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Die Teythion Chroniken: Vorboten (German Edition)

Die Teythion Chroniken: Vorboten (German Edition)

Titel: Die Teythion Chroniken: Vorboten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Schwarz
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war er endlich in der medizinischen Abteilung im Hauptturm des weitläufigen Gebäudekomplexes von Viver-Tech Industries angekommen. Das kühle, kantige Firmenlogo zierte den Eingang zu jeder Etage. Ibana nahm es schon gar nicht mehr wahr. Er sprintete den in sterilem weiß gehaltenen Korridor hinunter, vorbei an einem verwaisten Empfangsschalter und ebenso leeren Abzweigungen. Zu dieser Tageszeit lagen die meisten Mitarbeiter schon seit Stunden in ihren Betten, Nestern oder woauch immer und träumten vor sich hin.
    Die Sohlen seiner Schuhe quietschten, als Ibana abrupt vor einer der Türen stehen blieb, die auf der linken Seite des Korridors in regelmäßigen Abständen die Wand durchbrachen. Er wühlte seine Zugangskarte aus der Kitteltasche und zog sie hektisch durch das Sicherheitsschloss neben der Tür. Mit einem kratzenden Rattern gab das Schloss den Zugang zum dahinterliegenden Raum frei. Die graue Metalltür schob sich seitlich in die Wand hinein, und der Arzt spurtete durch die entstandene Öffnung.
    Sämtliche Überwachungssysteme, an die sein Patient angeschlossen war, schlugen Alarm und gaben rote Warnungen aus. Der Mensch in dem Bett bebte vor Krämpfen.
    Ibana eilte zu dem niedrigen Schrank neben dem Bett und zog die oberste Schublade auf. Er griff hinein und holte ein schwarzes Medispray – ein zylinderförmiges, etwa acht Zentimeter langes Injektionsgerät, an dessen schmal zulaufendem Ende sich eine spitze, rundliche Düse befand – und eine etwa einen Zentimeter kleine gläserne Ampulle gefüllt mit grünlich leuchtender Flüssigkeit heraus. Anschließend schob er das winzige Glasbehältnis in die Ladevorrichtung am breiteren Ende des Medisprays, stellte den Mengenregler auf ein Viertel der Ampulle ein und war im Begriff dem Menschen die Flüssigkeit ins linke Handgelenk zu injizieren, als er plötzlich zögerte.
    »Halten Sie ihn so lange wie möglich am Leben, egal was dazu nötig ist« , hatte Rannes befohlen.
    Selbst, wenn es gegen mein oberstes Prinzip verstößt? , dachte Ibana und blickte auf die leicht vernarbte, grau verfärbte Haut am zuckenden Handgelenk seines Patienten.
    Wenn du ihm das Dusk nicht injizierst, werden ihn die Krämpfe umbringen und du verlierst nicht nur deinen Patienten, sondern auch deinen Job! , meldete sich eine mahnende Stimme zu Wort.
    Ibana seufzte und rammte die Spitze des Medisprays widerwillig gegen die Unterseite des Handgelenks. Dann drückte er den Daumen auf den kleinen Knopf an der Seitedes Medisprays und jagte dem Mann die Flüssigkeit in die Adern. Die Krämpfe flauten nahezu augenblicklich ab. Das Zucken erstarb und seine Vitaldaten normalisierten sich. Sein Patient war vorerst stabil, doch Ibana fühlte sich, als hätte er ihn mit dieser Handlung verraten und ihm vorsätzliches Leid zugefügt. Ginge es nach dem Arzt, so würde er dem Mann keinen weiteren Tropfen dieses Zeugs mehr verabreichen. Es war eine Sache, wenn sich sein Patient selbst in Raten tötete, aber etwas ganz anderes, wenn Ibana ihm dieses Gift verabreichte. Doch Victor Rannes, sein Vorgesetzter, hatte sich klar ausgedrückt: Er wollte, dass der Mann am Leben blieb, also sorgte Ibana dafür, selbst wenn er dafür gegen sein oberstes Prinzip verstoßen musste, um seinen Job zu behalten.
    Der Computer hatte die Analyse des Zellgewebes abgeschlossen und piepste aufgeregt, um seinen Benutzer darauf aufmerksam zu machen. Keine zwei Meter von der Scannereinheit entfernt saß Ibana an seinem Schreibtisch und tippte Notizen in sein Holo-Interface. Wieder einmal arbeitete er bis spät in die Nacht hinein. Eine Ablösung durch einen Kollegen war nicht in Sicht, denn Ibana war der einzige Doktor mit medizinischem Hintergrund, der bei Viver-Tech Industries beschäftigt wurde. Alle anderen angestellten Doktoren richteten ihr Augenmerk auf die Erforschung und Entwicklung neuer Technologien und waren kaum in der Lage, ein Laserskalpell richtig zu halten, geschweige denn jemanden damit zu operieren. Abgesehen von seinem ständigen Patienten, der im Zimmer nebenan lag, musste Ibana sich auch noch mit Arbeitsverletzungen herumschlagen, die bei der knapp eintausend Mitarbeiter starken Belegschaft des Viver-Tech-Komplexes auffallend häufig vorkamen. Außerdem wurden seine medizinischen Kenntnisse in letzter Zeit immer öfter bei einigen der von Rannes persönlich überwachten Tests und Experimente zu Rate gezogen. Die Informationshäppchen, die Ibana dabei zuteilwurden, beunruhigten den Arzt

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