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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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dem Schlaf. Das Bett neben ihr war schon wieder leer – so viel zum Thema
Ich lasse dich nie wieder alleine
. Als Lilian wenig später frisch geduscht und umgezogen in Jeans und Pullover an Brans Tür klopfte, verlangte sie eine Erklärung.
    »Wo ist John?«
    Der dunkelhaarige Schotte stand im schwarzen Kampfoverall vor ihr und musterte sie argwöhnisch. Ihr Blick war nicht weniger intensiv. Die plötzliche Gewissheit, dass auch er schon ein paar hundert Jahre auf den Buckel hatte, irritierte sie. Unwillkürlich stellte Lilian sich die Frage, wie man all die Erinnerungen verarbeitete, die sich im Laufe der Jahrhunderte angesammelt hatten, und wie man sie speicherte, ohne etwas durcheinanderzubringen.
    »Er wurde zur Sanitätsleitung gerufen«, erwiderte Bran so selbstverständlich, als ob man sie bereits mit der Organisation vertraut gemacht hätte. »Ein Notfall.«
    »Notfall?« Lilian überlegte, was es hier wohl für Notfälle gab und was das mit Johns Aufgaben zu tun haben konnte.
    »Er wird es dir später erklären«, beschwichtigte Bran ihren Eifer.
    Dough Weir erschien gähnend auf dem Korridor und spähte um sich. »Ist der Dritte Weltkrieg ausgebrochen? Oder was ist hier los?« Der Blick, den er Bran zuwarf, der sich mit Pistole und Kampfdolch neben Lilian wie ein Krieger postierte, wirkte abschätzig.
    Mit einem Mal wurde Lilian bewusst, dass sie selbst und Dough schon jetzt viel zu viel wussten, um jemals wieder ein normales Leben führen zu können, und abermals kam ihr der Gedanke, dass es besser gewesen wäre, wenn sie Dough aus der Sache herausgehalten hätte. Dafür jedoch war es nun zu spät.
    Bran gab zwei vorbeieilenden Söldnern ein paar knappe Anweisungen, dann wandte er sich wieder Dough und Lilian zu. »Es ist besser, wenn ich euch beide zum Frühstück in unsere Kantine begleite. Könnte sein, dass euch im Verlauf des weiteren Tages der Appetit vergeht. Und das wäre jammerschade.« Er grinste merkwürdig. »Denn das einzig wirklich Gute an diesem verfluchten Ort ist die Küche.«
    Schweigend folgten sie Bran, der es nicht eilig zu haben schien. Nachdem sie die Glastür zu einem weiteren Korridor hinter sich gelassen hatten, warteten sie vor einem hypermodernen Aufzug, der einzig auf Sprache reagierte. Die Tür öffnete sich, und Lilian erschrak. Vor ihr stand ein Krankenpfleger in einem weißen Kittel, der sich anschickte, eine fahrbare Trage mit einem völlig vermummten Patienten hinaus auf den Flur zu schieben. Die reglose Gestalt vermittelte den Eindruck einer frisch einbandagierten Mumie. Nur die Augen und die Nasenlöcher hatte man offen gelassen. Der Körper war umgeben von etlichen durchsichtigen Schläuchen, die aus den Verbänden heraus zu verschiedenen ebenso durchsichtigen Flaschen führten.
    Die darin enthaltene Flüssigkeit hatte sich offenkundig mit Blut vermischt. Lilian zweifelte nicht daran, einen Schwerverletzten vor sich zu haben. Nach Johns ominösen Erklärungen vermutete sie mittlerweile, sich in einem Soldatenlazarett zu befinden.
    Der Betreuer zog sich mit seinem Patienten in den Aufzug zurück, als er bemerkte, dass er offenbar in der falschen Etage gelandet war. Nachdem sich die Tür wieder geschlossen hatte, machte Bran den Vorschlag, dass man ebenso gut das Treppenhaus benutzen könne.
    »Was hatte der Typ?« Dough konnte seine Fragen nicht mehr zurückzuhalten. »Ist er verbrannt?«
    »So etwas Ähnliches.« Bran schien nicht bereit zu sein, sich mehr dazu entlocken zu lassen. Er hielt sich stur an sein Vorhaben und führte Lilian und Dough ein Stockwerk höher, direkt in die Kantine. Beim Eintritt erwartete sie eine nüchterne und doch geschmackvolle Einrichtung mit großen Meereswasseraquarien an den Wänden, in denen sich unzählige exotische Fische tummelten. An der Essenausgabe lockte ein riesiges Büfett mit einer großen Auswahl an exzellenten, internationalen Speisen, die so manchem Grandhotel Konkurrenz machen konnten. Es herrschte reger Betrieb, so dass Bran zunächst einmal nach einem freien Tisch Ausschau hielt.
    Überall saßen weißgewandete Gestalten, Wissenschaftler oder Ärzte, die sich bei einem gemeinsamen Frühstück angeregt unterhielten. Nicht weit von ihnen hatte sich eine Frau niedergelassen, die Doughs Aufmerksamkeit erregte. Sie hatte langes blondes Haar und war ausgesprochen gutaussehend, auch wenn ihr Gesichtsausdruck einen etwas maskenhaften Eindruck vermittelte.
    »Ist das nicht Helen Rotherford?«
    Lilians Kopf schnellte herum.

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