungrigen Mäulern, in die sie unablässig den rohstoffreichen Staubsand der großen Wüsten des Mittelwestens hineinschaufelten.
»Ich frage mich«, sagte Silvann, »wann die Schiffe kommen, um die geschürften Rohmaterialien fortzubringen. Es könnte Gefahr für uns bedeuten.«
»Der Grüne Phönix schützt uns.«
»Er meditiert«, fuhr Silvann fort. Seine Augen leuchteten plötzlich. »Er sagte, die Zeit für eine Wende sei beinahe gekommen, und er müsse die um Rat fragen, die ihn auf die lange Reise schickten. Vielleicht ist jetzt endlich die Zeit gekommen. Nicht mehr heilen und neue Jünger werben. Vielleicht sind wir bald Veränderer. Wir werden zerstören und neu aufbauen. Das ist unsere Bestimmung.« Seine Miene
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