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Die Tiefen deines Herzens

Die Tiefen deines Herzens

Titel: Die Tiefen deines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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als ich sie
gesehen
hatte, war ich zwei Jahre alt gewesen – und daran konnte ich mich natürlich nicht mehr erinnern!
    Meine Mutter und sie verstanden sich nicht sonderlich gut. Irgendein Streit war schuld daran. Er lag zwar schon viele Jahre zurück, war aber wohl so heftig gewesen, dass seitdem ziemliche Funkstille zwischen ihnen herrschte.
    Das Einzige, was ich darüber wusste, war, dass meine Mutter sich nach dem frühen Tod meiner Großeltern um ihre zehn Jahre jüngere Schwester gekümmert hatte. Die Zeiten damals müssen sehr hart für die beiden gewesen sein. Doch am meisten hatte es meine Mutter wohl getroffen, dass Clara sich, kaum dass sie volljährig war, zu einem Wochenendtrip nach London verabschiedet hatte, aus dem dann dreizehn Jahre geworden waren.
    Nun war Clara wieder zurück. Seit eineinhalb Jahren lebte sie zusammen mit ihrem englischen Freund Jamie McCourtney auf der Ostseeinsel Usedom und betrieb dort eine kleine Bed-and-Breakfast-Pension.
    Meine Mutter machte keinen Hehl daraus, dass sie noch immer schwer enttäuscht von Clara war und dass sie sie für egoistisch und extrem verantwortungslos hielt.
    Warum sie dann ausgerechnet mich, ihre einzige Tochter, in die Höhle des Löwen oder in diesem Fall in die Höhle der
Egoistin
schickte, sollte ihr Geheimnis bleiben. Egal, wie sehr ich mich dagegen wehrte, sie war unerbittlich.
    Meinem Vater gelang es schließlich, mich umzustimmen.
    »Leni, glaub mir, wenn es nicht so enorm wichtig für deine Mutter wäre, würde ich ihren Entschluss nicht unterstützen. Dass Clara dich eingeladen hat, ist so etwas wie ein erster Schritt zur Versöhnung, denke ich.«
    »Aber warum lädt sie euch beide dann nicht gleich mit ein? Und überhaupt: Mama kann ihre Schwester doch nicht ausstehen?!«
    Mein Vater hatte mich wehmütig angelächelt. »Ja, das behauptet sie immer. Aber die Wirklichkeit sieht ganz anders aus, Leni.«
    Schließlich hatte ich eingelenkt. Zähneknirschend und eigentlich nur, weil mein Vater mich so inständig darum gebeten hatte. Ihm konnte ich nichts abschlagen. Das war schon immer so gewesen. Je öfter ich mich gegen meine Mutter aufgelehnt, mich über ihre beherrschte und manchmal auch sehr kühle Art aufgeregt hatte, desto mehr sah ich meinen Vater als meinen heimlichen Verbündeten, meinen Freund, mit dem ich über alles reden konnte …
    Mit einem lauten Quietschen kam der Zug zum Stehen und gleich darauf öffneten sich die Türen.
    »Dein Sitzplatz befindet sich in Wagen acht!«, rief mein Vater, während er schon mit meinem Rollkoffer im Schlepptau den Bahnsteig entlangeilte.
    Ich folgte ihm mürrisch.
    »Leni, jetzt komm schon!« Mein Vater stand auf den Stufen. Den Koffer hatte er bereits in den Zug gehievt. »Gleich fährt er ohne dich ab.«
    Umso besser!
    Ich drängte mich an ihm vorbei in den Waggon und wollte nach dem Koffer fassen, doch mein Vater bestand darauf, mich bis zu meinem Platz zu bringen. Allerdings änderte er sein Vorhaben schnell, als er einen Blick in den menschenverstopften Gang vor uns warf.
    »Okay, Leni, Schätzchen. Dann steige ich jetzt wohl doch lieber wieder aus.« Er grinste, während er mich in die Arme zog. »Sonst hast du mich womöglich bis zum nächsten Halt auf deinem Schoß sitzen.«
    Ich erwiderte nichts. Schließlich war längst alles gesagt, und auch wenn er nun einen auf gute Stimmung machte, war nichts gut. Nur war es total sinnlos und überflüssig, erneut davon anzufangen.
    Also ließ ich mich von ihm auf beide Wangen küssen und hob zum Abschied die Hand, als er bereits wieder auf den Zugstufen stand und mir zurief: »Bis in drei Wochen. Pass gut auf dich auf. Ich hab dich lieb, Leni!«
    Ich dich auch, Paps, dachte ich. Obwohl ich gerade nicht mehr weiß, warum eigentlich.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis ich mich zu meinem reservierten Sitzplatz vorgekämpft hatte und es mir gelungen war, den Koffer in die Ablage über mir zu verfrachten.
    Als ich endlich saß, hatte sich der Zug schon wieder in Bewegung gesetzt.
    Ich blickte aus dem Fenster. Sah die Landschaft an mir vorbeifliegen. Dachte kurz an Usedom und was mich dort wohl erwartete. Wie meine Tante sein würde. Ob es zwischen uns total verkrampft wäre und ich vor Heimweh fast umkommen würde. Und war dann irgendwann bei dem Thema angelangt, um das meine Gedanken seit gestern Abend fast ununterbrochen kreisten. Bei Felix, meinem besten Freund, und dem, was gestern zwischen uns geschehen war.
    Ich hatte ihn zum Fußballspiel

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