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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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gesorgt.«
    Sie erstickte fast, als sie »Danke« sagte. Pater Xavier verzichtete auf eine seiner sanften, zynischen Bemerkungen.
    »Guter, gutmütiger Niklas Wiegant«, sagte er. »Dort heraus hast du dein Kind geholt. Sie hätten es dir gratis mitgegeben, da bin ich sicher. Warum hast du so viel Geld gezahlt?«
    »Ich könnte es für Sie herausfinden«, sagte Yolanta langsam. »Ich gehe zum Kloster der Karmelitinnen und horche die Oberin aus. Und dann könnte ich bei der Gelegenheit –« Sie verstummte.
    Pater Xavier legte die Fingerspitzen zusammen und betrachtete sie über dieses Dach hinweg. »Eine Gelegenheit wie die anderen beiden Male?«
    »Sie wissen es?« Ihre Reaktion dauerte eine geraume Weile.
    »Ich habe dort gewisse Anweisungen hinterlassen«, erklärte der Dominikaner.
    »Ich habe die Oberin auf Knien angefleht!«, zischte Yolanta.
    »So hat man es mir berichtet.«
    »Warum haben Sie mich deswegen nicht zur Rede gestellt?«
    »Weswegen? Für einen vergeblichen Versuch, mich zu betrügen? Versuche sind erlaubt.«
    Nichts demoralisiert mehr als misslungene Versuche, dachte Pater Xavier. Strikte Verbote führen dazu, dass man darüber nachdenkt, wie man sie außer Kraft setzen kann. Lass einen Menschen aber genügend oft scheitern, und er ergibt sich irgendwann.
    »Ich habe einen erneuten vergeblichen Versuch unternommen, bevor ich hierherkam«, sagte sie verächtlich. »Nur für den Fall, dass man es Ihnen noch nicht berichtet hat.«
    »Man wird, keine Sorge.« Pater Xaviers Lächeln war väterlich. Im Stillen dachte er: manche Menschen allerdings brauchen erstaunlich lange, bis sie sich ergeben. Er fühlte Hochachtung für die junge Frau.
    »Woher kennen Sie Niklas Wiegant?«
    »Alte Zeiten.«
    »Ich frage nicht, ob Sie damals sein Freund waren. Ich bin sicher, Freundschaft ist Ihnen ebenso fremd wie Liebe.«
    Pater Xavier zuckte mit den Schultern. Es war ihm gelungen, das Unbehagen, das ihn stets überkam, wenn sie aus dem Hinterhalt mit derartigen Bemerkungen über ihn herfiel, fast bis zur Nichtexistenz zu verdrängen.
    »Wenn Sie ihn so gut kennen, warum besuchen Sie ihn dann nicht selbst?«
    »Warum sollte ich das tun, wenn ich dich habe?«
    »Wann bekomme ich mein Kind zurück?«
    »Bald«, sagte Pater Xavier. »Habe ich dir erzählt, was die Oberin in einer ihrer letzten Botschaften berichtet hat?« Er war einem spontanen Einfall gefolgt und überlegte nun, was er ihr sagen sollte. Das Kind war tot und verfaulte unter dem Kalk, und Nachrichten von der Oberin der Karmelitinnen kamen nur dann, wenn Yolanta versuchte, zu ihm vorzudringen. Pater Xavier hatte vorausgeahnt, dass sie das tun würde. Die Oberin war einfach auf seine Seite zu bringen gewesen; er hatte ihr mitgeteilt, dass das gestorbene Kind in Wahrheit der Bastard eines hohen Ratsherrn war und Yolanta versuchen würde, es aus dem Findelhaus zu holen und ihn damit zu erpressen. Die Geldspende, die während dieses Gesprächs zur Übergabe kam, stammte laut Pater Xavier von jenem um seinen Ruf besorgten, gut katholischen Ratsherrn. Konsequenterweise hatte man Yolanta vom ersten Besuch an, als sie ihren Namen genannt hatte, noch nicht einmal in den Außenbereich des Klosters gelassen. Das Geld ermöglichte für eine Weile bessere Verhältnisse für die noch lebenden Kinder; wen kümmerte da das Schicksal eines toten Kindes und seiner draußen im Schneematsch knienden, weinenden Mutter, dieser Sünderin vor dem Herrn? Es war schön zu wissen, auf wen man sich verlassen konnte. »Wenzel – äh – hat eine der Schwestern besonders ins Herz geschlossen. Er hält sie wohl für seine Mutter.«
    »O Gott, o Pater, wann darf ich endlich bei ihm sein?«
    »Bald«, sagte Pater Xavier und lächelte. »Bald.«
    18
    Zu Hause in seiner kleinen Hütte hatte ein Abgesandter des Oberstlandrichters auf Andrej gewartet. Er sah gelangweilt auf, als Andrej die Tür aufstieß.
    »Das ist vielleicht eine Scheißbude, die Sie hier haben«, sagte er und grinste. »Passt zu Ihnen.«
    »Was haben Sie hier verloren?«
    »Hoffentlich nichts, aber wenn Sie’s finden, geben Sie’s mir gewaschen zurück, ja?«
    Andrej seufzte und setzte sich auf den anderen Stuhl. Er musterte den jungen Mann und vermochte nicht, durch die Mauer aus eingetrichterter Abneigung und natürlicher Arroganz hindurchzublicken. Er hatte ihn nie zuvor gesehen. »Sie sollten den Zwerg als Hofnarren ablösen, bei Ihrer Schlagfertigkeit.«
    »Seine Hochwohlgeboren will Sie sehen,

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