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Die Titanic und Herr Berg

Die Titanic und Herr Berg

Titel: Die Titanic und Herr Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Fuchs
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blubbert.
    «Wenn du meinst, dass du noch nicht so weit bist …»
    Jaja, wenn ich das meinen würde, dann könnten wir sicherlich Freunde bleiben und mal ins Kino gehen. Da ist es dunkel, wir können flüstern, dass mir ihre Stimme die Wirbelsäule erigiert.
    «Heike.» Ich nahm an, dass sie das mochte. «Wenn du dir unsicher bist …»
    Heike zieht oft ihre Augenbrauen hoch. Das ist eine gängige, voll funktionsfähige Antwort, ihrer Meinung nach. Am Telefon funktioniert das aber nicht. Das ist wie einem Blinden winken. Also fing ich an zu ackern für ein «Hm». Verstehst du? Weißt du? Ich kam mir vor wie Jürgen.
    «Hm», sagte sie kleinlaut und kurzlaut.
    «Heike, ziehst du die ganze Zeit die Augenbrauen hoch?», fragte ich.
    Wir lachten kurz und ab da schien alles einen Hang runterzurollen, so von allein und schief. Wir haben beschlossen, dass ich sie besuche. Juchhu oder nicht. Da wir uns kennen, beschlossen wir außerdem, könnte nichts passieren, was wir nicht wollen. Ist natürlich Dummfug mit Soße, wird schon schief gehen. Wenn sie rollig ist, dann rollts halt.
    Am Freitag habe ich die Woche dann tatsächlich überstanden. Ich habe Jürgen überlebt und mich auch ganz gut gehandhabt – ruhig, ruhig, Zeit vergeht von alleine, du kannst nichts aufhalten, du kannst nur Frau Kobow die Tür aufhalten.
    «Schönes Wochenende!»
    Das wird sich zeigen. Ich kann wirklich nichts aufhalten, den Wind nicht und Heike nicht, weil ich glaube, dass ich da immer noch Gefühle investiere, bis ich Bankrott gehe. Wenn ich mir wenigstens einreden könnte, geil zu sein, aber so befriedigt wie Tanja hat mich noch keine Frau aus dem Bett in den Alltag entlassen. Das ist es leider nicht, warum ich zu Heike fahre. Leider Liebe.
    Freitag bereite ich mich auf das Wochenende vor, so wie früher. Mann, Mann, früher, verklärter Mist! Ich rasiere mir ein Gesicht, ich packe einen Koffer, der eine Sporttasche ist und bin nicht aufgeregt. Oder doch? Unter Alkohol darf man nicht Auto fahren, aber so? Ich bin ja angeschnallt und das Radio schalte ich auch an. Ich habe mir abgewöhnt, im Auto Kassetten zu hören, und dann habe ich mir angewöhnt im Auto Radio zu hören. Das ist ein gutes Training für mich. Ich muss nehmen was kommt. Wenn Heike will, will ich auch und ertrage auch die scheiß Monkeys und wenn sie nicht will, habe ich noch nie gewollt und ertrage zurück den Scheiß George Michael.
    Ich lege eine Pause an einer gemütlichen deutschen Raststätte ein: Latrine, Rührei, beides verkeimt. Normalerweise würde ich rauchen, aber ich habe keine Kippen mitgenommen. Letztes Mal bei Heike war abends Stromausfall und ich wollte das Feuerzeug dazu benutzen, den Weg zum Bett zu finden, in dem der schöne weibliche Heizkörper lag. Heike fragte leise, ob ich schon wieder rauchen müsste. Ich könnte doch mal Rücksicht nehmen, weil sie gerade aufgehört hatte zu rauchen. Also schwieg ich und rauchte eine, dann ging ich ins Bett, ohne Licht und stieß mir den Fuß. Ich bekam kein Mitleid und dann führten wir dieses Flüstergespräch, bis zur Rückkopplung, pst, pst, pst, du, nein du, scheiße. Heike schreit nicht. Heike fiept und sie sagt Sachen wie: «Wirst du verletzt oder fühlst du dich verletzt?» Jedenfalls tat mein kleiner Zeh weh, den ich mir angehaun hatte, der war verletzt. Fakt!
    Ich habe darum diesmal gar keine Zigaretten mit. Zu Hause liegt eine volle Packung bereit, mich willkommen zu heißen, als Zigarette danach oder als Zigarette ganz danach. Anders kann ich mich auf Heike nicht vorbereiten. Ich kann Durchfall haben und das habe ich auch und ich kann sie mit dem Handy anrufen und sagen, dass ich bald da bin.
    «Schon?», fragt sie.
    «Erst!», sage ich.
    Sie beschreibt mir, wo das Café ist, in dem wir uns treffen. Ein Café? Ich hoffe, wir können wenigstens an einem Tisch sitzen. Wir können uns auch auf einer Parkbank treffen und die Ratten füttern, geht klar. Das Café heißt «Duo». Da kann ja nichts schief gehen, nur der letzte Gast, der kann um drei Uhr nachts dann schief gehen, da werden Heike und ich schon woanders sein.
    «Bis dann!», sagt sie.
    «Bis gleich!», sage ich und fahre weiter, damit bald gleich ist. Ich freue mich ja nur, damit ich danach was zu heulen habe. Ich kann mir jetzt schon Schimpfwörter ausdenken. Blödmann! Nuss! Dieses Wochenende kann doch nur bestätigen, dass die letzte Abfahrt Stuttgart auch kein Ausweg ist. Keiner will mich retten. Ich wäre so gerne ein emanzipierter Mann. Kurz

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