Die Titanic und Herr Berg
ist er ein Kreis. Küss die Füße. Ich sehe ihm jedes Mal an, wie wichtig ihm jede kleine Aufgabe seiner Latzhosenexistenz ist. Er schaut ernsthaft, die Augen sind gerahmt von Falten wie getrockneter, rissiger Schlamm. Er hat mehr als eine hohe Stirn. Seine Stirn reicht bis zum Nacken und über den Ohren strubbeln sich die restlichen Haare zu Uhupuscheln, damit man ihm gleich ansehen kann, dass er ein komischer Kauz ist. Ich frage mich, Peter, frage ich mich, wenn du eine Frau wärst, versuch es dir vorzustellen, Titten, Mumu, alles da, ein Herz aus Sahne, nur rosa Würfelchen kacken, eine richtige Frau, und du wärst Single, kannst dir schmerzfrei Ally McBeal ansehen den ganzen Tag, arbeitest was Soziales mit behinderten Tierkindern … könntest du so einen Mann begehren? Herr Fehrmann heißt er. Herr Fehrmann kommt zu dir, weil Sat1 schneit, deine Raschelmöse ist fast zugewachsen, du kannst dich erinnern, dass es geil ist, wenn ein Mann sein Schwert reinschiebt und dabei aussieht, als ob er ein ganzes Land erobert, und dein Kissen bringts nicht mehr … könntest du diesen Mann anfassen, dich anfassen lassen, ohne dass es dich schüttelt, als ob du an einem Scheuerlappen aus einer Ausnüchterungszelle riechst? Ich könnte einfach nicht in seine gelblichen Augen sehen. Er hat Raucheraugen. Mit mir selber würde ich auch nicht schlafen. Meine Augenbrauen sehen aus wie Ameisenfühler, als ob sie jemanden angreifen wollen. Ich kann sie glatt streichen, aber sie stellen sich immer wieder auf. Das wird immer schlimmer, je älter ich werde.
Herr Fehrmann ist ein armes Schwein, sicherlich verheiratet mit einem dicken Gehopse mit Dauerwelle. Er tut mir Leid. Zum Trost lasse ich ihn meistens eine kaputte Steckdose begutachten, wenn er schon mal da ist. Da kann man wenigstens einen Schraubenzieher ansetzen und sich bei der Problemanalyse am Kopf kratzen. «Tja, da ist kein Strom drauf!» Ich bewundere Menschen mit Durchblick. Ein Biber, der Bäume am Geschmack unterscheiden kann. Respekt, das schmeckt! Friseure, die sagen: «Sie haben ja dünnes Haar.» Richtig. Bitte einmal dick machen! Als ob ich zu den Antragstellern sage: «Das ist Ihr Kontostand? Sie sind ja ein richtig armer Schlucker!»
Ich habe Hunger und will Frühstück. Ich will Frühstück und habe Hunger. Ich will Brötchen kaufen gehen bei der behämmerten Russin in der gestreiften Schürze. Ich will die Zeitung lesen und all das erklärt bekommen, was ein Journalist viel besser blickt als ich. Wie sind die Menschen, diese lustigen Krabbeltierchen? Ich hasse Kolumnen über Eltern und Kinder und Männer und Frauen. Ach, wie drollig, wir haben wieder ein Schema in der Affenherde gefunden: Der Affe mit den langen Haaren braucht viel länger im Bad.
Ich stinke nach Nachtschweiß. So kann man keinen Sex haben. So riecht man erst hinterher. Ich gehe mich duschen mit Hunger. Ich trockne mich ab mit Hunger. Zwischen den Zehen und hinter den Ohren. Nicht mal Zigaretten im Haus. Gleich Montag gehe ich zum Sozialamt und beantrage welche. Ach nein, die gehören nicht zu den Grundrechten eines richtig armen Schluckers, so wie angespuckt werden. Ach ja, ich bin gar kein richtig armer Schlucker. Ich habe mehrere Krawatten und kann mir eine Tageszeitung leisten, die mich von der Welt isoliert. Wenn hier nicht ein Hipp Hipp Hurra angebracht ist, so kurz vor Weihnachten. Weihnachten fahre ich mit meinen Kindern in den Skiurlaub. Was man nicht alles macht, weil man hofft dick zu erben, wenn die Kinder vor einem sterben. Ist aber eher unrealistisch. Sie sind ja auch wieder gesund geworden, darum fiept und piept mich das Meerschweinchen nicht mehr an. Den Namen hab ich schon wieder vergessen, Mucki oder Nietzsche. Ich werde heute mal Linda fragen, mit der ich nachmittags in den Tierpark gehe. Im Winter ey. Lauter zugeschneite Gnus und gut gelaunte Eisbären, die endlich echte Eisschollen haben, um darauf zu sitzen und den Kopf hospitalistisch zu schwenken. «Kuck mal, Papa, der Eisbär schunkelt fröhlich.» Genau, mein Kind, Tiere lieben es, kein allzu großes Revier zu haben, da finden sie ihre Pisshöhle besser. Ich habe nicht mal schlechte Laune. Mein einziger Muskel, der Zynikus, darf nicht schwächer werden. Ich trainiere. Wirklich miese Laune habe ich, wenn keine Wochenendzeitung meine Tür verrammelt. Dann kann ich rausgehen und staunen, was in der großen Stadt für Weihnachtsstimmung herrscht. Fensterdiskos und Sonderangebote. Schenken Sie Gutscheine für
Weitere Kostenlose Bücher