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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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keine Katakomben«, brach es aus ihm heraus.
    »Unsinn«, sagte Agnes, ohne daran zu denken, wie man sich einem Pfarrer gegenüber auszudrücken hatte. »Ich hab sie mit eigenen Augen gesehen, als ich ein Kind war.«
    »Es gibt hier keine Katakomben«, winselte der Pfarrer.
    Agnes schritt am Altar vorbei und zu der Tür. Der Pfarrer sprang neben ihr her. Agnes drückte die schwere alte Klinke hinunter. Die Tür ächzte und schwang einen Spaltbreit auf. Agnes zog an ihr, bis sie ganz offen war, dann trat sie in die Öffnung und starrte hinunter.
    Die Treppe führte eine Mannslänge nach unten und endete auf dunkelgrau-rissigem Schlammboden. Man konnte, wenn man sich duckte, ein paar Schritte tun und endete dann an einer Wand. In einer Ecke stand ein kleines Fass; in einer Holzkiste lagen welke Kohl- und Rübenstrünke. Agnes blinzelte, aber der Anblick verging nicht.
    »Da unten ist es kühl, deswegen kann man Vorräte…«, stotterte der Pfarrer. »Wenn meine Pfarrkinder mir etwas spenden, –«
    »Die Treppe führte viel weiter hinab«, sagte Agnes wie im Traum.
    »Ich bin erst seit einem Jahr hier«, erklärte der Pfarrer. »Als ich ankam, war mein Vorgänger schon gestorben. Ich weiß nichts von Katakomben, und niemand hat mir etwas darüber erzählt. Aber ich weiß, dass vor ein paar Jahren noch einmal eine große Überschwemmung war, gleich im Frühjahr nach der Schmelze, und dass der Schlamm in den Gassen der Stadt an manchen Stellen bis zu den Knien ging. Vielleicht – wenn dort drunten irgendetwas war, dann ist es jetzt …«
    … endgültig begraben , dachte Agnes. Die toten Heiden, die armen Teufel hatten jetzt endgültig ihre Ruhe. Wie es schien, hatte Gott der Herr ihnen tatsächlich verziehen. Agnes starrte hinab. Der Gedanke weckte keinen Frieden in ihrem Herzen. Es war, als hätte es den Weg, den Cyprian sie zurück ins Licht geführt hatte, nie gegeben.
    8
    Niklas Wiegant sah seine Tochter so lange schweigend an, dass Agnes fürchtete, er habe sie ganz einfach nicht verstanden. Ihr Elan versiegte vor diesem langen Blick. Wäre er voller Ärger oder Wut gewesen, hätte sie damit umgehen können. Selbst auf empörte Verständnislosigkeit hatte sie sichvorbereitet. Doch im Blick ihres Vaters war etwas, das sie verwirrte und das ihr den Wind aus den Segeln nahm; sie glaubte Bedauern, Verständnis und eine so große Zuneigung darin zu lesen, dass es ihr wehtat – vor allem aber eine Art Fatalismus: Ich kenne deine Argumente, ich verstehe sie, ich hätte auch nichts anderes gesagt – und doch werde ich keinem von ihnen folgen.
    Eine würgende Angst stieg in Agnes hoch. Sie erkannte, dass in ihren Plänen eine Ablehnung ihres Vorschlags nicht eingerechnet gewesen war.
    Niklas Wiegant stand auf und öffnete die Tür. »Ich möchte, dass deine Mutter zugegen ist«, sagte er.
    Agnes starrte auf die Tischplatte und lauschte den Schritten ihres Vaters, die sich draußen vor der Stube entfernten. Sie drängte ihre Angst zurück und versuchte, Hoffnung zu schöpfen. Als das Klappen der Tür sie aufsehen ließ, blickte sie als Erstes in Theresias steinernes Gesicht.
    »Wo warst du die ganze Zeit?«, fragte ihre Mutter. »Ich hätte deine Hilfe in der Küche brauchen können.«
    »Ich musste mir über etwas klar werden«, sagte Agnes.
    »Ach ja? Wenn du dir nur darüber klar geworden wärst, dass deine Mutter deine Unterstützung gebraucht hätte!«
    Niklas Wiegant schob seine Frau in die Stube hinein. »Schon gut«, sagte er ruhig.
    »Ich hab auch jetzt noch jede Menge zu tun. In diesem Haus geht nichts voran, wenn ich mich nicht darum kümmere. Was willst du von mir, Niklas?«
    »Es geht um die Zukunft unserer Tochter.«
    »Ausgerechnet jetzt? In der Küche brennt das Abendessen an.«
    »Theresia, dann brennt es eben an. Schlimmstenfalls werfen wir es weg und fasten einen Abend lang im Angedenken an die Leiden unseres Herrn.«
    »So? Auf einmal willst du fasten? Letztens, als du gemeint hast, das Fleisch habe einen Stich und es nicht auf den Tischbringen lassen wolltest und wir stattdessen Brot und Käse essen mussten, hast du dich den ganzen Abend lang beklagt.«
    »Ich habe mich darüber beklagt, dass du das Fleisch trotzdem hast zubereiten lassen, obwohl ich von vornherein sagte, es sei ungenießbar.«
    »Jetzt schiebst du mir auch noch die Schuld daran zu, dass unsere Dienstboten nichts taugen und dass das Fleisch, das du angeschleppt hast, schon verdorben war, bevor man es dir gab?«
    »Das Fleisch

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