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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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dir.«
    »Nicht ganz, Heiliger Vater«, sagte der zweite Priester mit betont gleichmütiger Miene. »Er hat keine Knaben mitgebracht. Es geht vielmehr darum, dass der Priester des Dorfes, dessen Ältester dieser gute Christ hier ist, sich an den Knaben –«
    »Exakt«, sagte der Papst. »Es wäre wirklich ein christlicher Einfall, wenn jede gute Gemeinde ihre viel versprechenden Knaben hierher nach Rom senden würde.« Er lehnte sich zu dem anderen Priester hinüber. »Notiere diesen Einfall, mein Guter. Wir werden ein Dekret herausgeben.«
    »Sehr wohl, Heiliger Vater.«
    Papst Clemens fasste den Bittsteller vor sich ins Auge. Er lächelte erneut. »Drei ist eine gute Zahl, mein Sohn. Vier wären natürlich besser, gar nicht zu sprechen von zwei Dutzend.«
    »Heiliger Vater«, sagte der Priester, der als Übersetzer diente, »darf ich Euer Augenmerk nochmals darauf lenken, dass dieser Mann hier eine Klage gegen den Priester seines Dorfes vorbringt und ihm ein geradezu monströses Vergehen vorwirft, nämlich sich über Jahre hinweg an drei Knaben vergangen –«
    »Gott liebt Musik«, sagte der Heilige Vater. Er lächelte den Mann vor sich unverwandt an. »Gott liebt die hellen Töne. Er kann sie so viel besser hören als die tiefen.«
    Gott, dachte Pater Hernando. Kein anderer als er. Er hört uns zu und freut sich an den hellen Tönen. Ganz gewiss. Sein Herz sank mit jedem Satz, den er von vorn vernahm.
    »Musik!«, sagte der Papst. »Aber hast du dich einmal in den Kirchen hier in Rom umgesehen, mein Sohn? Hast du dem Jubel gelauscht? Ordensschwestern, wohin man schaut! Kaum eine hehre männliche Seele, die das Kyrie singt, und wenn, dann hört man nur brumm-brumm-brummelbrumm  – als ob Gott das vernehmen könnte!« Papst Clemens schüttelte den Kopf, dass die vittae flatterten. »Ein Bär im Wald singt schönere Töne.« Er wandte sich an den Priester zu seiner Linken. »Zwei Dutzend, hast du gesagt, mein Guter?«
    »Nicht exakt, Heiliger Vater.«
    »Exakt, wie? Gott der Herr schaut wohlgefällig auf Uns herab.«
    »Was nun das Anliegen dieses Mannes betrifft –«, sagte der zweite Priester, »er hat sich schon an den Bischof seiner Diözese gewandt, aber keine Hilfe erhalten. Er ist hierhergereist im festen Vertrauen auf das Verständnis und die Hilfe des Heiligen Stuhls.«
    »Exakt«, sagte Papst Clemens. »Nur Knaben haben jeneStimmen, die Gott als Gesang hören will. Knaben –« Er lächelte und zuckte gleichzeitig mit den Schultern. »Aber aus Knaben werden Männer, nicht wahr? Aus Glockentönen wird Bärengebrumm – doch Wir wissen, wie Wir das verhindern können, mein Sohn, und Wir danken dir im Namen der drei Geschöpfe, die du zu Uns senden willst, dass du ihnen das Schicksal ersparst, das sie sonst zu tragen hätten.« Der Papst lächelte gütig. Er legte Daumen und die beiden ersten Finger der rechten Hand zusammen, als würde er zwischen ihren Fingerspitzen ein delikates Werkzeug halten, und machte zwei kleine, ruckartige Bewegungen, als würde er im Kreis um etwas herum schneiden. »So ein kleiner Eingriff nur, und Gottes Gnade und der Dienst am Gotteslob für das ganze Leben!«
    Pater Hernandos Hoden, die sich angesichts der Handbewegung des Papstes in die Bauchhöhle zurückgezogen hatten, schienen dort vorerst bleiben zu wollen. Seine Bauchmuskeln verkrampften sich schmerzhaft. Er hatte Mühe, ein ausdrucksloses Gesicht zu machen. Er hörte das unwillkürliche Winseln, das dem Mann auf den Knien vor dem Papstthron entwich.
    »Warten die drei Geschöpfe draußen, mein Sohn? Führ sie herein. Ich bin sicher«, – ein freundlicher Blick traf Pater Hernando –, »dass jeder gerne wartet, wenn es darum geht, die künftigen Verkünder des Gotteslobs zu begrüßen.«
    »Heiliger Vater!«, sagte der Priester, der übersetzte, und man konnte beim besten Willen nicht mehr sagen, dass er flüsterte. »Heiliger Vater, dieser Mann bittet um Rat und Hilfe, weil drei Knaben in seinem Dorf den Priester beschuldigen, ihnen seit Jahren Gewalt anzutun!«
    Papst Clemens blickte auf. Kühn geschwungene Augenbrauen rutschten bis zum Ansatz der Tiara. Seine Blicke zuckten von dem Bittsteller zum Priester und zurück.
    »Wenn das so ist«, begann er. Seine Miene hellte sich auf.»Umso besser, mein Sohn, wenn du die drei Geschöpfe zu Uns sendest. Unsere Chirurgen werden sich ihrer annehmen, und dann gibt es nichts mehr, was sie daran erinnert, dass sie einen Mann Gottes – unbeabsichtigt, da bin ich mir

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