Die Terranauten TB 15 - Im 176. Jahr
Graugardisten.
Noelle zielte mit dem Laser auf die Tür. Direkt an ihrer Seite war eine hastige Bewegung. Sie wich aus, und Joks Hand, die ihr den Laser hatte abnehmen wollen, traf ins Leere.
Er keuchte.
»Du elender …«, setzte Noelle an. Ihre Meduse zitterte. Sie wäre davongeflattert und hätte mit ihren giftigen Nesselfäden nach Jok geschlagen, wäre sie nicht durch einen mentalen Befehl an Noelles Schulter gefesselt. Sie verfärbte sich. Noelle sah in Joks fettes Gesicht und holte zu einem psionischen Hieb aus.
Alles lag klar vor ihr.
Sie sah ein Bild:
Ein Mann, fett, gekleidet in ein farbenprächtiges Gewand, vor einem Schreibtisch. Dahinter … eine Frau, die sie kannte. Schön und jung, das Gesicht hinter einer bioaktiven Maske verborgen, die Narben, die Entstellung. Dianne DasMaren.
»Du!« Noelles Augen blitzten.
»Es … es hatte doch von Anfang an keinen Sinn«, keuchte Jok. »Es war doch von vornherein aussichtslos, Noelle, siehst du das nicht ein? Ich habe dein und mein Leben gerettet. Du solltest mir dankbar sein.«
Sie hob den Laser.
Die Tür sprang aus der Fassung.
In graue Kampfuniformen gekleidete Männer stürmten in den Raum. Jok schrie auf. Noelle feuerte.
Der blasse Energiefunken traf einen der Graugardisten direkt auf der Brust. Er taumelte zurück, und der Funke wurde von dem Kettenpanzer reflektiert und knisterte und schmorte über eine Wand. Zwei andere Gardisten erwiderten das Feuer sofort. Noelle zog sich tiefer in den Gang zurück. Sie zerrte Jok mit sich. Er wehrte sich. Er hatte Angst.
Er setzte seine spionischen Kräfte ein. Sie blockte den Angriff ab und feuerte gleichzeitig auf die weiter vorrückenden Graugardisten. Sie hatten keine Angst. Dies war ihr Leben. Das einzige, das sie kannten.
Ein Energiestrahl jagte dicht über Noelle hinweg und kochte über den Fels der Gangdecke. Gesteinsbrocken lösten sich. Einer traf Noelles Schulter.
Der Schmerz lenkte sie einen Augenblick lang ab. Jok riß sich los und taumelte den Gardisten entgegen.
»Ich bin’s!« rief er, und seine Stimme überschlug sich. »Ich bin’s, Jok. Nicht schießen. Ich …«
Einer der Gardisten feuerte.
Der Strahl leckte über Joks fette Brust. Er starb sofort und stürzte langsam zu Boden.
Noelle warf den Gardisten psionische Trugbilder entgegen. Sie konzentrierte sich nun ganz auf ihr mentales Potential. Das war ihre Waffe, und sie war viel wirksamer als ein Laser.
Ein Graugardist schrie auf, ließ seine Waffe fallen und taumelte langsam zurück. Wie alle anderen auch war er gehirnkonditioniert, doch das schützte ihn nicht vor den Realillusionen, die Noelle geschaffen hatte. Andere Gardisten nahmen seinen Platz ein. Sie feuerten nun nicht mehr aus ihren Lasern.
Sie warfen Bomben.
Noelle schleuderte sie telekinetisch zurück und verstärkte gleichzeitig die Intensität der psionischen Alpträume.
Wieviel Zeit? Hatten die Männer der Basisgruppe inzwischen das Gangende erreicht?
Etwas machte sie müde.
Noelle öffnete die Augen. Vor ihr, direkt zu ihren Füßen lag ein schimmerndes Metallei. Sie wollte sich bücken, es aufheben und zurückwerfen.
Sie konnte sich nicht mehr bewegen.
Giftgas, dachte sie, dann explodierte die Bombe. Ultraschall. Wie tausend glühendheiße Messer, die durch ihren Körper schnitten. Noelle wollte schreien, aber kein Laut kam von ihren Lippen. Die psionische Kraft sickerte aus ihr heraus. Langsam sank sie auf die Knie.
Direkt vor ihr wuchs eine graue Gestalt in die Höhe. Sie blickte in ein Gesicht. Es war kalt, und die Züge schienen wie gemeißelt: starr und ruhig. Ein Graugardist.
Noelle holte zu einem letzten mentalen Schlag aus. Der Schmerz in ihr war wie Feuer, das durch ihre Adern rann. Sie konnte sich kaum noch konzentrieren.
Sie holte aus, formte einen psionischen Speer und zielte damit direkt in die Gedanken des Graugardisten vor ihr.
Die Energie wurde irgendwie fortgeschleudert.
Und für einen Augenblick hatte Noelle den Eindruck, etwas gefunden zu haben, das sie bereits seit vielen Wochen suchte. Für einen Augenblick glaubte sie, ihrem Bruder ganz nahe zu sein. Der Eindruck verblaßte und machte einem anderen Streiflicht Platz.
Dianne DasMaren. Lächelnd. So kalt wie Eis.
Dann nur noch Dunkelheit.
Stumm warteten die Mulcalin auf ihren Schattenleguanen. Ein neuer Tag. Nicht so hell wie der Tag zuvor. Und heller als das Morgen. Die Lange Nacht kam nun schnell.
»Es tut mir leid«, sagte der Prete langsam. Er berührte Tairits
Weitere Kostenlose Bücher