Die Teufelshure
nicht, John«, zischte er bitter. »Du weißt sehr genau, es wird von Tag zu Tag schwieriger, vor Ewen und den anderen zu verbergen, dass wir Fähigkeiten besitzen, die kein normaler Christenmensch haben kann. Irgendwann wird es unvermeidbar sein, dass er und seine Männer misstrauisch werden, erst recht, wenn sie das Zeichen auf unseren Schultern entdecken.« Paddy setzte eine besorgte Miene auf. »Ich bin sicher, dass du die Bücher gelesen hast und mehr über die Dinge weißt, die darin stehen, als du uns verraten willst. Ich kann es spüren, und auch das weißt du genau.«
»Also gut, wenn du es unbedingt hören willst. Aber sag nachher nicht, ich hätte dir Angst gemacht.« John räusperte sich. »Wenn es stimmt, was in dem Buch mit dem silbernen Hexenstern steht, hat Cuninghame mit seinen Panaceaern dafür gesorgt, dass man auf dem Bass Rock einen Teil unseres eigenen Blutes gegen das Elixier ›Fluidum Lapis Philosophorum‹ ausgetauscht hat. Damit hat er uns gewissermaßen das ewige Leben spendiert. Wenn es zutrifft, was in dem Buch steht, können wir nicht mehr krank werden, und solange man uns nicht den Kopf abschlägt oder das Herz herausschneidet oder es mit einem Dolchstich oder einer Kugel zum Stillstand bringt, sind wir unsterblich.« John grinste matt. »Dass unser schwarzer Lord zu so etwas fähig ist, haben wir ja schon vermutet. Dem Buch nach zu urteilen, ist es nun bittere Gewissheit. Obwohl«, fügte er hinzu und zuckte mit den Schultern, »eigentlich ist es eine gute Nachricht.«
»Heiliger Christopherus, hilf«, stöhnte Paddy. »Es bedeutet, das wir niemals in den Himmel aufsteigen werden.«
»Oder nicht in die Hölle fahren.« John lächelte schwach. »Bei unserem Sündenregister wäre das wohl wahrscheinlicher.«
Paddy sah ihn aus schmalen Lidern an. »Denk doch mal nach! Es bedeutet, wir sind verflucht! Und am Jüngsten Tag stehen wir draußen.«
John grinste ihn mitleidig an. »Obwohl ich ein gläubiger Katholik bin, auf den Jüngsten Tag konnte ich schon immer gut verzichten. Und unter den gegebenen Umständen würde ich es Glück nennen, nicht sterben zu müssen. Es hätte auch anders kommen können.«
»Anders kommen?« Paddy sah ihn zweifelnd an. »Wie meinst du das?«
»Wenn man die Dosis des Elixiers zu gering hält, blüht man zunächst einmal auf, doch dafür altert man nach einer Weile sehr viel schneller und erkrankt an merkwürdigen Plagen, falls man die Einnahme nicht rechtzeitig wiederholt. Tut man es längere Zeit nicht, ist man zu einem qualvollen Sterben verurteilt. Im Anhang des Buches befindet sich eine ellenlange Liste von Kunden des Lords, die bereits einschlägige Erfahrungen gemacht haben dürften. Du würdest staunen, wer alles dazugehört und sich längst in unseliger Abhängigkeit von Cuninghames Bruderschaft befindet. Der halbe Königshof wird dort angeführt. Außerdem diverse Würdenträger über ganz England, Deutschland und Frankreich verteilt. Es ist wohl einer der geheimen Gründe, warum man ausgerechnet adligen Verbrechern den Kopf abschlägt oder sie vierteilt.«
»Aus Angst, dass sie wiederauferstehen?« Paddy sah ihn ungläubig an.
John setzte eine fatalistische Miene auf. »Wenn man ganz sichergehen will, scheint es die beste Lösung zu sein.«
Der Ire schüttelte ungläubig den Kopf, während John mit weiteren Einzelheiten herausrückte.
»Manche von Cuninghames Kunden konnten oder wollten nicht zahlen. Dann wurde entweder die Lieferung eingestellt, was ihren Tod bedeutete, oder man hat sie umgebracht, um ihr Schweigen zu gewährleisten. Die Kreuze hinter den Namen lassen darauf schließen, dass sie keinen natürlichen Tod gestorben sind. Stratton gehörte übrigens auch dazu.«
»Stratton war einer von Cuninghames Kunden? – Und was ist mit uns?«, keuchte Paddy. »Werden wir nun doch sterben, wenn das Elixier nicht mehr wirkt?«
John lachte freudlos auf. »Ich kann dich beruhigen. Wenn es nach den Eintragungen im Buch geht, gehören wir wohl zu denen, die keinerlei Nachschub benötigen, genauso wie Cuninghames Söldner. Mit ihnen hat man allerdings noch etwas anderes angestellt. Im Buch war an vielen Stellen von ›Caput mortuum‹ die Rede, einer ziemlich unangenehm klingenden Prozedur, die man uns erspart hat. Wenn ich es richtig verstanden habe, handelt es sich um eine Art Geistesaustreibung, bei der man dem Betroffenen für immer den freien Willen nimmt.«
Paddy riss vor Entsetzen die Augen auf. »Du meinst, es laufen noch mehr
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