Die Tiere in meiner Arche
Erfolggekrönt sieht. So war es auch bei unseren Bemühungen um zwei Tiere sehr verschiedener Arten. Das eine Tier war der Waldrapp, eine Ibisart, das andere die Jamaika-Ferkelratte, ein kleines Nagetier, das auf der Insel Jamaika zu Hause ist. Beide Tierarten sind vom Aussterben bedroht, und deshalb lag uns viel daran, daß baldigst Zuchtkolonien unter kontrollierten Bedingungen aufgebaut wurden.
Die Zukunft des Waldrapps sieht düster aus, und es scheint kaum eine Chance zu geben, daß er in der Wildnis überlebt. Er ist ein mittelgroßer Ibis mit einem langen, gebogenen Schnabel; mit schwarzem Gefieder, das in glänzendem Lila und Grün changiert, wenn es vom Licht getroffen wird; mit einem nackten, rötlich gefärbten Gesicht und einem merkwürdigen Schopf langer Federn am Hinterkopf. Es sieht aus, als trüge er eine gefiederte Perücke, die ihm nach rückwärts gerutscht ist und nun die kahle Stirn enthüllt. Diese Vögel leben in Kolonien und finden sich zu Brutgemeinschaften an Felshängen zusammen, um ihre Nester zu bauen und ihre Jungen großzuziehen. Es gab eine Zeit, da waren sie vom Nahen Osten über Nordafrika bis in die Schweiz hinein verbreitet.
Die Jagd auf ihre Nistplätze — die Jungen galten als kulinarische Delikatesse — und später die Vergiftung sowohl der ausgewachsenen als auch der jungen Vögel durch DDT und andere Pestizide führten dazu, daß sie aus vielen Gebieten ganz vertrieben und ihre Zahl stark reduziert wurde. Heute sind nur noch etwa 500 Paare übrig. Es gibt nur zwei bekannte Nistplätze: der eine befindet sich in Nordafrika, wo die Waldrapp-Bevölkerung rapide abnimmt — vermutlich infolge der Anwendung von Pestiziden — und wo völlige Zerstörung durch die Errichtung eines Staudamms droht; der andere liegt unglücklicherweise mitten in einem Dorf namens Birecek am Euphrat. In früheren Zeiten genossen die Vögel in diesem Ort einen gewissen Schutz; ihre Ankunft an ihrem Nistplatz wurde durch ein großes Fest angekündigt.
Doch das Dorf Birecek wuchs, die Einwohner wurden >zivilisierter< und >kultivierter<, und das Fest fand nicht mehr statt. Fast über Nacht schlug die Stimmung um. Man sah im Eintreffen der Vögel keinen Anlaß mehr zum Feiern, man betrachtete die Tiere nur noch als Plage — ekelhafte Geschöpfe, die so unmanierlich waren, die Einwohner von Birecek zu beschmutzen, wenn sie auf den Dächern ihrer Häuser schliefen. Kleine Jungen erschlugen mit Steinen die Jungen in ihren Felsnestern, während auf den Feldern, wo der ausgewachsene Ibis dem Menschen half, indem er die Insektenlarven fraß, die Erde unter einer Decke von Insekten Vernichtungsmitteln erstickt wurde. Obwohl die Internationale Naturschutzunion (IUCN) wie auch der World Wildlife Fund (WWF) sich bemühen, die Einheimischen dazu zu bewegen, die Vögel wieder zu schützen, scheint die Aussicht gering, daß diese Kolonie — mit 250 Paaren die größte — überleben wird. Für die Zukunft dieser Vögel scheint es nur, eine Hoffnung zu geben — daß ein kontrolliertes Zuchtprogramm aufgebaut wird, so daß man den Waldrapp später vielleicht wieder in solche Gebiete zurückführen kann, wo er früher einmal heimisch war, etwa in die Schweiz oder nach Nordafrika.
1972 erwarben wir vom Basler Zoo zwei Waldrapp-Paare. Sie waren noch jung, doch sobald sie ausgewachsen waren, machten sie einen erfolglosen Versuch zu nisten. Das Nest, das sie sich bauten, war keine sonderlich geniale Konstruktion, und die Eier, die sie legten, erwiesen sich als unbefruchtet. Kurz darauf, als die traurige Lage des Waldrapps in ihrem ganzen Umfang bekannt wurde, beschlossen wir, ein Zuchtprogramm in Angriff zu nehmen. Zunächst wollten wir versuchen, den Vogel in Gefangenschaft zu züchten, um die Arterhaltung sicherzustellen. Sodann wollten wir darauf hinarbeiten, die Vögel irgendwann in der Zukunft wieder in die Freiheit zurückzuführen. Zu diesem Zweck erwarben wir 1975 von der Universität Tel Aviv zwei weitere Pärchen.
Es zeigte sich bald, daß die Voliere, in der wir die Vögel untergebracht hatten, in irgendeiner Hinsicht unzulänglich war — jedenfalls in den Augen der Vögel. Wir kamen zu dem Schluß, daß wir, wenn wir Erfolg haben wollten, zwei Dinge tun mußten: der Voliere mehr Höhe geben, und den Vögeln einen Felshang bieten, an dem sie nisten konnten. Da uns für dieses Projekt die Mittel fehlten, unterbreiteten wir den Plan unserer Schwesterorganisation in Amerika und erhielten eine großzügige
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