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Die Titanic und Herr Berg

Die Titanic und Herr Berg

Titel: Die Titanic und Herr Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Fuchs
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vor Stuttgart, als gerade Paul McCartney im Radio läuft, bilde ich mir ein, dass vor mir der Opa fährt, der meine Stoßstange verbeult hat. Der Wagen ist nicht mal aus Berlin und die Stoßstange ist auch nicht verbeult. Ich sehe Gespensterfahrer. Ich werde anscheinend müde. Ich kurbel deshalb das Fenster runter, davon wird mir kalt. Ich kurbel das Fenster wieder hoch und bin genauso müde wie vorher. Ich kann jetzt keine Müdigkeit gebrauchen. Ich bin sowieso so schlecht im Zuhören und Antworten, blödes Spiel, da verliere ich immer. Und die andere Möglichkeit diese Frau für mich zu gewinnen, ist ficken, da bin ich nicht schlecht, aber wenn ich müde bin doch. Man hat doch nie alles so wie mans will. Ich zum Beispiel wollte die Wende nicht. Jetzt wohne ich im Osten, den es angeblich nicht mehr gibt, so wie Männer und Frauen angeblich nur soziologische Masken sind mit biologischer Mumu und Tröte. Und dann gibt es noch Ostfrauen und Westmänner und andersrum. Hör mir auf! Fang gar nicht erst an!
    In Stuttgart muss ich den Faltplan befragen, schöne Slapstick-Einlage, raschel, raschel. Ich kenne mich hier nur ein bisschen aus. Heike und ich waren oft essen, aber nur in der Umgebung ihrer Wohnung. Einmal waren wir im Kino. Einmal waren wir bei einer Freundin von ihr, wo ich «ein Kollege» war. Einmal waren wir einkaufen. Einmal waren wir glücklich.
    Viel weiß ich deshalb nicht über Stuttgart. Ich weiß nicht, wo die hässlichste Treppe, Brücke, Straße ist. In Berlin weiß ich das: Warschauer Straße, Warschauer Straße, Warschauer Straße. Ich finde das Café «Duo» trotzdem, mit Hilfe meiner Orientierungsgabe, ich – Mann. Da – Café. Dann mal los. Die Hose ist eh voll. Dafür ist der Kopf leer. Ich würde gerne rauchen, aber ich muss ja auch mit Tanja aufhören, an die ich freilich, freilich nicht denken will. Scheiß Angewohnheiten!
    Aussteigen? Aussteigen!
    Reingehen? Reingehen!
    Heike ist noch nicht da oder sie ist inzwischen ein Mann, dick und arbeitet als Kellner, der die Stühle hochstellt. «Zu!», sagt der Kellner zu mir. Auf den Punkt gebracht, keine Entschuldigung, nur den Dämlack wegschicken. Der Dämlack geht raus und da steh ich nun. Was könnte ich denken, um nicht aufgeregt zu sein? Wird schon? Sei doch einfach nicht aufgeregt. Dir kann nichts passieren, du hast sie überwunden, sie ist verheiratet, da ist sie. Zack, geht der Vorhang hoch, nach einer scheiß Generalprobe ist jetzt Vorstellung, Lampenfieber, kein ausverkauftes Haus, altes Haus, nur eine Zuschauerin.
    «Hallo!»
    «Gut siehst du aus», sagt sie einfach so. Sie sieht selber gut aus.
    «Das Café ist zu», teile ich ihr mit, während wir uns kurz drücken und auf die Wange küssen, weshalb ich den Satz erst in ihr linkes und dann in ihr rechtes Ohr brülle.
    «Oh!», sagt sie.
    In meinem Kopf klingt der Satz nach. Das Café ist zu. Es klingt für mich, wie der eine Satz aus Dirty Dancing, wo das Mädchen gefragt wird, warum sie in dem Club ist und sie sagt: Ich habe eine Wassermelone getragen. Ich habe den Film mit einer Frau gesehen, deren Namen ich schon nicht mehr weiß. Es ist nichts draus geworden.
    «Und nu?», frage ich. «Gehen wir in ein anderes Café, eins, das nicht zuhat?» Mann, so viele Wassermelonen kann man gar nicht tragen.
    «Wir können auch …» Heike stellt sich auf die Fußaußenseiten.
    «Du siehst auch gut aus.» Ich will in kein anderes Café, das heißt dann «Mono» und ich hab den Salat mit Dressing und kann die Schüssel alleine auslöffeln.
    «Wir fahren zu mir. Das ist einfacher», sagt Heike. Ihre Haare sind länger als früher. Sie kann sie hinters Ohr klemmen, muss sie aber nicht. Sie kann tun und lassen, was sie will. Wenn sie eine Glatze hätte, würde ich ihr einen schönen Hut kaufen. Zu ihr fahren, warum bin ich da nicht drauf gekommen? Weils dreist gewesen wäre.
    «Ja», finde ich auch, kurzer Satz, keine Wassermelonen. Dann stehen wir uns gegenüber. Sie ist recht klein, wenn sie auf den Fußaußenseiten steht. Ich weiß nicht, wo sie wohnt, weil sie umgezogen ist.
    «Wo ist dein Auto?», fragt sie.
    «Ach so, da!» Ich zeige hinter mich. Dann drehe ich mich um und laufe los. Sie läuft hinter mir her. Ich bleibe stehen. Wir stehen neben einem roten Audi. Sie denkt, das ist mein Auto.
    «Noch ein Stück», sage ich und gehe weiter. Sie wieder hinter mir. Ich krieg ’nen Klaps. So geht das nicht, wie wir gehen, und so läuft das nicht, wie wir laufen. Ich beeile mich zum Auto,

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