Die Tiere in meiner Arche
auf die Ferkelrattenjagd.
Zunächst mußten natürlich amtliche Genehmigungen eingeholt werden, da die Ferkelratte zu den wenigen einheimischen Säugetieren auf Jamaika gehört, die — obwohl sie regelmäßig gejagt und, wenn aufgestöbert, verspeist wird — streng geschützt ist. Diese paradoxe Einstellung trifft man übrigens leider nicht nur in Jamaika an. Nachdem alle Genehmigungen beschafft waren, heuerten Nell Bourke und Mary MacFarlane einen Ferkelrattenjäger mit dem wohlklingenden Namen Ferdinand Frator an. Diesem gelang es tatsächlich zur allgemeinen Überraschung — auch zu seiner eigenen — , drei lebende Ferkelratten einzufangen: Mutter, Vater und Kind. Nell Bourke hatte von mir bereits eine umfangreiche Liste mit Ratschlägen und Instruktionen bekommen, die sie auf dieses, wie ich glaubte, unwahrscheinliche Ereignis vorbereiten sollte. Dazu hatte ich ihr genaue Zeichnungen der Transportkisten geschickt. Sie sahen aus wie die Pläne der russischen Raketenabschußbasen in Kuba, und wenn man sie bei Mrs. Bourke gefunden hätte, wäre sie zweifellos verhaftet worden. Nach vielen Mühen und Beschwernissen wurden die Ferkelratten schließlich in ihre Transportkisten verfrachtet und per Flugzeug abgesandt. Nell Bourke schickte mir folgendes Telegramm: >Ankunft Ferkelratten Londoner Flughafen Flug BEA xxx. Beten Sie. Nell.<
Zu unserer Freude trafen alle drei Ferkelratten gesund und wohlbehalten ein, nicht im geringsten beunruhigt, so schien es, durch den langen Flug. Sie ähnelten großen, grünlich-braunen Meerschweinchen und hatten eine höchst amüsante Art, sich zu bewegen. Mit weit gespreizten Hinterbeinen, als hätten sie gerade ihre Hosen naßgemacht, watschelten sie umher. Als wir ihr Geschlecht prüften, stellten wir zu unserer Enttäuschung fest, daß das Junge ein Männchen war. Als ich Nell Bourke vom gesunden Eintreffen der Tiere benachrichtigte, fügte ich hinzu, daß es mir zwar fernläge, geschenkten Ferkelratten ins Maul zu schauen, daß aber ein Verhältnis von zwei männlichen Tieren zu einem weiblichen nicht gerade das gesündeste wäre, wenn man ein ernstzunehmendes Zuchtprogramm aufziehen wollte. Ob sie, erkundigte ich mich taktvoll, den edlen Mr. Frator wohl noch einmal in Dienst nehmen und versuchen könnte, einige Familien mehr zu beschaffen. Ich werde es Nell Bourke nie vergessen, daß sie es trotz all der traumatischen Erlebnisse, die sie beim Fang der ersten Ferkelratten durchgemacht hatte, auf sich nahm, nochmals auf die Jagd zu gehen. Zu unserer Überraschung und Freude war der Erfolg durchschlagend. Innerhalb kurzer Zeit also hatten wir vier Pärchen.
Nach unseren Erfahrungen mit dem ersten Trio waren wir zu dem Schluß gekommen, daß wir, wenn wir ein ernsthaftes Zuchtprojekt aufbauen wollten, den Tieren eine neue und bessere Unterkunft bieten mußten. Wieder stellte unsere Schwesterorganisation in den Vereinigten Staaten uns die Mittel zur Verfügung. Im Säugetierhaus bauten wir eine Reihe von Käfigen mit Glasfronten, von denen jeder mit hölzernen Tunnels und Schlafräumen ausgestattet, mit großen Holzklötzen möbliert und von rotem Licht erleuchtet war, das uns ermöglichte, die Tiere zu sehen, während die Tiere selbst das Gefühl hatten, in völliger Dunkelheit zu leben. Wir kehrten ihren Tag- und Nachtzyklus um, indem wir bei Nacht Lichter einschalteten, die wir bei Tag ausschalteten, wobei dann nur das rote Licht weiterbrannte. Innerhalb kürzester Zeit gewöhnten sich die Ferkelratten daran, während unseres künstlichen Tages friedlich zu schlafen und während der künstlichen Nacht, die wir geschaffen hatten, damit die Besucher sie beobachten konnten, munter ihren wichtigen Geschäften nachzugehen.
Wie bei den Waldrappen dauerte es auch bei den Ferkelratten nicht lange, ehe sie ihr Wohlgefallen an ihrer neuen Umgebung kundtaten. Binnen drei Monaten bescherte uns die erste Familie Zwillinge. Die Kleinen, etwas größer als Goldhamster, waren vom Moment der Geburt an voll bewegungsfähig, und sie aßen schon festes Futter, als sie erst vierundzwanzig Stunden alt waren. In rascher Folge zeigten dann zwei weitere Paare ihr Behagen an dem neuen Heim, indem sie für Nachwuchs sorgten, einmal Zwillinge und einmal Drillinge. Es war bezaubernd, den drei Elternpaaren mit ihren Jungen zuzusehen. Die Kleinen waren voller Temperament, watschelten eilig in ihren Käfigen umher, hüpften auf und nieder wie Gummibälle und stießen schrille, kleine Schreie aus, während
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