Die Teufelsbibel
die ihn in all den Haifischbecken der letzten zwanzig Jahre hatte überleben lassen, war eingeschlafen: er gab sich Jarmila hin. Die Stimme, die nie verstummte und die unablässig geflüstert hatte, seit er ihr am Feuer gegenüber gesessen hatte, sank zu einem noch leiseren Wispern herab und schien zu sagen: Was soll’s!
Vage spürte er die Schauer, die über seinen Körper liefen, und als sie das Hemd von seinen Schultern gezogen hatte und mit fahrigen Händen über seinen nackten Rücken fuhr, begann er hilflos zu zucken. Ihre Fingernägel zogen sanfte Furchen durch seine Haut. Er stöhnte.
Sie zappelte und wand sich unter ihm. Ihre Bemühungen hatten sie halb aus dem Korsett schlüpfen lassen. Sie quälte sich heraus und schlang die Arme um ihn; er zog ihren nackten Oberkörper an sich und keuchte, als die Berührung von Haut auf Haut tausend Reize in ihm explodieren ließ; ihre Brustwarzen waren zwei harte Punkte, die er in der Sanftheit ihrer Brüste spürte, als sie sich an ihm rieb. Der Reifrock ballte sich um sie herum, eine Festung aus gepresstem Filz und Rosshaar, ein Wallsystem aus starren Reifen. Er versuchte, sie auf Armeslänge von sich zu schieben, weil er sie ansehen wollte, aber sie klammerte sich an ihn. Ihre Hände zogen Funkenspuren über seinen Rücken, fuhren unter die billige Heerpauke, die sich auf seinen Oberschenkeln bauschte, lösten die Bänder von Unter- und Überhose; das lächerliche Kleidungsstück fiel herab.
Andrej hätte lachen und schreien gleichermaßen mögen, während seine Finger hinter ihrem Rücken nicht einmal ansatzweise die Bänder fanden, mit denen er ihren Rock hätte lösen können. Sein Unterleib begann wieder zu zucken, als ihre Hände um sein Gesäß herumstrichen. Die Braguette war zusammen mit der Heerpauke gefallen, das dünne Leinen der Bruche beiseitegeschoben von dem Drängen darunter. Er spürte, wie ihre Hände sich um ihn schlossen; seine Gedanken verwirrten sich. Etwas ballte sich in ihm zusammen, zog alles Fühlen an diese eine Stelle, die sich in ihre Hände schmiegte. Es war, als ob Andrejs Wesen plötzlich ein fühlbarer Schauer geworden wäre, der über seine Haut lief und sich in seinem Schoß zentrierte. Sein Herzschlag setzte aus und seine Lunge bekam keinen Atem, er wollte es aufhalten und wollte gleichzeitig nichts so sehr, als dass es passierte, und dann schoss dieser Schauer aus ihm hinaus, pulste und quoll und nahm sein ganzes Wesen mit sich, leerte ihn aus, ergoss sich in ihre Hände, ergoss sich über ihre Haut, ließ seinenKörper sterbend zurück und füllte ihn im nächsten Moment erneut mit Leben, das sich heiß und prickelnd in ihm ausbreitete, mit Trommeln und Blitzen in seine Sinne floss. Er hatte das Gefühl zu explodieren und wie ein Kometenschauer in alle Richtungen zu schießen und wieder in sich zusammenzusinken, als das Pulsen verebbte …
Die hilflose Euphorie verging, als ihm bewusst wurde, was geschehen war. Scham wollte seinen Magen umdrehen. Doch dann begann Jarmila zu lachen und sank gegen ihn, ohne ihn loszulassen, er spürte die Nässe, die ihre Finger mit seiner Haut verband, und erkannte, dass sie nicht aufgehört hatte mit ihren Bewegungen und jeder Strich ihm schmerzvoll und lüstern zugleich in den Leib fuhr, und er wusste, dass es das Lachen reiner Freude war, das er von ihr hörte. Er öffnete den Mund, doch sie presste ihre Lippen auf die seinen und schien ihn mit ihrer Zunge ausfüllen zu wollen.
»Jetzt ich«, keuchte sie. »Ich weiß, wie das geht. Ich will das auch … Ich zeige es dir …«
Er sank neben ihr zusammen und sah ihr zu, wie sie ihren Rock löste, beobachtete sie, wie sie sich auskleidete, weil er zu schwach gewesen wäre, um ihr zu helfen, genoss es, ihr dabei zuzusehen, wie sie daranging, ihm ihre letzten Geheimnisse zu enthüllen, und hatte das Gefühl, dass auch sie es genoss.
Dass er ebenfalls bis auf seine Beinstrümpfe nackt neben ihr lag, erfüllte ihn nicht mit Scham; dass sie nicht einmal ihre Hände abgewischt hatte, bevor sie sich an ihren Kleidern zu schaffen machte, dass Streifen von Nässe sowohl zwischen ihren Brüsten als auch in seinem Schoß glitzerten und sie nicht im Geringsten daran Anstoß nahm, erweckte erneute Erregung in ihm.
Als sie zu ihm kam, hatte er seine Eltern, seine Jahre unter den Bettlern, hatte er Kaiser Rudolf und die Geschichte, die dieser immer wieder hören wollte, zum ersten Mal vergessen und war glücklich.
Später in der Nacht erwachte er,
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