Die Teufelshure
verstorbenen Exmann redete. Sie spürte, wie ihr die Hitze zu Kopf stieg, als sie an die intimen Einzelheiten dachte, die sie mit jenem John in den vergangenen Tagen erlebt hatte. »Dann geschah etwas Furchtbares«, fuhr sie mit belegter Stimme fort. »Ich war schwanger, und jemand hat mir bei vollem Bewusstsein unser gemeinsames Kind aus dem Leib geschnitten. Danach bin ich wohl gestorben. Trotz meiner Körperlosigkeit, die dann eintrat, konnte ich John sehen, wie er vor meinem Leichnam kniete und um mich geweint hat. Währenddessen donnerten Kanonen durch die Nacht, und überall liefen Männer in altmodischer Kleidung umher, die nicht weniger altmodische Gewehre mit sich trugen.«
»Wie sah der Kerl aus, der dich umgebracht hat?« Brans Gesicht war plötzlich genauso versteinert wie das von John, als sie ihn im Tigerlilly mit der Story konfrontiert hatte.
»Er war ziemlich groß und kräftig und trug eine schwarze Uniform. Leider konnte ich in der Dämmerung sein Gesicht kaum erkennen. Aber da war noch ein anderer Kerl in einer schwarzen Kutte. Ich hatte das Gefühl, ihn zu kennen. Er war uralt und ziemlich hässlich und hatte einen seltsam glühenden Blick.«
Bran besaß nach Lilians Einschätzung ein typisches Pokerface – genau wie John, doch für einen kurzen Moment zeigte sich auf seinem Gesicht so etwas wie Entsetzen.
»Warum willst du das wissen?«
»Ich möchte mir dieses Scheusal einfach vorstellen können«, erwiderte er und hatte zu seiner neutralen Miene zurückgefunden.
»Später«, fuhr Lilian fort, »nachdem ich aus meinen Visionen erwacht war, bin ich nach Sankt Munda gefahren, weil dort meine Mutter beerdigt liegt. Sie ist eine geborene MacDonald. Durch Zufall habe ich nicht weit entfernt von ihrem Grab das Grab der Madlen MacDonald entdeckt. Alles passte. Der Name ihres Ehemannes, die Zeit und dass sie keines natürlichen Todes gestorben war. Dann lagen da auch noch fünfzig verwelkte Rosen auf ihrem Grab, von denen die Blumenhändlerin am Ort behauptete, sie seien im Auftrag von CSS dorthin gelegt worden. Das war der Grund, warum ich nach Moidart gekommen bin. Ich hatte gehofft, eine Antwort auf meine Fragen zu finden. Doch dann hatte ich den Motorradunfall und traf auf John. Es war ungemein verwirrend, weil er dem Mann aus meiner Vision so verblüffend ähnlich sieht und auch noch denselben Namen trägt.«
Sie trank einen Schluck Wein, den der Stewart auf dem Tischchen vor ihr abgestellt hatte. Das Flugzeug hatte sich stabilisiert und flog mit einem ruhigen Summen dahin.
»Was glaubst du, Bran – gibt es da einen Zusammenhang, den ich nur nicht erkennen kann? Wird unsere Reise nach Norwegen dazu beitragen, meine Fragen zu beantworten?« Lilian sah ihn prüfend an, doch noch nicht einmal ein Lidzucken verriet, was er wirklich dachte. »Was würdest du sagen, Bran, wenn es so etwas wie genetische Seelenwanderung gibt und sich herausstellen würde, dass John und ich gemeinsame Verwandte hätten?« Erst jetzt spürte sie, dass er immer noch ihre Hand hielt.
»Gut möglich«, sagte er und streichelte beinahe andächtig ihre Finger. »Ich glaube an die unsterbliche Seele. Und gerade jetzt wünsche ich mir, dass du recht haben magst.«
Es war stockfinster, als sie zur Landung ansetzten. Die einzigen Lichter am Boden kamen vom stahlblauen Landungsfeuer und von ein paar spärlich beleuchteten Betongebäuden. Als Bran sie aus dem Flugzeug geleitete, schlug ihr ein eisiger Wind entgegen. Lilian versuchte sich auf dem Rollfeld zu orientieren und schaute sich nach anderen Flugzeugen um. Vergeblich! Es schien ein kleiner Privatflughafen zu sein, jedenfalls landeten hier keine großen Maschinen, und als zwei schwarze Vans vorfuhren, sah sie, dass auch diese das Emblem von CSS trugen. Die Fahrzeuge hatten uniformierte Chauffeure, die ebenfalls das Emblem von CSS auf ihren Ärmelaufschlägen trugen. Der Fahrer ihres Wagens wartete einen Moment, während der Motor lief, und Lilian sah, wie jemand ihr Gepäck aus dem Jet holte und es in den Kofferraum lud.
John stieg im Wagen hinzu und setzte sich Lilian gegenüber. Im Halbdunkel zwinkerte er ihr vertrauensvoll zu. Dough hatte man mit Ruaraidh und den drei Soldaten in dem anderen Wagen untergebracht.
»Hat Bran dich gut unterhalten?«, fragte John und lächelte sie an.
»Es war eher umgekehrt«, sagte Bran, doch er lächelte nicht, sein Blick schien John zu durchbohren.
Lilian hatte aufgehört, sich über das Verhalten der Männer zu wundern. Erst
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