Die Terranauten TB 18 - Das Terranauten-Projekt
Transportkeil umzuleiten.«
Er lachte leise und deutete auf ein unscheinbares Instrument, das weiter vorn, dicht neben einem breiten Fenster aus transparentem Protop, mit einem der Kabelstränge verbunden war. Sensoren flackerten, und Anzeigebalken aus Flüssigkristall wuchsen in die Länge. Martyn kroch an den Apparat heran und führte einige Schaltungen durch. Dann spähte er vorsichtig durch das Fenster und winkte Narda zu. »Ich habe doch versprochen. Ihnen zu zeigen, von wem die Technik stammt, die einen Jacca nahezu unzerstörbar macht …«
Narda glitt an die Seite Martyns und hob den Kopf. Ihr Blick fiel in eine weite Halle, in der sich Hunderte von Stasisbehältern stapelten, sargähnliche Tanks, in denen nackte Männer und Frauen lagen, auch Kinder, gefangen in der Starre des Scheintodes, am Leben erhalten von den in die Kuben integrierten Kontrollen. Zwei Gestalten wanderten an den Tanks vorbei und prüften die Justierungen. Narda erkannte sie auf den ersten Blick, und die Erkenntnis ließ sie innerlich gefrieren. Männer waren es, gekleidet in schlichte Uniformen, die Bewegungen exakt und genau abgemessen, die Gesichter scharfgeschnitten, fast ausdruckslos, wachsam und konzentriert.
Graugardisten.
Hinter der Stirn Nardas wirbelten die Gedanken. Graugardisten. Erbarmungslose Soldaten, auf Kampf und kompromißlosen Gehorsam konditioniert, auf ihrer Art und Weise fast ebenso gefährlich wie ein Jacca, Menschen ohne jedes Gefühl, Krieger der Logik und der Gnadenlosigkeit.
Narda fühlte sich plötzlich zurückversetzt in die Zeit des Konzils der Konzerne, als die Terranauten um die Freiheit der Erde gerungen hatten, gegen Lordoberst Max von Valdec. Und sie erinnerte sich: Nach der Zerschlagung des Konzils, nach den ersten Siegen der Grünen Umgestaltung, war eine Flotte von Kampfschiffen der Garde geflohen, eine gewaltige Streitmacht, angeführt von Queens, weiblichen Offizieren, die von den Gardisten verehrt wurden, deren Befehle sie sofort in die Tat umsetzten. Eine ganze Flotte!
Seitdem waren mehr als zehn Jahre vergangen, ohne daß die Terranauten in Erfahrung hatten bringen können, was aus den Gardisten und ihren Queens geworden war. Und jetzt, hier auf Omikron …
Narda begriff plötzlich, daß die von diesem Planeten ausgehende Gefahr noch weitaus größer war, als man bisher auf Sarym und der Grünen Erde angenommen hatte. Eine Technowelt, die sich mit der alten Garde verbündet hatte – die Bedrohung sprengte alle bisherigen Vorstellungen.
Es fiel Narda schwer, den Blick von den beiden Graugardisten abzuwenden und wieder die Stasistanks zu betrachten, die darin ruhenden Menschen. Mit der gebotenen Behutsamkeit öffnete sie ihre psionischen Sinne und lauschte. Kurz darauf nickte sie langsam, als sich eine Vermutung bestätigte. Bei den Schläfern handelte es sich um latente Treiber, Personen, deren Untersuchung positive Ergebnisse geliefert hatte und die daraufhin von den Vigilanten verschleppt worden waren.
Narda begann zu verstehen. Die Flotte der Queens – sie bestand aus Großkampfschiffen mit jenem Kaiserkraft-Antrieb, dessen Emissionen eine galaxisweite Entropiekatastrophe heraufbeschworen hatten. Die geflohenen Garde-Divisionen wußten natürlich, welche Gefahr in einer neuerlichen Nutzung solcher Triebwerke bestand – gerade jetzt, nach einem teilweisen Ausfall des IAES, das David terGorden dazu eingesetzt hatte, die destrukturierte Raum-Zeit neu zu stabilisieren.
Der Schluß lag auf der Hand: Die Garde brauchte Treiber, um mit ihren Raumschiffen überlichtschnelle Transfers durchzuführen. Und Misteln. Beides bekam sie von Omikron.
Die beiden Soldaten verließen die Halle, und es dauerte nicht lange und Narda spürte, wie der Tunnelboden unter ihr zu zittern begann.
»Das Gravokatapult wird ausgelöst«, sagte Martyn und streckte sich lang auf dem Boden aus. Die Terranautin und die beiden Treiber folgten seinem Beispiel.
Der jähe Andruck preßte Narda die Luft aus den Lungen und ließ farbige Ringe vor ihren Augen entstehen. Als sie glaubte, das auf ihr lastende Gewicht nicht länger ertragen zu können, ließ der Schub jäh nach, und ein gedämpftes Fauchen deutete auf die Zündung der Treibsätze hin. Neuerlicher Andruck, diesmal jedoch nicht annähernd so intensiv wie zuvor.
Martyn betätigte einige Sensoren der Kontrolleinheit, und anschließend lehnte er sich an die Wand.
»Zwei Stunden«, sagte er und schloß die Augen. »In zwei Stunden sind wir im
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