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Die Tiefen deines Herzens

Die Tiefen deines Herzens

Titel: Die Tiefen deines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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stieg mir in die Nase. Zielstrebig führte Marc mich durch das Gedränge. Vorbei an einer Halle, über deren Eingang in großen schwarzen Buchstaben Borough Market stand, hin zu einem kleinen Stand unter gelbem Schirm.
    »Da ist er.« Marc deutete nach vorn. Wir schoben uns an ein paar Leuten vorbei und standen schließlich direkt vor einem kleinen Holztisch, auf dem zahlreiche duftende Köstlichkeiten zum Verkauf angeboten wurden.
    Marc bestellte zweimal die versprochene türkische Spezialität für uns und bezahlte, bevor ich auch nur daran denken konnte, mein Geld aus dem Rucksack hervorzukramen.
    »Da drüben gibt es Kaffee«, sagte er, nachdem er die Papiertüte mit dem Gebäck entgegengenommen und sich von dem Verkäufer verabschiedet hatte. »Ich besorge uns zwei Becher und dann suchen wir uns ein ruhiges Plätzchen, okay? Oder möchtest du etwas anderes trinken?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Kaffee ist perfekt.«
    Es dauerte dann aber noch eine ganze Weile, bis wir es geschafft hatten, dem Gedränge zu entkommen. Etwas abseits stiegen wir über einen halbhohen Mauervorsprung und betraten eine Rasenfläche, auf der es sich schon ein paar andere Menschen für eine kleine Frühstücks- oder Verschnaufpause gemütlich gemacht hatten.
    Als wir endlich einen freien Platz gefunden hatten, war der Kaffee in den Pappbechern nur noch lauwarm. Aber mir war es egal, ich war so berauscht von der Stimmung hier, so voll von Eindrücken, dass ich es kaum bemerkte.
    »Boah«, entfuhr es Marc. »Deshalb mag ich das Landleben so sehr.«
    Ich sah ihn verwundert an. »Das hätte ich gar nicht von dir gedacht.«
    »Was?« Marc zog die Augenbrauen in die Höhe.
    »Na ja, du machst auf mich eben mehr den Eindruck eines Großstädters. Ich dachte, das hier wäre absolut deins.« Ich deutete mit der ausgestreckten Hand um mich. Auf die vielen schwatzenden Menschen, den Markt, der vor uns lag, die beeindruckende Kathedrale hinter uns und auf den kleinen mit Tischen und Stühlen vollgestellten Innenhof, dessen Plätze bei diesem Traumwetter allesamt belegt waren.
    Marc schüttelte den Kopf. »Da irrst du dich. Das Leben hier ist mir echt zu hektisch. Die vielen Touristen nerven mich ohne Ende. Manchmal ist es okay, zum Beispiel jetzt gerade mit dir. Aber meistens ist es mir zu viel.«
    Ich schwieg überrascht. Marc hatte mir so oft von
seinem
London erzählt, und ich war automatisch davon ausgegangen, dass er die Stadt heiß und innig liebte.
    »Warum bist du dann nicht auf Usedom geblieben?«, fragte ich ihn. »Ich meine, dort ist es ländlich und ruhig und dennoch wunderschön.«
    Marc lachte leise auf. »Leni und ihre ewigen Fragen.«
    Ich knuffte ihn in den Oberarm. »Hey, du sollst dich nicht über mich lustig machen!«
    »Und du sollst jetzt endlich dein Baklava essen«, ordnete er an und reichte mir das Gebäck. Es war von dem Gedränge auf dem Markt leicht angedrückt, aber es schmeckte himmlisch. Süß und irgendwie locker und fest zugleich.
    »Hmmm«, entfuhr es mir. »Das ist der Hammer!«
    »Sag ich doch«, erwiderte Marc und grinste so stolz, als ob er es selbst gebacken hätte.
    Eine Weile saßen wir einfach nur so da, aßen die süße Köstlichkeit, tranken den lauwarmen Kaffee und beobachteten das geschäftige Treiben um uns herum.
    »Samstagvormittags wäscht mein Vater immer sein Auto«, kam es mir plötzlich in den Sinn.
    Marc sah mich irritiert an, verstand natürlich nicht, was ich ihm damit sagen wollte. Wie auch? Ich kapierte es ja selbst nicht so richtig.
    »Und ich liege in der spannendsten Stadt der Welt auf einer Wiese, vor mir eine wunderschöne alte Kathedrale, und esse mit meinem Freund klebrig süßes Baklava.«
    Marc lachte. »Du findest, dass London die spannendste Stadt der Welt ist? Wie viele andere Großstädte hast du denn schon gesehen?«
    »Außer Berlin, keine«, gab ich zu. »Aber das muss ich auch überhaupt nicht, ich bin mir sicher, dass es mir nirgendwo besser gefallen könnte als hier.«
    »Warum?«
    Ich drehte mich auf die Seite und stützte mich auf dem Ellbogen ab. »Weil ich mit dir hier bin«, erwiderte ich.
    Marc sah mich an. Die ganze Welt, die er mir zu Füßen legen wollte, schien sich in seinem Blick widerzuspiegeln. Dann küssten wir uns und vergaßen sie, diese Welt um uns herum. Berlin. London. Usedom. Völlig egal, wo wir waren, Hauptsache, wir waren zusammen.
    Es dämmerte schon, als wir unseren Tag durch London beendeten und vom Hyde Park aus Richtung Hotel

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