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Die Tiere in meiner Arche

Die Tiere in meiner Arche

Titel: Die Tiere in meiner Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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wie früher bei königlichen Heiratsabsprachen, Fotografien ausgetauscht worden. Wir erfuhren, daß Jambo außergewöhnlich kräftig und ungemein schön war, schwarz aber stattlich, mit einem recht humorvollen Zug im Gesicht. Wir waren alle davon überzeugt, daß er der ideale Gatte war. Nun mußten wir nur noch abwarten, ob die beiden Damen mit uns einer Meinung waren.
    Einander fremde Tiere miteinander bekanntzumachen, ist so aufregend, daß einem dabei beinahe das Herz stehenbleibt. Werden sie aufeinander losgehen, und wenn ja, werden dann die Gummischläuche, die Eimer voll Wasser, die Mistgabeln auch nur die geringste Wirkung haben? Und wenn nicht, werden sie einander dann einfach ignorieren? Oder werden sie einander nur anfangs ignorieren und später, wenn ein trügerisches Gefühl der Sicherheit aufgekommen ist, aufeinander losgehen? Wenn sie einander tatsächlich ignorieren, heißt das dann, daß sie vielleicht allmählich Gefallen aneinander finden werden, oder waren alle Mühen und Kosten umsonst? Jeder, der sich einbildet, daß alle Individuen einer Art unter gegebenen Umständen sich auf die gleiche Weise verhalten, hätte dabei sein sollen, als wir Jambo mit N’Pongo und Nandi bekanntmachen. Es war in jedem Sinn des Wortes eine klassische Szene.
    Wir hatten die Weiber in eines der drei Abteile des Schlafraums eingesperrt, so daß sie durch die Gitterwand in den dritten Schlafraum hineinsehen konnten, in den wir Jambo bringen wollten. Zwischen dem Mann und den beiden Weibern befanden sich also ein Abteil des Schlafraums und zwei Gitterwände. Auf diese Weise war eine Pufferzone geschaffen worden, und so konnte jedes Risiko vermieden werden, bis wir uns eine Vorstellung davon machen konnten, wie die drei Gorillas auf unsere Pläne reagieren würden. N’Pongo und Nandi merkten an all der ungewohnten Geschäftigkeit, daß etwas Ungewöhnliches vorging, aber sie hatten keine Ahnung, worum es sich handelte, da Jambo noch immer unsichtbar in seiner Transportkiste saß.
    Der Augenblick kam, der Schieber an Jambos Kiste wurde hochgehoben, die Tür zum Schlafraum wurde aufgeschoben, und Jambo, massig und kohlschwarz, von einer Wolke des knoblauchähnlichen Geruchs umgeben, der dem Gorillaschweiß eigen ist, stolzierte mit vorgeschobenen Schultern wie ein Profiboxer der Schwergewichtsklasse in den Käfig. Ersah sich mit einem raschen, alles umfassenden Blick um, bemerkte die beiden Weiber, ließ jedoch keine Reaktion erkennen. Einen Moment lang kauerte er nieder, um sich gebieterisch umzublicken, dann begann er gemessenen Schritts einen Spaziergang durch den Schlafraum, wobei er jeden Winkel und jede Nische mit Interesse musterte, die beiden Weiber jedoch immer noch vollkommen ignorierte. Die Wirkung seines Gehabes auf die Weiber war faszinierend. Beide waren, als sie den Schieber gehört hatten, hervorgekommen und hielten gespannt Ausschau; doch als Jambo, dunkel und schön, in ihr Gesichtsfeld trat, reagierte jede auf eine uns völlig unerwartete Weise.
    Wir hatten geglaubt, daß, wenn eine der beiden überhaupt sofortiges Interesse zeigen sollte, es die freundlich veranlagte, extravertierte N’Pongo sein würde. Nandi neigte immerzu Mißtrauen und Verschlossenheit. Doch kaum kam Jambo in Sicht, da maß N’Pongo ihn mit einem gründlichen Blick, wandte sich ab und ging davon. Die Haltung ihres breiten Rückens verriet abgrundtiefe Verachtung. Sie gab mit Entschiedenheit zum Ausdruck, daß sie am anderen Geschlecht und an Jambo im besonderen kein Interesse hatte. Die Wirkung auf die reservierte Nandi war ganz anders und bezaubernd in ihrer Komik. Nandi hockte ein wenig abseits vom Gitter, als Jambo in ihr Blickfeld kam. Sie warf nur einen Blick auf die massige Gestalt und reagierte so, wie etwa ein Schulmädchen reagieren würde, wenn plötzlich ihr Lieblingspopsänger, nur mit einer Gitarre bekleidet, in ihr Schlafzimmer träte. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht zeigte Ungläubigkeit und grenzenlose Verwunderung; nichts hatte sie auf dieses Wunder vorbereitet. Niemand hatte ihr erzählt, daß es so etwas wie einen schönen männlichen Gorilla überhaupt gab. Sie warf einen langen Blick auf Jambo und verliebte sich unsterblich in ihn.
    Es tut mir leid, wenn diese Schilderung unwissenschaftlich und anthropomorph klingt, aber in der nüchternen Sprache des Biologen kann man diesen Moment nicht beschreiben. Nandi schlenderte zum Gitter, ohne den Blick von dieser herrlichen Erscheinung zu wenden, und klammerte sich

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