Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen
grundlos vor ihr ausbreitete.
»Gut. Ich will euch glauben.«
Sie schloß die Augen, konzentrierte sich nur auf das Sanctum und umwob die Jungdrachen mit einem Netz aus Beschwörungen, das in Zukunft alle Krankheiten von ihnen fernhalten würde.
»So«, sagte sie dann. »Ich habe meinen Teil der Abmachung erfüllt. Jetzt seid ihr dran.«
Stille schloß sich an.
Dann schwebte der kreisende Großdrachen näher an sie heran.
Spring auf meinen Rücken, Fremde. Ich werde ganz langsam an der Felswand entlangfliegen.
Der schuppige Leib kam näher, und die Augen funkelten hintergründig. Nayala sprang. Und im gleichen Augenblick stürzte der Steg krachend in die Tiefe. Sie streckte die Arme aus und krallte sich in den Schuppenfugen fest.
Der Drache winkelte seine Schwingen an und fiel wie ein Stein in die Tiefe.
»Ich komme, Tirion!« rief Nayala.
Die Dunkelheit der lichtlosen Wolken war erneut herangekrochen. Die Trümmerbuckel eingestürzter Häuser waren finstere Schemen an den Straßenrändern, und voraus glühte die tödliche Barriere. Der Jäger schnüffelte nervös und deutete dann auf eine kleine Bodenmulde. Arvid nahm Narda am Arm, und sie suchten Schutz hinter den Erdwällen, die am Rand der Mulde einen halbhohen Ring bildeten.
Die Lichtfinger von Scheinwerfern stachen durch die Nacht und tasteten mit strahlender Sachlichkeit über das geborstene Straßenpflaster, die Dorndisteln, die dort wuchsen, den Müll. Das Stampfen der Maschinen in der Zivilisationsdomäne war wie das Pochen eines Herzen.
»Wir müssen warten«, sagte Arvid und überprüfte seine Mitra. »Es wäre sehr gefährlich, wenn wir uns der Barriere nun noch weiter näherten. Die Zivilisationshüter haben hier überall Fallen errichtet, und manche davon sind so gut getarnt, daß nicht einmal Jak sie rechtzeitig genug wahrnehmen kann.«
Der Jäger gab einen brummenden Laut von sich.
Narda kroch an den Rand der Mulde heran und spähte über den Erdwall hinweg.
Das Metall des gut vier Meter hohen Elektrozauns blitzte dann und wann auf im Licht der Scheinwerfer. Die Gebäude im Innern der Domäne waren nur als diffuse Schemen zu erkennen, aber sie schienen sich in einem guten Zustand zu befinden. Es wirkte beinah, als seien sie mindestens hundert Jahre nach denen errichtet worden, deren Ruinen heute die Wege und Straßen der Zusammenbruch-Stadt säumten.
Arvid kroch an ihre Seite.
»Worauf willst du warten?« flüsterte sie ihm zu, und ihr Atem war weißer Nebel, der zwischen ihren Lippen hervorquoll. »Gibt es keine Möglichkeit, die Barriere zu überwinden und in die Domäne hineinzugelangen?«
Arvid lachte leise und humorlos. Die Mitra glich einem dritten Arm, der aus seinem Oberkörper wuchs.
»Ein solcher Versuch«, sagte er leise, »käme einem Selbstmord gleich, Narda. Wir hätten nicht die geringste Chance.« Er deutete auf die Schatten, die sich auf den Wachgängen jenseits des Elektrozaunes langsam bewegten. »Sie verfügen über Gewehre, deren Geschosse sich ihr Ziel selbst suchen, die auf die Wärme eines Körpers reagieren. Deckung nützte uns nichts. Und wenn es uns gelänge, diese Gefahr irgendwie zu eliminieren … sie haben auch abgerichtete und domestizierte Mutantenratten.« Er schauderte. »Und mit denen möchte ich es erst recht nicht aufnehmen.« Er wandte sich um. »Jak?«
»Wir sind allein hier«, erwiderte der Jäger. »Kirils Leute sind offenbar auf Beutegang. Von denen haben wir nichts zu befürchten.«
»Gut.«
»Aber wir können hier doch nicht einfach rumsitzen und warten«, preßte Narda ungeduldig hervor. Sie dachte an David und den Vielgestalter und stieß zischend den Atem aus. »Wie wollen wir an ein Fahrzeug gelangen, wenn wir keinen Finger rühren?«
»Jak?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher.« Die massige Gestalt des Jägers schob sich nun ebenfalls heran. Stimmen wehten aus der Zivilisationsdomäne heran, unverständliche Wortfetzen.
»Wir könnten Pech haben. Ich habe wenig Erfahrung in Hinsicht auf die Deutung der Spuren, die ich hier wahrnehme. Ich hatte es noch nie mit Zivilisationshütern zu tun.«
»Ich auch nicht«, gab Arvid zurück. »Aber ich hörte, daß …«
Er duckte sich, als einer der Scheinwerferkegel an die Mulde herankroch und langsam darüber hinwegstrich.
Rasselndes Klirren ertönte, dann das Brummen eines Motors. Jak nickte.
»Ja, du hattest recht, Arvid. Sie kommen tatsächlich heraus.«
Arvid stieß Narda in die Seite. »Siehst du, Fremd-Freundin? Es sind die
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