Die Teufelsrose
intelligent brauchen sie nicht zu sein. Simple Schlägertypen, das reicht. Wäre das möglich?«
Romanoff nickte. »Ja, wir haben auch in Nizza ausgezeich nete Verbindungen. Ich gebe Ihnen eine Adresse.«
»Großartig, ich hab doch gewußt, daß ich mich auf Sie ver lassen kann. Ich melde mich, sobald ich wieder da bin.« Er grinste und schlug Romanoff auf die Schulter. »Kopf hoch, alter Junge. Wird schon schiefgehen.«
12
Das Bauernhaus am Berg über St. Martin war mit roten, von der Sonne gebleichten Ziegeln gedeckt und wirkte mit seinem gedrungenen Turm an der Seite beinahe mittelalterlich. Devlin schaute zum Dorf weit unten im Tal, das durch ein schmales, im Zickzack verlaufendes Wegband mit dem Haus verbunden war. Die Nachmittagssonne wärmte seinen Rücken, er reckte sich faul, betrat wieder das Haus und ging in die Küche.
Anne-Marie stand am Herd und machte Ratatouille. Sie trug eine Tweedmütze, ein offenes Hemd und einen Overall, dessen Hosen in derben Stiefeln steckten.
»Wie gefällt es Ihnen?« fragte sie.
»Herrlich einsam. Man könnte hier glücklich sein … oder durchdrehen, je nachdem.« Sie lachte, und er fuhr fort: »Wie geht es Martin?«
»Schlief noch wie ein Murmeltier, als ich vorhin nach ihm sah.« Sie stellte die Kasserolle auf den Herd. »Ich hätte ihn am liebsten geknipst, aber ich wollte nicht riskieren, ihn zu wek ken. Er sah so anders aus.«
»Inwiefern?«
»Ich kann es nicht gut definieren. Sehr jung.«
Devlin machte eine Zigarette an und setzte sich kopfschüt
telnd. »Ich fürchte, das ist Wunschdenken, Mädchen. In Mar tins Generation gibt es keine jungen Männer mehr, in Ihrer übrigens auch nicht. Alle Hoffnungen, alle Ziele haben sich schon vor langer Zeit verflüchtigt, in den Sümpfen von Viet nam, in den Gassen von Ulster oder sonstwo.«
Sie drehte sich um, wischte ihre Hände mit einem Lappen ab und sagte ernst: »Ja, ich fürchte, Sie haben recht. Was unserer Generation fehlt, ist der Glaube, das Leben sei eine romanti sche Angelegenheit. Wir haben zu früh gelernt, daß Unaufrich tigkeit wichtig ist, um zu überleben.«
»Was ist denn das, die Tageslosung?«
Brosnan stand, bekleidet mit einem Wollhemd und Jeans, in der Tür. Er hatte eine Rasur bitter nötig, und seine immer noch schulterlangen Haare waren zottelig.
Anne-Marie sagte: »Du siehst ja aus wie ein …«
Sie suchte nach Worten, und er lachte. »Wie ein was? Ein gemeingefährlicher Sträfling auf der Flucht?«
»Pech gehabt.« Devlin warf ihm eine Zeitung hin. »AnneMarie ist vorhin im Dorfladen gewesen und hat den Nice-Matin gekauft. Du bist tot, alter Junge, und das ist amtlich.«
Brosnan las den Artikel, ohne eine besondere Regung zu zeigen. Anne-Marie sagte: »Fühlst du denn nichts? Gar nichts?«
»Eigentlich nicht.« Er fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. »Aber mir ist auf einmal nach frischer Luft und unberührter Landschaft. Könnten wir uns deine Schafe anguk ken?«
Sie sah Devlin an, und er nickte: »Raus mit euch beiden. Ich mache mir inzwischen eine Tasse Tee und lese ein bißchen.«
Brosnan und Anne-Marie gingen hinaus, und er schirmte seine Augen gegen die Sonne ab und schaute zu den Bergen hoch. »Die Schafe da oben?«
»Ja. Spanische Bergschafe.«
»Ganz schöne Kraxelei!«
»Oh, dem alten Louis – das ist mein Schäfer – macht das nichts. Er hat sein Leben lang nichts anderes getan. Mir würde es dann und wann auch ganz gut bekommen, aber ich mach's lieber so.«
Sie öffnete das Scheunentor, und Brosnan sah ein Motorrad. »Soll das heißen, du fährst mit dem Ding hinauf?«
»Dafür ist es gemacht. Kommt ebenfalls aus Spanien. Eine Montesa – für Speedway-Rennen. Im ersten Gang kann man runter bis auf einen Kilometer in der Stunde, wenn der Boden sehr schlecht ist. Ich fahre aber meist etwas schneller.«
»Na gut«, sagte Brosnan. »Versuchen wir's.«
»Gern.«
Sie schob das Motorrad nach draußen, stieg auf und ließ den Motor an. Er schwang sich auf den Rücksitz und legte die Arme um ihre Taille.
»Jetzt zeig mal, was du kannst.«
Sie legte den Gang ein und brauste los.
Die Montesa tat alles, was Anne-Marie gesagt hatte, nahm die steilen Hänge mit einem befriedigten Brummen, als sie aufdrehte, kletterte, als der schmale Weg zu Ende war, höher und höher, bis sie endlich auf einen Kamm rumpelten und die Schafe fanden, die über das
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