Die Teufelshure
Tages wieder in meinen Armen halten zu können.«
Lilian lächelte unsicher. »Kann es sein, dass du schon einmal versucht hast, mir deine Unsterblichkeit zu erklären? Damals auf einer Wiese am Lochy, als du mich gefragt hast, was ich dazu sagen würdest, wenn du unsterblich wärst?«
John stutzte, dann lächelte er. »Ja, ich erinnere mich an diesen Moment. Das war Anfang Juni 1648. Die Heuernte hatte schon begonnen.« Beinahe verträumt lenkte er seinen Blick in eine imaginäre Ferne. »Madlen … oder sollte ich besser sagen … du … wolltest, dass ich dich einfange. Du bist gerannt wie verrückt, dabei warst du hochschwanger. Ich hatte Angst um dich und das Kind und musste dafür sorgen, dass du dich nicht überanstrengst. Du hast dich gewundert, warum ich so schnell war. Als wir im frisch geschnittenen Gras lagen, dachte ich plötzlich, ich könnte dir verraten, was mit mir los ist, aber als du mich so seltsam angeschaut hast, hat mich der Mut verlassen. Ich wusste einfach nicht, wie ich es dir erklären sollte, ohne dich zu erschrecken.«
John stieß einen Seufzer aus. »Lilian, versteh mich nicht falsch. Ich muss wissen, wo die Quelle unserer Verbindung liegt. Ich meine nicht die metaphysische, sondern die molekularbiologische, wenn es denn eine gibt. Ich kann seit über dreihundert Jahren nicht aufhören, daran zu denken, wer dir das Kind aus dem Leib geschnitten haben könnte und was danach mit dem Ungeborenen geschehen ist.«
»Ich vermute, es hat überlebt«, flüsterte Lilian. »Und das allein ist der Grund, warum ich hier sitze. In meiner Vision habe ich zwei Männer gesehen. Der eine war groß und stark, und der andere war groß und knochig, und sein Gesicht sah aus, als wäre er eine Mumie, die jemand ausgewickelt hatte. Er hat das reglose Kind mit dem Finger berührt, und es hat sofort geschrien. Wenn es zwischen mir und Madlen eine genetische Verbindung gibt, muss eine Ahnenreihe vorhanden sein.«
John stockte der Atem. Er konnte sich denken, wer für das Leben des Kindes verantwortlich war. Es musste Bruder Mercurius gewesen sein. Nur er besaß solche Fähigkeiten. Aber das bedeutete auch, dass eine Verbindung von Lilian zu Cuninghame immer wahrscheinlicher wurde.
»Erzähl mir etwas von deiner Mutter«, sagte John, bemüht darum, sich nichts von seinen Befürchtungen anmerken zu lassen. »Du sagtest, sie wäre auch auf Sankt Munda beerdigt und dass sie etwas mit Madlen zu tun haben könnte.«
»O John.« Lilian schüttelte den Kopf. »Ich weiß so gut wie nichts von meiner Familie. Mein Vater hat nie darüber gesprochen, und meine Mutter starb, als ich noch klein war. Um dir zu helfen, müsste ich meinen Vater fragen, oder du müsstest mir ein Labor zur Verfügung stellen. Wir könnten eine DNA-Probe nehmen. Mein Haar, dein Haar – und schon wissen wir, was Sache ist. Es sei denn, das Kind war nicht von dir.«
Für einen Moment lang war John zu entsetzt, um etwas zu erwidern. Der Satz hing wie eine Gewitterwolke zwischen ihnen.
»Ein DNA-Vergleich mit meinem Zellmaterial ist nicht möglich.«
»Weil du nicht der Vater bist?«
»Ich war der Vater des Kindes.« Seine Stimme klang gereizt. »Wer sollte es sonst gewesen sein? Du … ich meine – Madlen war noch Jungfrau, als ich sie geschwängert habe. Trotzdem ist meine DNA nicht geeignet.«
»Und warum nicht?«
»Meine genetische Ausstattung hat sich durch den Eingriff verändert. Aber das gehört zur
langen
Geschichte.«
»Und was ist die kurze?«
»Madlen wurde getötet, und das Kind ist verschwunden.«
»Aber wer könnten die beiden Männer gewesen sein? Und warum könnten sie ein Interesse an einem ungeborenen Kind gehabt haben?«
»Im Bürgerkrieg kam es öfter vor, dass Schwangere von feindlichen Soldaten auf diese Weise geschändet wurden. Allerdings haben wir seit jenen Tagen mächtige Feinde, und so wie du es beschrieben hast, bin ich mir sicher, dass sie für den Tod von Madlen und für das Verschwinden des Kindes verantwortlich waren.«
»Wir? Hast du
wir
gesagt? Gibt es noch mehr von deiner Sorte?«
»Bran, Ruaraidh, Wilbur und noch ein paar andere.«
»Ach, du liebe Güte!«, rief Lilian verblüfft. »Und was ist mit euren Feinden? Haben die auch einen Namen und sind sie auch unsterblich?«
»Sie nennen sich ›Bruderschaft der Panaceaer‹. Vielleicht kannst du dich sogar an sie erinnern.« John blinzelte sie abwartend an.
»Nein, ich wüsste es, wenn ich den Namen schon einmal irgendwo gehört
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