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Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster

Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster

Titel: Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
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Sicherheitsdienstes? Oder Ricarda Fantrinelli, der einzigen Frau im Management und Direktorin der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit? Oder Daun persönlich, dem greisen Generaldirektor, auf dessen Tod die gesamte Führungsspitze mit Ungeduld und Haß wartet? Jesus, es herrscht Krieg, und zur gleichen Zeit zerfleischt sich das Management von Eurochem in erbitterten Machtkämpfen …
    Der Tunnel war düster, und Terjungs Uniform war weiß wie der Schnee auf den Dächern und Straßen Zürichs, aber dennoch schien Terjung mit dem Tunnel zu verschmelzen. Das Halbdunkel schien ihn aufzusaugen, ihn in einen integrierten Bestandteil des Zugangs zur Transkommunikationszentrale zu verwandeln, so daß es selbst Gral schwerfiel, ihn noch wahrzunehmen.
    Terjung wurde zu einem Objekt.
    Zu einem Objekt wie die kleinen, runden Fluoreszenzplatten an der niedrigen Decke, wie die verstaubten, nutzlosen Sprechanlagen in den Wandnischen, wie die altersblinden Kameraobjekte, die hier und da aus dem Beton hervorschielten.
    Etwas wie Neid erfüllte Gral.
    Die Fähigkeit Terjungs, sich gleichsam aus der Welt zu stehlen, sich den groben Rastern der sinnlichen Wahrnehmung zu entziehen, war ein Segen in der Mikrowelt Eurochems.
    Einer Mikrowelt, die, wie Gral besser als manch anderer wußte, eigene Gesetze und einen eigenen Gott besaß, ein fast metaphysisches Prinzip, das alle Stufen der Hierarchie durchdrang: Kontrolle.
    In einer unkontrollierten, chaotischen Makrowelt – einer Erde, die von Klimakatastrophen, sozialen und polirischen Unruhen, Wertezerfall, lokalen Kriegen, Krankheitsepidemien, Hunger und Wahnsinn heimgesucht – bot allein eine Mikrowelt wie die Eurochems oder Kaiser’s Energy Companys Halt und Zuflucht.
    Es ist symptomatisch für unruhige, furchterfüllte Zeiten, durchfuhr es Gral, daß die Menschen bereit sind, für ihre Sicherheit den höchsten denkbaren Preis zu zahlen – den Verlust der Freiheit.
    Schweigend ging Gral weiter und bemühte sich, nicht den Anschluß an Terjung zu verlieren.
    Sein blasses, faltenreiches Gesicht verriet nichts von den Gefühlen und Gedanken, die ihn beschäftigten. Sein Gesicht war das eines früh gealterten Mannes, und jedesmal, wenn Gral in den Spiegel blickte, dachte er: Genau das bin ich. Ein früh gealterter Mann.
    Sein Haar war angegraut und wies nur noch hier und da schwarze Strähnen auf. Die Augen waren schmal, fast geschlitzt, und von einem wäßrigen Blau. Die Nase besaß schroffe Hakenform und vermittelte zusammen mit dem energischen Kinn eine Ahnung von der Willenskraft, die Gral in frühen Jahren angetrieben und ihn zum Vizedirektor der Abteilung Sicherheit innerhalb des Eurochem-Konzerns gemacht hatte.
    Grals Gedanken schweiften wieder ab.
    Die Stille und das Zwielicht des Tunnels bedrückten ihn und weckten Zweifel – Zweifel an sich selbst und Zweifel an anderen.
    Warum, fragte sich Gral irritiert, hat Zamuel auf eine persönliche Zusammenkunft bestanden? Warum dieser ungewöhnliche Treffpunkt, dieses altmodische Rendezvous unter vier Augen – statt wie gewohnt über die firmeneigenen Telefaxleitungen? Kennt General Chemical den Kommunikationskode? Befürchtet Zamuel, daß die Leitungen abgehört werden und sämtliche geheimen Interna Eurochems direkt auf Jonathan Chelseas Schreibtisch landen?
    Gral spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Unruhe erfaßte ihn. Eine Nervosität, die selbst von dem Amphetamin nicht gemildert werden konnte und die schließlich zu leiser Furcht wurde.
    Wenn GC tatsächlich über den Kode verfügt, setzte er in diesen Minuten, die sein subjektives Zeitempfinden zu langen Stunden dehnte, seinen Gedankengang fort, wenn GC das Unmögliche geschafft und die streng gesicherten Dateien Eurochems angezapft hat, dann ist die Lage mehr als ernst. Dann ist sie verzweifelt. Das würde Zamuels mysteriöse Aufforderung und dieses konspirative Treffen erklären. Und dann gibt es nichts, was wir unternehmen könnten, um diesen Krieg doch noch zu gewinnen.
    Diesen Krieg, der nicht zu vergleichen ist mit den Kriegen der Vergangenheit und der doch stündlich weitere Opfer fordert.
    Die Kälte, die plötzlich in Gral nistete, ließ ihn erneut schaudern und an den Schnee denken, der in dichten Flockenwirbeln über der Eitel tanzte und sie in eine Zuckerbäckerlandschaft verwandelte.
    Gral biß die Zähne zusammen.
    »Spekulationen«, sagte er laut. »Nichts als Spekulationen.«
    Terjung sagte nichts.
    In der Tiefe, in den fahlen Schatten des Tunnels, gewann

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