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Die Tiere in meiner Arche

Die Tiere in meiner Arche

Titel: Die Tiere in meiner Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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noch ein Vogelpaar geblieben und noch dazu eines, das sich nicht vertrug. Unsere Chancen, den Weißen Ohrfasan züchten zu können, standen gleich Null.
    Dann trat, wie wir meinten, die endgültige Katastrophe ein. Irgend etwas erschreckte den Hahn in der Nacht, er verfing sich mit einem Bein im Draht und zog sich eine schwere Zerrung zu. Er konnte nur mit Mühe laufen, und wir sagten uns entmutigt, daß er sich in diesem Zustand keineswegs mit der Henne würde paaren können, selbst wenn sie plötzlich einen Reiz auf ihn ausüben sollte, der ihm bisher verborgen geblieben war. Zu unserer grenzenlosen Überraschung jedoch fand er die Henne plötzlich attraktiv, und dank einer akrobatischen Wunderleistung gelang es ihm, sich mit ihr zu paaren. Als Folge dieses Moments der Wonne produzierte sie ihr erstes Gelege, insgesamt neunzehn Eier. Dreizehn der Küken konnten wir unter einer Pflegemutter, einer Zwerghenne, großziehen. Um sicherzustellen, daß sie keine Krankheit hatte, die sie an ihre Pflegekinder weitergeben konnte, wurde sie zuvor einer Kur mit einem Breitband-Antibiotikum unterzogen. Allmählich vergrößerte sich die Zahl unserer Weißen Ohrfasanen. Wenn wir die Erhaltung der Art in einer kontrollierten Umwelt sichern wollten, mußten wir Zuchtpaare an die Zoologischen Gärten von Washington, Antwerpen und Westberlin sowie an den Pheasant Trust und den Clères Zoo weitergeben — allerdings nur leihweise. Seitdem haben wir insgesamt 112 Vögel großgezogen und können es uns jetzt leisten, Pärchen an ausgesuchte Zoos und Vogelzüchter zu verkaufen. Das Geld aus diesen Verkäufen fließt in ein Sonderkonto, aus dem Käufe seltener Tiere für die Kollektion des Trust finanziert werden. Auf diese Weise helfen die Weißen Ohrfasanen jetzt anderen Tierarten, die ähnlich bedroht sind.
    Paarbildung und Jungenaufzucht — das ist bei den Tieren ein unendlich kompliziertes Problem. Abgesehen von den individuellen Zu- und Abneigungen der betreffenden Tiere, gibt es viele andere Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. Sind die Tiere, wenn sie in freier Wild- 1 bahn leben, außerhalb der Paarungszeit Einzelgänger? Wenn ja, so ergeben sich besondere Probleme. Bei unseren westafrikanischen Zibetkatzen zum Beispiel, die Einzelgänger sind, müssen wir beurteilen, wann das Weibchen in Hitze ist. Nur wenn das eingetreten ist, lassen wir das Männchen zu ihr hinein. Der Zibetkater beißt genau wie der Tiger bei der Paarung das Weibchen in den Nacken; wir können also nur mit Hilfe der Wunden am Hals des Weibchens feststellen, ob die Paarung stattgefunden hat. Dann holen wir das Männchen schleunigst aus dem Käfig, ehe ein, wirklich bösartiger Kampf ausbrechen kann.
    Wenn wir ein Pärchen haben, das in Glück und Frieden miteinander lebt und sich dennoch nicht paart, dann fragen wir uns, was wir falsch gemacht haben; denn wenn ein Tier nicht wegen körperlicher Mängel zur Paarung unfähig ist, dann können nur noch eine falsche Ernährung oder unzweckmäßige Unterkünfte daran schuld sein. In der Vergangenheit hat man allzu oft ein Tier ohne viel Federlesens als schwierig oder zeugungsunfähig abgestempelt, so, als wäre es die Schuld des Tieres und nicht die des Menschen, wenn es sich nicht normal oder wunschgemäß verhielt. Früher galt es zum Beispiel als »unmöglich«, Nashörner oder Nilpferde zu züchten, doch dann entdeckte man, daß sie sich durch die Anwendung eines kleinen Tricks relativ einfach züchten lassen. Diesen Trick gilt es herauszufinden.
    Ich habe immer die Meinung vertreten, daß es keine Tierart gibt, die nicht mit Erfolg auch unter kontrollierten Bedingungen gehalten und gezüchtet werden könne, vorausgesetzt, man hat den >Trick< entdeckt. Was ich damit meine, ist ganz einfach und erscheint fast zu simpel, wenn ich es aufzählen will, denn der >Trick< kann alles mögliche sein: Das Finden des richtigen Geschlechtspartners, der geeignete Raum für die Geburt, die richtige Ernährung, die angemessene Nahrungsmenge, wenn das weibliche Tier trächtig ist, oder vielleicht auch nur die richtige Anzahl von Seilen, an denen gut zu klettern und zu schaukeln ist. Der kleine Trick hilft immer; der Fantasie und dem Einfallsreichtum des Menschen bleibt es überlassen, ihn zu entdecken. Gern würde uns das Tier dabei helfen, wenn wir seine Sprache verstehen könnten.
    Es ist ein herrlich befriedigendes Gefühl, wenn man endlich den Trick entdeckt hat und seine Anstrengungen augenblicklich von

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