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Die Titanic und Herr Berg

Die Titanic und Herr Berg

Titel: Die Titanic und Herr Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Fuchs
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Schnabel zu Schnabel. Er will alles für sich alleine. Ich soll damit nichts veranstalten können, Fortpflanzung. Was soll ich das Ina erzählen? Ina soll das alles alleine raus finden, wird sie. Ich versuche seit Monaten, Mario für Ina zu begeistern. Mario sagt, er liebt mich. Und ich solle ihn nicht ständig loswerden wollen, sagt er.
    Ina hat ihre Hand sauber geleckt, und ich habe das Radio angemacht. Wir sind fertig mit Frühstücken. Ich mache nochmal Kaffee. Seit das Radio an ist, schreit Ina noch mehr herum, obwohl ich direkt neben ihr sitze und nicht taub bin.
    «Ich bin doch nicht taub», sage ich zu ihr. Dieser Satz ist Inas Satz. Jeder Mensch hat einen Satz. Ich weiß Peters Satz noch nicht.
    Ina fragt, was ich Weihnachten mache. Es ist süß, dass sie fragt. Weihnachten werde ich wie die letzten drei Jahre bei ihrer Familie feiern, weil ich keine Familie habe. Ich sage, ich wüsste es nicht, und sie lädt mich zu ihren Eltern ein. Darum umarme ich sie, aber sie lässt sich nicht auf den Mund küssen. Weil ihre Lippen rissig sind, sagt sie, und schmiert sich Butter drauf. Sie lässt sich aber auch nicht küssen, wenn ihre Lippen nicht rissig sind, nein. Gesine lässt sich küssen, wir haben mit zehn küssen geübt, ja. In den Jugendzeitschriften von Katrin stand, dass ich küssen mit einem laufenden Wasserhahn üben kann, oder mit Wackelpudding, aber ich wollte wissen, wie es sich für den anderen anfühlt, da können einem Wasserhahn und Wackelpudding nicht helfen. Ich habe Gesine überredet.
    Im Radio kommen nur Lieder, die wir kennen. Es ist ein Radiosender für Menschen, die gerne etwas wieder erkennen und mitsingen. Sie freuen sich, wenn sie auch noch den Bandnamen wissen: Jefferson Airplane, Rod Steward, Bee Gees. Ich wackel albern mit dem Hintern und bleibe am Fenster stehen. Die Krähen drehen das Laub um. Ich bin heute in einer komischen Stimmung. Ina auch, aber in einer anderen. Sie schnipst Brötchenkrümel vom Tisch. Wenn Ina bei mir war, muss ich danach immer staubsaugen. Da ist ein «immer» angebracht, denn seit Jahren muss ich immer staubsaugen, wenn Ina da war, immer. Überall liegen Krümel und Schnipsel. Manchmal denke ich, Ina bröckelt. Wenn ich bei Ina bin, krümel ich dann extra, und ich weiß nicht mehr, wer damit angefangen hat.
    Sie schreit, ob ich schon alle Weihnachtsgeschenke habe. Ich habe schon alle Weihnachtsgeschenke, aber das kann ich nicht sagen, denn dann will sie wissen, was. Das geht nicht, nein. Ich schenke dieses Jahr allen das Gleiche, allen – Kalender fürs nächste Jahr, Wandkalender. Kein Mensch braucht einen Wandkalender mit Prominenten und Landschaften und prominenten Landschaften und den Mondphasen und Namenstagen. Kein Mensch heißt mehr Notburg oder Irmtraut, außer Notburg und Irmtraut. Mir ist dieses Jahr nichts eingefallen für keinen Menschen. Meine ganze Phantasie brauche ich dafür auf, an Peter zu denken, sanfte schöne Tagträume, in denen er sagt, dass ich ihm gefehlt habe. Wir lesen zusammen ein Kinderbuch über ein Feuerwehrauto, das immer rot wird, wenn es sich schämt, bestellen uns Pizza, aber ohne Ananas, und zweimal Cola. Und ich habe auch heiße Tagträume, wie ich sein Arschloch lecke, den Daumen dann ganz tief rein stecke und mit der anderen Hand zwischen seinen Beinen durch nach seinen Eiern fasse. Meine Spucke läuft seine Poritze runter, und ich verschmiere sie auf seinem Schwanz. Darum Wandkalender!
    Ich habe auf die Papprückseite der Kalender eine Entschuldigung geschrieben. «Mir ist nichts Besseres eingefallen. Ich bin verliebt. Es ist etwas Ernstes. Schönes neues Jahr. Tanja.» Auch Holger, Mario und Frank bekommen einen Kalender, Maulesel, Pastagerichte, Rennräder. Bei allen dieselbe Entschuldigung, es ist aus. Ina bekommt fotografierte Türen vom Darß. Ina ist entzückt, dass ich ihr nichts über meine Geschenke verrate, weil sie Überraschungen mag. Da wird sie überrascht sein, nachdem ich ihr die letzten Jahre immer eine Hose genäht habe, diesmal keine Hose. Sie grinst mich an, setzt ihre Mütze auf und verkündet, dass sie heute Vanillekipferl bäckt. Ich frage nicht, ob ich helfen darf. Vanillekipferl erinnern mich an Schwänze, und ich muss was Wichtiges machen. Ich muss an Peter denken, dafür brauche ich heute meine Hände, ich kann sie nicht in Teig stecken, unmöglich. Außerdem geht mir Ina auf den Keks, auf den Vanillekipferl, weil sie so laut ist.
    «Ich finde die neue Haarfarbe schön», sage ich zum

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