Die Tiere in meiner Arche
Nahrungsmittel, die wir verfüttern, zu analysieren, so daß wir genau wissen, was sie enthalten. Gleichzeitig werden wir möglichst umfangreiche Informationen darüberzusammentragen, wovon Tiere sich im wilden Zustand ernähren und inwieweit die Ernährung vom Wechsel der Jahreszeiten beeinflußt wird. Auf diese Weise können wir Vergleiche anstellen und, so hoffen wir, die Kost verbessern, die wir den Tieren füttern, können feststellen, was für Vitamine oder Mineralien fehlen und — das ist das wichtigste — wie am besten sich die zu fütternde Kost mit ihnen anreichern läßt. Zu diesem Zweck legen wir eine Versuchsgärtnerei an, in der wir ausgewählte Sträucher, Gemüse, Früchte und Kräuter anbauen wollen, denn es ist selbstverständlich zufriedenstellender, einem Tier das fehlende Vitamin oder Mineral in Form von Gemüse oder Früchten zu geben als in Tabletten. Vielleicht ergibt sich dabei auch der Nebeneffekt, zu entdecken, welche Kräuter, Gemüse und Früchte von den Tieren bevorzugt gegessen werden. Selbst bei einem geringen Nährwertgehalt, wären sie doch als Zusatzgaben oder als Abwechslung im Speiseplan sehr nützlich. Auch die verschiedenen Kräuter und Sträucher können der gewohnten Kost eine neue Würze geben, im Krankheitsfall sogar als Appetitanreger fungieren.
Es ist ferner notwendig zu erfahren — und wir hoffen, das wird uns gelingen, wenn wir die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung beobachten — , zu welcher Zeit des Jahres gewisse Nahrungsmittel gegessen werden und warum. Liegt es daran, daß das Nahrungsmittel nur zu einer bestimmten Zeit vorhanden ist, oder ist es das ganze Jahr über leicht verfügbar, und wird aus einem anderen, ganz spezifischen Grund nur zu dieser besonderen Zeit gegessen? Der Koala, ein extremer Nahrungsspezialist, bietet ein Beispiel für das, was ich sagen will. In seiner Ernährung beschränkt er sich auf die Blätter von zwei Eukalyptusarten. Zu bestimmten Zeiten des Jahres wechselt ein Koala von Art X zu Art Y, und zwar aus dem einfachen Grund, weil die Triebe und neuen Blätter der Art X, wenn sie im Wachstum sind, eine tödliche Menge an Blausäure enthalten.
Es ist von großer Wichtigkeit, daß wir über die Ernährungsweise und -gewohnheiten des wilden Tieres mehr in Erfahrung bringen; das Fehlen einer einzigen simplen Zutat kann über Erfolg und Mißerfolg entscheiden. Wenn man behauptet, daß die Tiere in der Wildnis manchmal eine Vorliebe für recht merkwürdige Leckerbissen an den Tag legen, so ist das keine Übertreibung. Es war beispielsweise bekannt, daß sich Krallenäffchen sowohl von lebenden Tieren wie Kletterfröschen, Eidechsen und jungen Vögeln nähren, als auch von Früchten und Knospen. Erst vor kurzem jedoch zeigte sich, daß zu ihrem Speiseplan noch zwei weitere erstaunliche Beilagen gehören: Harz und Fledermäuse. Das Harz holt sich das Tier, indem es mit den Zähnen Furchen in die Borke der Äste gräbt und dann den herausrinnenden Saft aufleckt. Die Fledermäuse werden gefangen, wenn sie bei Tag in hohlen Bäumen hängen.
Wenn die Möglichkeit besteht, daß wir eines Tages Tiere aus der Gefangenschaft wieder in die freie Wildbahn setzen, entweder um ein Gebiet zu bevölkern, wo die Art ausgestorben ist oder um einer gefährdeten Art zu helfen, dann gewinnt die Frage der Ernährungsweise noch größere Bedeutung. Ein extremes, wenn auch gar nicht unwahrscheinliches Beispiel möchte ich aufführen: Eine Eulenart, die seit sieben Generationen in Gefangenschaft lebt und daran gewöhnt ist, weiße Mäuse zu fressen, kann verhungern, wenn sie in der freien Wildbahn nur braune Mäuse findet. Noch ein Aspekt will bedacht sein: Die Mengen an Nahrung, die das Tier in der Wildnis findet, sind weit geringer als jene, die es bekommt, solange es behütet und umhegt in einem Käfig lebt. Es ist gut möglich, daß das Tier vor seiner Freilassung zur Vorbereitung auf reduzierte Kost gesetzt werden muß. Das sind natürlich alles Zukunftsprobleme, aber gerade auf dem Gebiet des Naturschutzes wird die Zukunft mit erschreckender Geschwindigkeit zur Vergangenheit. Das kommt daher, weil wir noch ganz am Anfang dieser Forschungsrichtung stehen.
Am Futter sparen ist falsche Sparsamkeit. Natürlich kann man sich einschränken. Wenn man feststellt, daß Karotten nahrhafter sind als Gewächshaustrauben, versucht man, Karotten zu füttern, die billiger sind. Aber ganz weglassen darf man die Weintrauben nie. Sie haben ihren Nutzen, wenn vielleicht
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