Die Tiere in meiner Arche
Tier hat im Auge einen Stein, auch Yena genannt, von dem man glaubt,, daß er einem Menschen die Fähigkeit verleiht, in die Zukunft zu sehn, wenn er ihn unter die Zunge steckt. Es stimmt, daß ein Tier, wenn ein Yena dreimal um es herumgeht, sich nicht mehr rühren kann. Aus diesem Grunde wird behauptet, daß es eine Art Zauberkraft besitzt.
In einem Teil von Äthiopien paart es sich mit einer Löwin, und aus dieser Verbindung geht ein Ungeheur hervor, das als Crotote bekannt ist. Dieses kann die Stimmen von Menschen nachahmen. Es heißt, daß es seinen Kopf wegen seines steifen Rückgrats nicht nach rückwärts wenden kann und in dieser Richtung nichts sieht. Es hat kein Zahnfleisch im Mund, und einen starren Zahnknochen, der wie ein kleiner Kasten zuklappt, so daß er durch nichts abgestumpft werden kann.«
T. H. WHITE — The Book of Beasts
»In der Forschung sind Wildtiere oft das Rohmaterial der Zoologie, und ihr Weiterleben ist aus diesem Grunde wesentlich. Wir müssen über unsere eigene Entwicklung, unser Verhalten, unsere Krankheiten und vor allem über unsere Beziehungen zur natürlichen Umwelt noch viel lernen. Der Mensch hat die Macht, die Natur bis zu einem gewissen Grade unter seine Kontrolle zu bringen; gleichermaßen jedoch ist er ein Teil dieser Natur, und wenn er sich selbst besser verstehen will, dann kann er sich nur im engsten Zusammenhang mit der Natur und den Wildtieren sehen.«
CAROLINE JARVIS — The Value of Zoos for Science and Conservation
Märchen, Fakten und Notizen
Es ist augenscheinlich, daß der Mensch von den ökologischen Zusammenhängen auf dieser Erde immer noch viel zu wenig weiß. In vielen Teilen unseres Planeten zerstören wir mit so beängstigender Geschwindigkeit, daß nicht einmal Zeit bleibt, dem, was wir zerstören, einen Namen zu geben oder es wissenschaftlich zu beschreiben, geschweige denn, seine biologische Bedeutung zu entdecken. Man sollte aber nicht vergessen, daß wir, wenn wir eine Tier- oder Pflanzenart ausrotten, damit eine Reihe anderer Geschöpfe gefährden oder vernichten, deren Existenz von der ausgerotteten Art abhängig ist. Wenn man einen Baum fällt, dann tötet man nicht nur einen Baum, sondern man zerstört gewissermaßen eine große, geschäftige Stadt; so viele verschiedene Geschöpfe nämlich leben in und vom Baum. Was wir tun, kann weitreichende Wirkungen haben; Wirkungen, die letztlich die Menschheit zu spüren bekommt, und zwar auf höchst unangenehme Weise. Ein englisches Sprichwort besagt, >Man kann die Natur mit der Mistgabel austreiben, aber sie kommt immer zurück<. Damit trösten sich viele Menschen. Doch das Wort, auf das man hier achten sollte, ist >Mistgabel<. Als die Mistgabel noch die modernste Waffe im Kampf des Menschen gegen die Natur war, hat das natürlich gestimmt; jetzt aber vertreibt man die Natur mit Pestiziden, Planierraupen, Kettsägen, mit von Menschen herbeigeführten Überschwemmungen oder produziertem Schmutz. Man geht so erbarmungslos, gründlich und rasch vor, daß sie gar nicht zurückkehren kann.
Ich bin es oft sehr müde, mich von den Leuten fragen zu lassen, wozu die Tiere, die ich zu erhalten versuche, eigentlich gut sind. Welchen Nutzen kann irgend ein obskures Tropengeschöpf für einen Menschen in Sydney, Chicago, Stalingrad oder Peking haben?
Die Antwort ist zweiteilig. Zunächst einmal besitzen wir nicht das geringste moralische Recht, eine Art, deren Entwicklung Millionen von Jahren gedauert und die auf ein Leben auf diesem Planeten das gleiche Recht hat wie wir, einfach auszurotten. Tatsächlich hat sie auf ein Leben hier sogar mehr Recht als wir, da sie nicht versucht hat, die ihr von der Natur gesetzten Grenzen zu überschreiten, und in den meisten Fällen folglich dem Wohl ihrer Umwelt dient.
Zweitens, wenn man schon die arrogante und gottähnliche Haltung einnehmen muß, daß ein Ding nur ein Existenzrecht hat, wenn es dem Menschen nützt — dieses Kapitel der Schöpfungsgeschichte hat einiges zu verantworten — , dann ist die Antwort auf die Frage: »Wozu sind sie gut?« ganz einfach die, daß wir bis jetzt auch nicht die geringste Ahnung davon haben, was für die Menschheit gut und was für sie nicht gut ist.
Wenn wir die Welt zu unserem Wohl manipulieren wollen, ohne sie zu zerstören, dann müssen wir erst einmal wissen, wie die Welt funktioniert, und wir müssen uns darüber im klaren sein, daß vielleicht gerade irgendein unbekanntes, scheinbar nutzloses Geschöpf für uns von
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