Die Titanic und Herr Berg
anziehen, viel zu erwachsen, ja. Unter den Stiefeln hat Ina kindische Socken an. Dann pfeift der Teekessel, und ich flitze in die Küche. Ina kommt mit der Brötchentüte hinterher, obwohl wir in der Stube essen werden. Die Küche ist klein, nicht zu klein, nur klein. Ina steht mit der Brötchentüte neben dem Herd, weil ich die Brötchen aufbacken soll, darum. Ich mag aufgebackene Brötchen nicht, weil knusprige Brötchen zu sehr krümeln, aber ich kann ihre zwei Brötchen, normal und Schusterjunge, gerne aufbacken, und meine nicht, normal und Zwiebelbrötchen. Ich mag harte Brötchen nicht essen, weil mir mein halber linker Schneidezahn abgebrochen ist, weil ich mit Frank herumgealbert habe. Unsere Münder sind zusammengeknallt, Rolle vorwärts, oder abkitzeln, und da seine Zähne schön und gesund sind, hat einer von meinen nachgegeben. Meine Zahnärztin wollte gar nicht wissen, wie das passiert ist, und ich habe es ihr erzählt, trotzdem. Ich habe gesagt, dass ich eine Bierflasche mit den Zähnen geöffnet habe, ein Gedanke, bei dem mir eine Gänsehaut wie Sandpapier wächst. Ich fand die Geschichte damals beeindruckend, als Katrin sie mir erzählt hat. Die Zahnärztin hat mir ein Stück Porzellan angeklebt, und es ist wieder abgebrochen. Sie hat mir wieder ein Stück Porzellan angeklebt, seitdem mag ich nicht in saure Äpfel und knusprige Brötchen beißen. Das habe ich Peter noch gar nicht erzählt. Ich erzähle es Ina. Ich habe Peter auch noch nicht von Ina erzählt, aber ich habe Ina schon von Peter erzählt, natürlich. Dass ich ihn liebe. «Hirnlos» findet Ina, weil ich ihn kaum kenne, sagt sie. Das stimmt nicht. Ich weiß, dass seine Wimpern ganz kurz sind. Ich weiß, dass er dasteht wie etwas Vergessenes in einer Museumsecke, und ich weiß einfach, dass ich ihn liebe. «Hirnlos» sagt Ina.
«Machtlos», sage ich.
«Boah, kitschig!», schreit Ina.
«Nein, ehrlich!» Das ist mein letztes Wort.
Ina verliebt sich immer ganz langsam, so langsam, dass die Männer den Mut verlieren und sich weiter umschauen, bis ein Mädchen schneller entflammt. Ina ist schwer entflammbar, eher nasses Holz. Sehr lange pustet und wedelt kein junger Mann, dem zwischendurch keine Hoffnung gemacht wird. Junge Menschen lieben etwas hin und wollen etwas zurück. Ich bin 120 Jahre alt und liebe wie ein Hund. Ina liebt zu langsam. Das ist meine Erklärung, denn Ina ist fast zwanzig Jahre alt und noch immer Jungfrau. Ich weiß, es gibt auch Menschen, die mit Mitte zwanzig noch Jungfrauen sind, aber dazu braucht es eine Erklärung.
Ina findet, Peter nutzt mich aus, und ich finde, die Butter schmeckt, als hätte sie im Kühlschrank neben der Petersilie gelegen.
«Petersilie? Peter, immer Peter», schreit Ina. Ina schreit gerne herum. Ina sollte Bahnhofsansagerin werden, falls die Anlage mal kaputt ist, Ina könnte trotzdem die Durchsagen machen. Ina will aber Lehrerin werden, da kann sie auch viel rumschreien, wenn die Schüler ihr dumm kommen. Ich kann ihr nicht dumm kommen, ich wollte von Peter ablenken und habe etwas von Petersilie erzählt. Ina will aber wissen, ob sich Peter gemeldet hat. Das kann ich nur verneinen, aber auch verteidigen. Er ist im Urlaub, er muss sich erholen und ich habe ihn verwirrt. Wenn er wieder da ist, wird er sich melden. Ich soll ihn nicht immer verteidigen, meint Ina. Sie sagt «immer», als gebe es nach zwei Treffen ein «immer». Immer haben wir miteinander geschlafen, immer war es schön. Ina schreit wieder. Sie hält ihr Brötchen schief und der Honig läuft träge zu einer Seite: «Naja, er schläft mit dir und dann meldet er sich nicht.»
Ina würde niemals ficken sagen, ich sage es auch kaum, außer ein Mann mag das, dann mach ich das. Ina sagt untenrum küssen, anstatt blasen. Sie fragt mich, ob ich Peter untenrum geküsst habe. Der Honig läuft ihr über die Hand, und sie leckt ihn ab. Natürlich habe ich ihm einen geblasen, natürlich. Ich blase gerne, denn ein Schwanz ist nicht hart, wie aufgebackene Brötchen, und ich kann mir keinen Zahn abbrechen. Blasen ist auf der Liste der weltweiten sexuellen Tätigkeiten gleich auf Platz zwei, schätze ich. Blasen geht schnell, und danach sind alle zufrieden, alle: der Bürgermeister von Berlin, Frank, Mario, Holger und Peter und ich auch, natürlich. Peters Schwanz schmeckt immer gut, immer. Ich muss nicht mal sein Sperma schlucken, weil er es selber haben will. Ich küsse ihn, erst untenrum, wie Ina sagt, dann obenrum. Ich fütter ihn, von
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