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Die Terranauten TB 05 - Kosmisches Labyrinth

Die Terranauten TB 05 - Kosmisches Labyrinth

Titel: Die Terranauten TB 05 - Kosmisches Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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und glitt auf diese Weise über die Eisstege, die die einzelnen Kokons miteinander verbanden. Unruhe erfaßte ihn.
    Die Schneesymbole in den Eisschichten der einzelnen Heime waren vom Wind und den zyklischen Schmelzungen verwischt. Garshen hielt vor einem Kokon inne, stieß erneut den Grußlaut aus und rutschte dann durch den offenstehenden Eingang.
    Im Innern lagen zwei Sharin aus seinem Clan, die Leiber hart wie Stein, die Facettenaugen trüb, die Nährflüssigkeit erstarrt. Zögernd streckte Garshen eine Klauenhand aus und berührte den einen Clanbruder. Es knirschte, und der Sharin zerfiel zu Tausenden von Eissplittern.
    Garshen wirbelte um die eigene Achse und rutschte aus dem Eiskokon heraus. Das Bild vor seinen Augen trübte sich, und er hatte Mühe das Gleichgewicht zu wahren, als er auf sein eigenes Heim zuglitt.
    »Raijat!« rief er. Und wieder: »Raijat! Ich bin es, Garshen, der Freie Dieb. Ich bringe kostbare Beute, Raijat, Koitusschwester. Ich bin erfolgreich gewesen.«
    Keine Antwort.
    Alles blieb stumm.
    Nur das Eis knisterte unter seinen Gleitkrallen. Hier und dort warf er einen Blick in die Eiskokons seiner Clanbrüder und -schwestern. Überall das gleiche Bild: erstarrte Körper, so spröde wie übergefrorener Schnee. Vielleicht mochte auch hier eine einzige Berührung genügen, um sie zerfallen zu lassen. Das Clanfeuer war erloschen, die Äste der Gletscherflechten mit einer perlenden Eisschicht überzogen.
    Garshen bremste ab und stakte dann in seinen Kokon hinein. Zwielicht herrschte im Innern. Er sah sich um, und das aufkeimende Entsetzen in ihm verdrängte für einen Augenblick sogar die Flüsterstimme des Kristalls.
    Seine Mutter lag in einem der Ruhenetze. Garshen trat an den reglosen Körper heran. Ihr Unterleib war vorgewölbt, aber die Lebenseier darin waren längst abgestorben. Garshen starrte fassungslos in die spröden Augen seiner Lebensschenkerin. Sie war tot, ebenso wie all die anderen des Berghortes.
    »Garshen …« flüsterte eine Stimme hinter ihm. Er drehte sich um.
    »Raijat …« brachte er hervor, und die Müdigkeit in seinen Gliedern umgab seine Gedanken wie mit einem betäubenden Schleier. »Was ist geschehen, Raijat?«
    »Sie sind tot«, sagte seine Koitusschwester. Sie hockte in einer Ecke des Eiskokons, erhob sich nun langsam und trat auf ihn zu. Ihre Augen glühten lebendig, so wie er sie in Erinnerung hatte. »Die Meherin des Schwarzen Fürsten waren hier. Sie haben Beschwörungen gesprochen und Tod gesät. Sie sagten, du hättest ihrem Herrn etwas gestohlen, du hättest gar einen seiner Diener getötet.«
    Garshen antwortete nicht.
    Raijat berührte ihn an seinem Brustpanzer, und er erschauerte. »Sie haben getötet und den Rest entführt«, fuhr seine Koitusschwester fort. »Glücklich sind die Toten; die anderen Brüder und Schwestern schmachten nun in der Halle der Vielfachen Leiden.«
    Sie sah ihn an, und in ihrem Blick war etwas, das er nicht kannte. Unwillkürlich wich Garshen einen Schritt zurück.
    »Gib zurück, was nicht dir gehört«, sagte Raijat, und ihre Stimme war beinah ein kehliges Fauchen. Ihre Facettenaugen glühten heller.
    »Ich selbst habe den Kristall gestohlen«, brachte der Sharin hervor. »Es ist meine Beute. Ich habe lange ausgeharrt, um mich in ihren Besitz zu bringen. Sie gehört mir und niemandem sonst.«
    Raijat streckte ihre Klauenhand aus.
    »Gib ihn mir, Garshen. Vielleicht ist es noch Zeit, die anderen aus unserem Hort zu retten. Vielleicht ist es noch Zeit, den Fluch wieder abzuwenden.«
    Garshen griff in seine Tasche und holte den Kristall hervor. Er wisperte in seinen Gedanken, Worte, die er nicht verstand, Bilder, die er nicht deuten konnte. Es war eine sirenenhafte, verlockende Stimme, Farbe inmitten grauer Öde, von Resignation umgebende Hoffnung, eine Oase der Kraft in einer Wüste aus Schlaf.
    »Nein«, sagte er und taumelte auf den Ausgang zu. »Nein, ich … kann es nicht.«
    »Du mußt, Garshen«, sagte Raijat und folgte ihm. Draußen knisterte Kälte in dem Eis des Berghortes. »Der Schwarze Fürst wird dich vernichten, wenn du dich ihm weiter widersetzt. Wer bist du schon angesichts seiner Macht?«
    »Ich bin Garshen, ein Freier Dieb. Der Kristall ist meine rechtmäßige Beute.«
    Und ich bin ein Sharin ohne Heimat. Ich bin ein Verlorener, der nur noch umherwandern kann.
    »Gib ihn mir!«
    Der Klang ihrer Stimme hatte sich verändert. Garshen blieb unwillkürlich stehen. Sie kam ihm entgegen, mit ausgestreckten

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