Die Terranauten TB 07 - Der schwarze Herrscher
Narda.
An manchen Stellen war die Decke eingestürzt; tonnenschwere Felsen lagen auf dem Boden der Halle, inmitten der geborstenen Überreste granitener Fliesen. Narda sah den Weg vor sich, den Shamar und Uz eingeschlagen hatten. Sie zögerte, gab sich dann aber einen Ruck und schritt in die Halle hinein.
Der zentrale Sockel befand sich hinter einem der großen Felsen, umgestürzt und halb begraben unter kleinerem Geröll. Narda räumte einen Teil der Trümmer beiseite, und ihre Finger ertasteten plötzlich etwas Warmes und Geschmeidiges.
»Arvid? Ich glaube fast, ich habe die Statue gefunden. Hilf mir bitte, ja?«
Zusammen räumten sie einige weitere Gesteinsbrocken beiseite. Etwas Grünes schimmerte ihnen entgegen, und Nardas Hand zog die Statue hervor, die sie bereits in den Bildern der Aufzeichnungskuben gesehen hatten – eine Figur aus Jade, die positive Hälfte des Unfreiwilligen Helfers. Sie mochte etwa zehn Zentimeter groß sein, und das Gewicht war kaum spürbar.
»Sie ist schön«, sagte Arvid bewundernd.
»Das hier …«, Narda hob die Figur an, und die metallene Kette, an der sie befestigt war, rasselte und klirrte leise, »… ist der Schlüssel für die Freiheit von Ohne Grenzen.«
Sie stand auf und blickte sich um. Von David war nirgends eine Spur zu entdecken.
»Er ist nicht hier«, sagte Arvid. »Und ich habe bisher auch keine Transitschleife gesehen.«
Narda nickte nur. In ihren Ohren hallte noch der Schrei Davids unmittelbar vor dem Transfer. Irgend etwas war geschehen, etwas, mit dem er nicht gerechnet hatte. Eine Falle des Schwarzen Fürsten? Ein im Netz der Transferstraßen lauernder Meherin?
»Er hat den Schlüssel«, sagte Arvid. »Er kann die Straßen kontrollieren.«
»Wenn er tatsächlich stark genug ist.« Es knisterte, und einige der Felsbrocken bewegten sich wie von Geisterhand. Narda schauderte. »Ich glaube, wir verschwinden besser. Es scheint mir …« Sie sprach nicht weiter. Flammen züngelten unter dem Schutt hervor, genährt von unter Geröll verborgenen magischen Symbolen.
Arvid packte ihren Arm und riß sie mit sich fort. Die Hitze der Flammen wehte ihnen nach, untermalt von flüsternden Stimmen. Sie hasteten durch den Korridor, und Narda preßte die Jadefigur an sich. Der Spalt, durch den sie in die Gruft gelangt waren, schien viel enger geworden zu sein und wirkte beinahe wie ein gefräßiges Maul, das mit Finsternis nach ihnen gierte. Das Licht der Scheinwerfer flackerte, und der Hitzehauch hinter ihnen verstärkte sich.
»Wir haben es gleich geschafft, Narda!« rief Arvid. Sein Mantel schabte über den Fels. Draußen donnerte es; Kühle kroch heran.
Es waren nicht die Lichtlosen Wolken, die sich über den Himmel geschoben hatten. Es waren die Düsterbänke einer Unwetterfront, schwarze Berge, gelegentlich erhellt von aufzuckenden Blitzen. Narda und Arvid stolperten über das Geröll am Berghang und eilten dem Wanderer entgegen. Es war nun beinahe so dunkel geworden, daß man nicht mehr die Hand vor Augen sehen konnte, und die Gewitternacht schien selbst die Glimmkegel der Scheinwerfer aufzusaugen. Sturm heulte auf, Regentropfen jagten Geschossen gleich heran.
»Er muß hier irgendwo sein!« rief Arvid, um das Tosen zu übertönen.
Narda stolperte, suchte unwillkürlich nach Halt und prallte gegen die metallene Flanke des Fahrzeugs. Sie war zerbeult, zeigte an einigen Stellen große Rostfladen. Der Schutzlack war gesplittert. Narda richtete ihren Scheinwerfer darauf. Die Gelenkbeine des Wanderers waren eingeknickt, die Luke aus den Angeln gerissen, das Panzerglas der Scheiben geborsten. Narda sprang mit einem Satz in die Schleuse.
»Nayala?«
Das Innere des Fahrzeugs machte den Eindruck, als hätten hier dicht aufeinander mehrere Explosionen stattgefunden. Wandverkleidungen waren nur noch Fetzen, Geräteblöcke aus den Bodenverankerungen gerissen, Monitore und Bildschirme und Flüssigkristallanzeigen blind.
Im Kabinentrakt hielt sich niemand auf. Schimmel hatte die Laken überzogen, und an den metallenen Wänden zeigten sich verblaßte Schmierereien.
»Sie ist fort«, sagte Arvid nur. Draußen heulte der Sturm. Der Wanderer schwankte.
Narda schüttelte den Kopf. »Ich verstehe das einfach nicht. Wie lange waren wir fort? Höchstens eine Stunde, schätze ich. Das hier …«, sie deutete in die Runde, »… das hier sieht aus, als …«
Arvid sah sich mit großen Augen um. Er war in einer Welt aufgewachsen, in der es besonders wichtig war, Spuren richtig
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