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Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern

Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern

Titel: Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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sie.
    Und den Haß auf diejenigen, die an ihrem Tod die Schuld trugen.
    Das war seine Pflicht: die Liquidierung von Entropieverbrechern. Und er erfüllte sie jetzt freudiger als jemals zuvor.
    »Erwartet mich eine neue Aufgabe?« fragte er das Erweckungszentrum.
    »Die Loge hat dich gerufen, Liktor. Mehr kann ich dir nicht mitteilen.«
    Niemand unterbricht die Stasisruhe eines Liktors, nur um mit ihm einige Worte zu wechseln, dachte Verdin.
    Er erhob sich, nachdem die Servomechanismen die belebende Massage beendet hatten. Vorsichtig bewegte er sich und betrachtete sein Spiegelbild auf der Reflexionsfläche ihm gegenüber. Die Elektronik der holografischen Projektoren wählte noch immer besonders beruhigende Szenerien aus, um den Reaktivierungsschock zu mildern, aber der Liktor beachtete die Bilder nun gar nicht mehr. Er fühlte, wie die Kapillargefäße und Nährstoffkanäle in seinem Körper mit neuer Kraft pulsierten. Die alten Wunden waren natürlich längst verheilt. Nichts mehr zeugte von dem letzten Einsatz. Er streckte die Arme und prüfte die Festigkeit der regenerierten Muskeln. Behutsam fuhr er die Klammerwurzeln aus und vergewisserte sich, das er seinen Vorrat an wichtigen Mineralien jederzeit erneuern konnte, wenn er auf einen entsprechenden Untergrund traf.
    Kleinere Servomechanismen halfen ihm beim Ankleiden. Eigentlich hätte er ebensogut nackt bleiben können, aber wenn die Loge einen Auftrag für ihn hatte und er sofort aufbrechen mußte, verlor er so keine Zeit. Das Material des Tarnmantels paßte sich in seiner Farbtönung sofort der Umgebung an, ebenso wie das Cape mit der Kapuze, das er sich darüberstreifte. Der Stoff hing ihm tief in die Stirn, und dicht darunter funkelten stahlgraue Augen.
    Kurz darauf verließ er den Erweckungsraum und betrat die Laufstege und Pfade der Gläsernen Zitadelle. Es war kalt draußen, aber die niedrige Temperatur machte ihm nichts aus. Er blickte sich um und verglich das, was sich seinen Augen darbot, mit den Bildern aus seinem Gedächtnis. Es hatte sich nichts verändert. Die kristallenen Türme der Zitadelle ragten wie stumme Bajonette in den kalten Himmel des beginnenden Winters. Der Wind flüsterte leise zwischen den hohen Zinnen, strich an den Wänden der einzelnen Gebäudeetagen entlang und hauchte über den Schnee, der sich jenseits der Barrieren bereits angesammelt hatte. Das Wasser des Sees, auf dessen einziger Insel die Zitadelle errichtet worden war, hatte sich mit einer ersten dünnen Eisschicht überzogen. Die Wolken am weißgrauen Himmel erzählten Geschichten von Gletschern, die weiter im Norden nun wieder zu wachsen und zu kalben begannen.
    Der Liktor schritt über einen breiten Weg zwischen zwei gläsernen Türmen der Zitadelle, und unter seinen halbhohen Stiefeln knirschten winzige Eiskristalle. Er genoß es, wieder zu denken und zu fühlen, und er freute sich auf den bevorstehenden Auftrag. Sein Rachedurst war noch längst nicht gestillt. Vielleicht würde er auch noch in zehntausend Jahren an Serai denken, an die Epochen, die sie zusammen verbracht hatten.
    Serai …
    Als er vor den Kristall des Hauptgebäudes trat, entstand in der transparenten Masse vor ihm eine Strukturlücke, und der Liktor trat ohne zu zögern ein. Sofort umfing ihn wieder die erhabene Stille der Zitadelle. Er konnte sich noch an eine Zeit erinnern, in der das anders gewesen war – eine Zeit, in der es keine Schutzbarrieren gegeben hatte, die die Planetenbewohner fernhielten, die insbesondere auf psionische Energien reagierten. Damals hatte er sich lange mit den Helfern unterhalten, mit ihnen und auch den Lenkern – wenn sie zurückkehrten aus der Sternenferne, um sich hier auszuruhen und Erinnerungen nachzuhängen, die manchmal ebenso melancholisch waren wie die Verdins. Damals war die Zitadelle voller Leben gewesen.
    Aber das hatte sich schon vor seinem letzten Auftrag geändert. Er war an einem Ort der Stille und des Schweigens erwacht, und es gab niemanden, der ihn begrüßte – bis auf die sonderbaren Servomechanismen.
    Und die Loge.
    Wir warten auf dich, Liktor.
    Verdin beschleunigte seine Schritte.
    Er wanderte durch halbhohe Gänge und mußte sich ducken, um nicht mit dem Kopf an die Decke zu stoßen. Das Schaben und Kratzen seiner Stiefel hallte in Domen und Kathedralen wider. Es ging lange Treppen in die Tiefe.
    Schließlich erreichte er die äußere Begrenzung der Autarken Kammer.
    Tarnmantel und Überwurf paßten sich sofort der milchigen Farbe der Umgebung

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