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Die Tiefen deines Herzens

Die Tiefen deines Herzens

Titel: Die Tiefen deines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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mich ein. Dann ist dein Blick so kalt, sind deine Worte so brutal. Dann will ich einfach nur noch weg von dir …«
    Er umfasste meine Oberarme, schob mich ein wenig von sich und sagte: »Ich liebe dich, Leni. Ich liebe dich, und es tut verdammt weh zu wissen, dass ich es trotzdem verbockt habe.«
    Ich biss mir auf die Unterlippe.
    »Und nun?«, flüsterte ich.
    Marc schloss die Augen. Seine langen dunklen Wimpern glänzten tränenfeucht. »Nun gehe ich. Denn wenn ich bleiben würde, würde ich es nur noch schlimmer machen …«

W enn du wissen willst,
wie das Licht wirklich ist,
gehe ins Dunkel.
(Aus Deutschland)
22
    Durch die schmalen Schlitze der Fensterläden fiel ein letzter Rest Tageslicht ins Wohnzimmer.
    Marc war fort. Er war einfach gegangen. Hatte mir einen letzten unendlich traurigen Blick zugeworfen und mir zum Abschied langsam über die Wange gestrichen.
    Ich konnte nicht glauben, dass er mich einfach hier zurücklassen, dass er mich den ganzen Weg bis zum nächsten Ort zu Fuß marschieren lassen würde.
    Aber es war noch schlimmer gekommen.
    Marc war fort und er hatte alle Fenster und Türen fest hinter sich verschlossen. Und ich saß in diesem gottverdammten Haus am Arsch der Welt fest. Ohne Handy. Ohne dass irgendjemand außer Marc davon wusste. Nur mit einem uralten Drehscheibentelefon an einer toten Leitung.
    Nachdem ich erst lange oben am Fenster gestanden und gehofft hatte, dass Marc zurückkehren würde, beschloss ich zu handeln. Ich stellte das Haus auf den Kopf. Suchte nach irgendeinem Ausgang. Dann nach geeignetem Werkzeug, mit dem ich die Haustür aufbrechen konnte oder die Fensterläden aufbekäme.
    Doch ich fand nichts. Keinen Hammer. Keine Axt. Keine Brechstange. Nicht einmal einen Schraubenzieher. Selbst als ich aus lauter Verzweiflung mit einem der Küchenstühle gegen ein Fenster donnerte, hatte ich keinen Erfolg. Zwar splitterte das Glas, aber die Läden dahinter blieben von meiner Attacke völlig unbeeindruckt. Mit zunehmender Hoffnungslosigkeit und dem Eintreten der Dämmerung verwandelte sich meine Niedergeschlagenheit in Panik.
    Nicht noch eine Nacht in diesem Haus, schoss es mir angstvoll durch den Kopf. Ich muss einen Ausweg finden. Jetzt. Auf der Stelle. Ich muss hier raus.
    In der ersten Etage befanden sich vor den Fenstern keine Läden. Aber die Entfernung nach unten war einfach zu groß, und es war auch kein Regenrohr in erreichbarer Nähe, an dem ich mich hätte hinunterlassen können. Einfach in die Tiefe zu springen, dazu war ich noch nicht bereit. Der Gedanke, mit gebrochenen Beinen allein am Waldrand zu liegen, war wenig verlockend. Da konnte ich besser unversehrt im Haus auf Rettung warten.
    Irgendwann musste sich doch mal eine Menschenseele hierherverirren. Spaziergänger, Wanderer, Naturliebhaber, Pilzesammler.
    Und wenn nicht?
    Ich ging noch einmal die Fenster ab und lehnte mich weit hinaus. Suchte nach einem Ausweg.
    Aber da war verdammt noch mal keiner. Mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung knallte ich das Schlafzimmerfenster zu und drehte mich um. Mein Blick fiel auf das zerwühlte Bett, und für einen Moment flackerte die Erinnerung daran auf, was hier beinahe geschehen wäre. Fluchtartig verließ ich den Raum, betrat die kleine Kammer daneben, öffnete auch hier das Fenster und schlug es gleich darauf enttäuscht zu. Sekunden später ratterte etwas übers Dach und dann machte es auch schon klirr und noch einmal klirr . Mit einer einzigen Bewegung war ich wieder beim Fenster, riss es auf und da sah ich sie: eine Eisenkette.
    Ich beugte mich weit hinaus und blickte nach oben, dorthin, wo die Kette so plötzlich hergekommen war. Sie war an einem metallenen Haken inmitten der roten Dachziegel befestigt. Keine Ahnung, wer sie dort angebracht hatte und was sie für einen Zweck erfüllte, aber das war mir auch vollkommen egal. Hauptsache, sie war da. Durch das heftige Zuschlagen des Fensters musste sie in Bewegung geraten sein und baumelte nun direkt vor dem Fenster bis gut einen Meter über dem Erdboden.
    Da war sie nun endlich, meine Möglichkeit zur Flucht.
    Auf einmal fühlte ich mich wie elektrisiert. Ich rannte die Treppe hinunter und schnappte meinen Rucksack vom Küchentisch.
    Ich war schon auf halbem Weg zurück, als ich wieder kehrtmachte. Besser, wenn ich etwas zu essen und zu trinken einpackte. Ich hatte ja keine Ahnung, wie lange ich unterwegs sein würde.
    Ich stürmte zurück, riss wahllos eine Packung Toast, Wasser und Schokolade aus den

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