Die Tiere in meiner Arche
sie Jambo. Wenn sie auch nicht die schwärmerisch anbetende Liebe von Nandi zeigte, so gab sie sich doch den Genüssen der Fleicheslust rückhaltlos hin. Doch kaum war die Hitzeperiode vorbei, da stellte N’Pongo die frühere Beziehung zu Jambo wieder her. Sie mußten erneut getrennt werden. Obwohl sie im Laufe der Monate etwas duldsamer wurde, fand sie ihn im Grund nur dann akzeptabel, wenn sie in Hitze war. Uns hätte es vieles erleichtert, wenn sie in Harmonie mit ihm zusammengelebt hätte, aber wir mußten dankbar genug sein, daß sie sich wenigstens mit ihm gepaart hatte. Das war schließlich die Hauptsache. Auch Nandi war, als sie in Hitze geriet, von ihm beglückt worden, und jetzt konnten wir nur noch warten und hoffen, daß beide Weiber fruchtbar waren, gesunde Nachkommen zur Welt bringen und sich als gute Mütter erweisen würden.
Endlich erhielten wir aus dem Labor die aufregende Nachricht, daß beide Weiber schwanger waren. Nandi kam als erste nieder. Dieser Geburtstag unseres ersten Gorilla war ein Tag, den wir nie vergessen werden. Er war nicht nur für uns persönlich von großer Bedeutung, sondern ganz allgemein, da es ja erst in den sechziger Jahren das erstemal gelungen war, einen Gorilla in Gefangenschaft zu züchten und seitdem nur 47 dieser Tiere großgezogen werden konnten. Wir hofften sehr, daß Nandis erste Niederkunft keine Komplikationen bringen würde. Mit Hilfe einer Fernsehkamera, die wir im Käfig installiert hatten, konnten wir Nandi rund um die Uhr beobachten und dank dieser Einrichtung sahen wir eines abends gegen acht Uhr, daß bei Nandi die Wehen einsetzten. Augenblicklich trat die Operation Gorilla in Kraft.
Im Laufe der Monate, während Nandi und N’Pongo immer rundlicher wurden, hatten wir die notwendigen Vorkehrungen getroffen, um für jede Eventualität gewappnet zu sein. Wir konnten nicht davon ausgehen, daß beide Gorillas sich als gute Mütter erweisen würden, und wir konnten auch nicht davon ausgehen, daß die Geburten ohne Schwierigkeiten verlaufen würden. Deshalb mußte jede Möglichkeit, vom Kaiserschnitt bis zu der Notwendigkeit, die Kinder von den Müttern zu trennen und mit der Flasche großzuziehen, in Betracht gezogen und dafür Vorsorge getroffen werden. Für den letzteren Fall hatten wir ein Zimmer im Manor als Kinderstube eingerichtet. Es hatte ein Waschbecken und Schränke. Wir installierten unsere zwei Brutkästen und stellten für später, wenn die Kinder größer wären, große Wäschekörbe hinein, die als Betten und Spielkisten dienen konnten. Die Wände und die Decke dekorierten wir mit ausgeschnittenen Walt-Disney-Figuren. Für eine gleichmäßige Temperatur im Kinderzimmer sorgte ein Thermostat. Außerdem bauten wir eine Waschmaschine und einen Trockner für die Windeln ein. Auch Vorräte an Babyöl, Babylotion, Milchflaschen, Thermometern und Gummihosen lagen parat. Für die Einrichtung dieses Kinderzimmers hatten wir viel Geld ausgegeben und viel Zeit und Mühe investiert, trotzdem hofften wir sehr, daß wir es nicht würden brauchen müssen.
Als bei Nandi dann an jenem denkwürdigen Abend die Wehen einsetzten, hatten wir jede menschenmögliche Vorsichtsmaßnahme getroffen. Alles andere war jetzt Nandis Sache. Wir konnten nur zusehen und bereit sein zu helfen, wenn es notwendig werden sollte.
Die Nacht war zermürbend. Von der ersten Wehe bis zu dem Moment, als Nandi das Baby in ihren Armen hielt, vergingen neun Stunden und vierundzwanzig Minuten. Unseren Informationen zufolge hatte in den anderen Zoos eine Gorillageburt noch nie so lange gedauert. Das Junge wurde in Gesichtslage geboren, daher die ungewöhnlich langen Wehen. Es kam ein Moment, als Nandi die bisher längste bekannte Geburtsdauer überschritten hatte, wo wir ernsthaft, wenn auch widerstrebend daran dachten, einen Kaiserschnitt vorzunehmen. Dann jedoch entschieden wir uns dagegen, da Nandi, wenn sie auch Schmerzen litt und unruhig war, körperlich in guter Verfassung war. Wir beschlossen, noch zu warten; ein Kaiserschnitt ist eine Operation, die man nur vornimmt, wenn es nicht mehr anders geht. Zum Glück wurde Nandis Kind geboren, ehe die Frist um war, die wir uns gesetzt hatten.
Von der ersten Wehe an bis zum Moment der Geburt, wurde alles, was Nandi tat, aufgeschrieben. Es entstand eine Art Logbuch von insgesamt 260 Eintragungen, einer der umfassendsten wissenschaftlichen Beobachtungsberichte, die von einer Gorillageburt je gemacht wurden. Nandi säuberte ihr Baby sehr
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