Die Tiere in meiner Arche
sich auf den Boden und schob die Hände zwischen den Stangen hindurch. Tunku setzte sich dann auf die offenen Hände seines Vaters und ließ sich auf und nieder heben. Diese Übung schien sowohl dem Vater als auch dem Sohne großen Spaß zu machen. Als der Kleine dann kräftig und beweglich genug war, wurde Gambar zu ihm und Gina hineingelassen. Er benahm sich tadellos. Manchmal kletterte und tobte Tunku erbarmungslos auf seinem Vater herum, dann wieder ließ sich Gambar geduldig an den Haaren ziehen, erlaubte, daß sein Sohn jedes Detail seines Körpers erforschte, ihm mit den Fingern in die Augen bohrte, ihm sogar Futterstücke aus dem Mund zog.
Die meisten Menschenaffen können aufrecht gehen, aber nur über kurze Strecken und oft mit eingeknickten Knien. Gambar jedoch konnte mit absolut geraden Beinen gehen, die Füße flach auf den Boden gedrückt. Er marschierte so großspurig einher wie ein korpulenter Brigade-General im Ruhestand, der sich an der Strandpromenade von Brighton ergeht. Und er hält das nicht nur kurze Zeit durch, sondern spaziert gelegentlich ziemlich lange im Käfig umher, auf dem Gesicht einen strengen Ausdruck, als nähme er die Parade einer Ehrengarde ab. Das allein zu beobachten, war erheiternd genug; doch wenn Gambar auf diese Weise umherstolzierte und dabei seinen kleinen Sohn auf seinen riesigen Händen trug, dann war das unwiderstehlich komisch.
Wie kompliziert es ist, unter Tieren eine glückliche Ehe zu stiften, kann am Beispiel unserer Gorillagruppe demonstriert werden. Bei unseren Bemühungen, mit diesen Tieren eine Zucht aufzubauen, passierte uns so ziemlich alles, was passieren kann. Wie ich schon früher erwähnte, erwarben wir das Weibchen, N’Pongo, als sie schätzungsweise zweieinhalb Jahre alt war. Dann bekamen wir Nandi, ebenfalls ein weibliches Tier, das etwas jünger war. N’Pongo zeigte sich von Anfang an als ausgesprochen extravertiertes Wesen mit einer heiteren Veranlagung und festen Vorstellungen von ihrer eigenen Wichtigkeit. Obwohl sie Nandi auf Anhieb gern hatte, ließ sie keinen Zweifel daran, daß dieser Zoo, in dem sie lebten, ihr Zoo war, daß die Wärter ihre Freunde waren, und daß Nandi gut daran täte, das nie zu vergessen. Sie war zu lieb und zu gutmütig, um sich zur sadistischen Tyrannin zu entwickeln, wie das bei vielen anderen Tieren unter solchen Umständen der Fall ist. N’Pongo begegnete Nandi mit großer Zuneigung, aber auch sehr bestimmt. Fünf Jahre lang lebten die beiden in einer Beziehung miteinander, die von gegenseitiger Zuneigung und Achtung bestimmt wurde, wobei N’Pongo in vieler Hinsicht die Rolle des Männchens übernahm. Es war eine Freundschaft, die in einer Mädchenschule vielleicht als ungesund bezeichnet worden wäre.
Zu dieser.Zeit begannen unsere Schwierigkeiten, einen männlichen Gorilla zu beschaffen, und allmählich sah es so aus, als würden N’Pongo und Nandi ihr Leben als unberührte alte Jungfern beschließen müssen. Diese Vorstellung war uns natürlich furchtbar. Doch dann bot Ernst Lang uns Jambo an. Das war in vieler Hinsicht ein Riesenglück. Ernst Lang war in Europa der erste gewesen, dem es gelungen war, einen Gorilla, die berühmte Goma, in Gefangenschaft großzuziehen, und seit diesem sensationellen Durchbruch — denn von Gorillas hieß es immer, man könnte sie in Gefangenschaft nicht züchten — war seine Gorillafamilie immer weiter gewachsen. Jambo war einer der männlichen Sprößlinge der Familie. Er war nicht nur in einem Zoo aufgewachsen, sondern er selbst war der Vater eines jungen männlichen Gorillas, dessen Mutter seine Schwester war. Das bedeutete, daß Jambo kein unerfahrener Teenager war; er war ein fruchtbarer junger Mann mit Erfahrung.
Das war von großer Wichtigkeit, denn in der Welt der Menschenaffen gibt es viele Dinge, die anhand von Vorbildern erlernt werden, und dazu scheint auch die Paarung zu gehören. Ein Menschenaffe, der ohne Kontakt mit der Gruppe großgezogen wurde, kann unglaublich unbeholfen und, in manchen Fällen, in der Liebe ein völliger Versager sein, einfach weil ihm nie etwas gezeigt wurde. Jambo jedoch hatte nicht nur von seinem Vater und seiner Mutter Achilla gelernt, sondern er hatte auch bewiesen, daß er die Demonstrationen mit Aufmerksamkeit verfolgt hatte. Was ihn zudem noch empfahl, war die Tatsache, daß er genau im richtigen Alter war, um der Ehemann von N'Pongo und Nandi zu werden. Ernst Lang hatte seine Tugenden in Briefen gerühmt, und es waren, ähnlich
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