Die Terranauten TB 18 - Das Terranauten-Projekt
Auftrag – dem Terranauten-Projekt, wie Llewellyn es genannt hatte – eine Bedeutung zukam, die weit über die Hoffnungen hinausging, die man derzeit auf Sarym oder der Grünen Erde hegen mochte.
Irgendwann später, nach vielen Tagen, nachdem Narda Dutzenden von Geschichten über fremde Welten und ferne Galaxien gelauscht hatte, verließen sie die Null-Sphäre und kehrten nach Omikron zurück, in die Kammer, in der noch immer der PSI-Kokon glühte, der nun zwei Körper enthielt.
Queen Alessa stand dicht neben dem größten Tunnelzugang, begleitet von ihren Graugardisten, die die Waffen erhoben hatten. Eine seltsame Stille herrschte, und die Männer und Frauen bewegten sich nicht, sahen aus wie Skulpturen aus lebendigem Fleisch. Für sie stand die Zeit still, als sich Narda und David hinabbegaben in die Gewölbe unter dem alten Raumschiff, in das Arsenal.
Hunderttausende von Schoten warteten dort in einem Schlaf, der ihnen von der Falle aufgezwungen worden war, von dem Deformator an Bord des Schiffes der Entropieverbrecher. Sie erwachten, als David zu ihnen flüsterte. Sie öffneten sich und gaben mikroskopische Sporen und Keime frei, einen Staub, der durch die Hallen und Säle wehte, durch die Tunnels und Korridore, durch die Belüftungsschächte nach oben. Und der über die Wüste tosende Wind trug sie weiter, nach Süden, nach Mell und in die anderen Regionen Omikrons.
Als Narda und David wieder die Kammer betraten, rührten sich die Menschen, die sich dort aufhielten. Die Graugardisten hatten die Waffen fallengelassen. Einige von ihnen betrachteten ihre Hände, auf denen sich eine feine grüne Schicht gebildet hatte, wie Moos.
Und Queen Alessa …
Die Frau lachte, glücklich wie ein Kind. Unbekannte, neue Gefühle durchwehten die dunkle Leere ihres Bewußtseins, wie Fremdkörper, die ein aus unerbittlicher Logik und Gefühlskälte bestehendes Immunsystem außer Gefecht setzten, Empfindungen, die wie glitzernde Lichter waren und die Finsternis der Seele mit neuem Strahlen erhellten.
Für Omikron begann ein neues Zeitalter.
Epilog
6 Mai 2517
Die Zunge war bereits vor vielen Stunden zu einem Fremdkörper im Mund Corborans geworden, und die Schwäche hatte eine seltsame Leere in ihm entstehen lassen. Seine Gedanken verwirrten sich. Manchmal glaubte er, in der Einöde der Großen Mulde glitzernde Städte zu sehen, Metropolen wie Tamboro, die in dieser Region gar nicht existieren konnten.
Oder er wankte auf breite Flüsse und Ströme zu, wie verzaubert von dem Gurgeln klaren Wassers – nur um festzustellen, daß sich seine schorfigen Finger in trockenen Sand gruben.
Bei dem Monstrum jedoch, das sich nun in den Dunstschwaden des Morgens vor ihm bewegte, konnte es sich nicht um eine Halluzination handeln.
Edmond Hannibal Corboran stemmte sich in die Höhe und mobilisierte seine letzten Kraftreserven. Die Beine bewegten sich mechanisch unter ihm, trugen ihn der Siliziumfabrik entgegen, dem Koloß, der auf breiten Walzen durch die Wüste rollte, dessen breite Bugschaufeln Sand in den stählernen Rachen schoben.
»He, ich bin hier, hier!« wollte er rufen, doch es wurde nur ein undeutliches Krächzen daraus. Die Fabrik hielt nicht an, glitt weiter, vorbei an hohen Dünen, über die leise der Wind hinwegflüsterte. Der Himmel war klar, und das Licht der Sonne wurde nicht vom Schatten eines Trichterschiffes verdunkelt. Aber an diese Art von Gefahr dachte Corboran schon lange nicht mehr.
Der Hunger bewirkte Krämpfe in seinem Magen, und er sehnte sich so sehr nach Wasser wie noch nie zuvor in seinem Leben.
»Ich bin hier!« rief er erneut, und diesmal gelang es ihm, verständliche Worte zu formulieren.
Er winkte.
Und die Walzen mahlten weiterhin durch den Sand.
Er taumelte der Fabrik entgegen, verfluchte die Besatzung, die offenbar nicht auf die Anzeigen der Außensensoren achtete. Er wich den fast dreißig Meter hohen Walzen aus, die das Ungetüm mobil machten, hielt nach einer Möglichkeit Ausschau, sich irgendwo festzuhalten, an Bord zu klettern. Er begriff plötzlich, daß er nur noch diese eine Chance hatte. Er wußte nicht, in welchem Bereich der Mulde er sich befand, und wenn es ihm nicht gelang, in das Innere der Fabrik zu gelangen und dort Hilfe zu finden – etwas zu essen und zu trinken –, so war ihm der Tod sicher.
Er griff nach einer herabgeneigten Strebe, die sich jedoch seinen kraftlosen Händen zu entwinden schien. Nicht allzu weit entfernt sah er eine Leiter, dicht vor einer der
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