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Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern

Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern

Titel: Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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wandte sich nicht einmal von ihren visionären Grübeleien ab, um dem Liktor mehr als nur rudimentäre Aufmerksamkeit zu schenken. Das war ein Umstand, der Verdin kurz verwirrte. Wenn die von dem Entropieverbrecher ausgehende Gefahr tatsächlich so groß war, wie der Logensprecher behauptete – und er hatte nicht den geringsten Grund, daran zu zweifeln –, so wäre zumindest eine Spur von Aufregung im psychischen Haushalt der Loge verständlich gewesen.
    Aber vielleicht, dachte Verdin zufrieden und selbstbewußt, verläßt sie sich ganz auf mich. Ein Liktor ist ein leistungsfähiges Werkzeug, eines, das niemals versagt.
    »Ich brauche ein Profil«, sagte Verdin.
    Der Logensprecher nickte müde. Und gleichgültig?
    »Du sollst es bekommen.« Aus dem Ektoplasma wurde wieder eine schiefergraue Wolke vor den wogenden Farbschlieren des Stützgerüstes. Das Gesicht eines anderen Geschöpfes nahm Konturen an, und Verdin musterte es eingehend.
    Ein schmales Gesicht mit tiefliegenden Augen und ausgeprägten Jochbeinen war es, umrahmt von blondem Haar, das fast weiß wirkte. Es drehte sich langsam, so daß Verdin es von allen Seiten betrachten konnte. Er prägte sich die Züge ins Gedächtnis ein.
    Und anschließend lauschte er den Gedanken des Fremden.
    »Er tarnt sich gut«, vermeldete die Stimme der Loge. »Er denkt nicht an seine eigentlichen Absichten und Ziele. Er weiß von der Gläsernen Zitadelle, und sicher rechnet er auch mit der Anwesenheit eines Liktors. Du mußt diesmal doppelt vorsichtig sein. Dieser Mann ist viel stärker als dein letzter Gegner. Und er versteht es, seine Feinde zu täuschen. Schon einmal, an einem anderen Ort, hat er sich als ein Erbe der Macht ausgegeben, dessen Mission angeblich die Bildung des weißen Sterns sei.«
    Der Liktor spürte, daß ihm die eigentliche Eröffnung noch bevorstand.
    »In seinem mentalen Innern trägt er andere psionische Fragmente mit sich – Spektren, die er dem wirklichen Erben der Macht stahl.«
    Verdin fuhr unwillkürlich seine Klammerwurzeln aus und versuchte vergeblich, sie in das stahlharte, glasartige Material des Bodens zu bohren.
    »Du hast richtig verstanden, Liktor: ein Verbrechen, das seinesgleichen sucht. Jetzt verstehst du sicher, wie wichtig diesmal deine Aufgabe ist. Wenn es dir nicht gelingt, den Entropieverbrecher zu stellen, ihn zu liquidieren und die von ihm erbeuteten Spektren freizusetzen, so ist die Bildung des weißen Sterns unmöglich.«
    »Ich werde nicht versagen, Loge.«
    »Da ist noch ein weiterer Punkt.« Kurzes Schweigen schloß sich an. Und dann: »Er gehört zu jenen, die für den Tod Serais verantwortlich sind.«
    Verdin sah sie wieder vor sich, spürte ihre Nähe, nahm den lieblichen Duft ihrer Knospen wahr, fühlte sie in seinen Armen. Sie hatten einen gemeinsamen Traum geträumt – den der Uralten. Der alte Zorn stieg nun wieder in ihm empor – eine Fontäne aus verbitterter Entschlossenheit, eine Quelle der kalten Wut und des Willens zu einem unbarmherzigen Vorgehen.
    »Du mußt dich sofort auf den Weg machen, Liktor. Aber sei immer auf der Hut. Schenke selbst deinen eigenen Sinnen nur begrenztes Vertrauen. Der Entropieverbrecher namens David terGorden ist ein großer Blender. Vielleicht versucht er dich davon zu überzeugen, er sei tatsächlich der echte Erbe der Macht, derjenige, dem die Bildung des weißen Sterns obliegt. Du darfst ihm nicht glauben. Denke an Serai. Denke immer an Serai …«
    Der Liktor verneigte sich, drehte sich um und verließ die Autarke Kammer. Vor seinem inneren Auge zeichnete sich die fragile Gestalt Serais ab, und ihr Blick war Sanftmut. Ihre dünnen Lippen bewegten sich und flüsterten: Die Loge hat recht, Verdin. Die von dem Entropieverbrecher ausgehende Gefahr ist groß. Du mußt sehr vorsichtig sein und rasch handeln.
    Verdin eilte über Stege und Pfade, lief an Türmen und Zinnen vorbei und gelangte schließlich in jenen Bereich der Zitadelle, in dem die Sprungkapseln lagerten. Weit oben war die Wolkendecke inzwischen aufgerissen. Sterne glitzerten kalt, und ihr Licht tanzte über dem frisch gefallenen Schnee.
    Im Innern der Kapsel war es nur wenig wärmer. Der Liktor spürte, wie die Gewebe auf ihn reagierten, wie sie sich an seinen Leib schmiegten, um ihn im Falle eines Unglücks – das so gut wie ausgeschlossen war – zu schützen.
    Ich bin soweit.
    Daraufhin öffnete die Loge eine Lücke in den Barrieren an der Peripherie der Gläsernen Zitadelle. Die Kapsel hob ab und stieg, wie vom

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