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Die Tiere in meiner Arche

Die Tiere in meiner Arche

Titel: Die Tiere in meiner Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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sie im Stroh und rund um die Holzklötze Verstecken spielten. Manchmal schossen sie zu ihren geduldigen und geplagten Eltern hin, ließen sich auf ihren rundlichen, kleinen Gesäßen nieder und begannen Vater oder Mutter ins Gesicht zu schlagen. Wenn die Eltern davon genug hatten, pflegten sie das Kleine auf den Rücken zu rollen und behutsam in den Bauch zu beißen, während der Sprößling mit allen vieren um sich schlug und laut quiekte vor Vergnügen. Es war uns eine Freude, den wohlgenährten Kleinen bei ihrem ausgelassenen Spiel mit den Eltern zuzusehen; doch es war ernüchternd, sich daran zu erinnere, daß wir von jenem Tag an, als ich Nell Bourke das erstemal geschrieben hatte, drei Jahre gebraucht hatten, um diesen befriedigenden Erfolg zu erzielen.

    Gelegentlich kommt es natürlich vor, daß man gar nichts falsch macht. Es kann sein, daß die fragliche Tierart lange Zeit braucht, um sich einzugewöhnen und ihre neue Umgebung als heimisches Revier zu betrachten. Unsere Lemuren, sechs Arten sind es insgesamt, haben uns endlose Schwierigkeiten gemacht, und erst jetzt haben wir langsam das Gefühl, daß wir das Richtige tun und allmählich Fortschritte machen.
    Im Grunde lag das Problem meiner Ansicht nach darin, daß die Tiere eine ungewöhnlich lange Zeit brauchten, sich in ihrer neuen Umgebung einzuleben. Die madegassische Fauna, und insbesondere die Lemuren, befinden sich in einer ziemlich schlimmen Lage. Unter dem Druck einer stetigen Zunahme der menschlichen Bevölkerung, der wie immer zur gedankenlosen Zerstörung von Wäldern führte, um Acker- und Weideland zu gewinnen, wurde eine Situation geschaffen, die jetzt so weit gediehen ist, daß die natürliche Umwelt dieser großen und zoologisch interessanten Insel — die auf ihre Art so faszinierend ist wie Australien — in schwerer Gefahr ist. Es gibt einige Tierarten, die mit der Bedrohung durch die zahlenmäßige Überlegenheit des Menschen, mit seiner erbarmungslosen Zerstörung der Umwelt fertig werden; aber andere Arten, darunter viele Lemuren, werden wahrscheinlich innerhalb der nächsten fünfzig Jahre ausgestorben sein.
    Unsere Lemuren waren in verschiedenen, verstreut liegenden Häusern untergebracht worden. Obwohl sie munter und gesund waren, hatten sie niemals das Bedürfnis gezeigt, sich fortzupflanzen. Wenn wir einen ernstzunehmenden Beitrag zur Errichtung von Zuchtkolonien leisten wollten, sagten wir uns, dann brauchten unsere Lemuren eine neue Unterkunft.
    Unser neues Lemurenhaus besteht nach seiner Fertigstellung aus fünf Einheiten. Der überdachte Raum, der den Besuchergang einschließt, bietet den Lemuren heizbare Innenkäfige von je 2,4 X 1,5 m bei 2,7 m Höhe. Von dort geht es in die Außenkäfige, die 6 m lang, 2,4 m breit und 3 m hoch sind. Der Abschluß jedes Schlafraums und jedes Außenkäfigs am Ende ist aus Glas, so daß die Lemuren ungehindert die Besucher, und die Besucher ungehindert die Lemuren beobachten können.
    Von Anfang an fühlten sich die Lemuren — Vari, Komorenmaki, Mongoz und Katta — in ihrem neuen Heim wohl. Die Käfige blicken nach Süden und sind sehr weiträumig. Die Verpflegung der Lemuren war gewissenhaft ausgearbeitet worden. Wir hatten uns dabei von unseren eigenen Beobachtungen leiten lassen, uns aber auch die Erfahrungen von zehn anderen Lemurenkolonien, die in der ganzen Welt verstreut waren, zunutze gemacht. Jetzt, so meinten wir, brauchten wir nur noch die Hände in den Schoß zu legen und auf die Babywelle zu warten.
    Zu unserem Kummer und unserer Verwunderung kamen aber keine Babys. Trotz aller Enttäuschungen, die wir mit anderen Tierarten schon erlebt hatten, sind wir immer wieder bestürzt und bekümmert, wenn wir nach unendlichen Mühen, mit denen wir um das Wohl der Tiere besorgt waren, feststellen müssen, doch nicht das Richtige getan zu haben. Obwohl die Lemuren mit herzhaftem Appetit aßen, bei Tag und Nacht aus voller Brust sangen und sich so begeistert und ungeniert wie Teilnehmer an einer altrömischen Orgie begatteten, warteten wir doch vergeblich auf den Nachwuchs.
    Dann aber, nach langer Zeit, brachen endlich die Kattas den Bann. Polly, unser jüngstes Weibchen, brachte einen Sprößling zur Welt. Leider jedoch lag er tot auf dem Boden des Käfigs, als wir ihn fanden. Das Röntgenbild zeigte, daß in den Lungen keine Luft war, womit bewiesen war, daß der Kleine tot geboren und nicht gestorben war, weil die Mutter ihn vernachlässigt hatte. Der Autopsiebefund ergab, daß er

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