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Die Titanic und Herr Berg

Die Titanic und Herr Berg

Titel: Die Titanic und Herr Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Fuchs
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damit es schnell vorbei ist, wie Heike hinter mir hertappt und ich schon den Schlüssel in der Hand habe.
    «Lauf doch nicht so schnell», höre ich Heike sagen, spannenlanger Hansel.
    Ich könnte mich hinwerfen und schreien, überhaupt ein Wunder, dass ich das nicht ständig will. Hinwerfen und schreien, eine echte Alternative zu stillhalten und nicken. «Komm doch mal her!» Ich bleibe wieder stehen und drehe mich zu ihr um. Als Heike vor mir steht, hängt deutlich ein «Was jetzt?» in der Luft – also küsse ich sie. Sie küsst Antwort und ich frage weiter. Sie beantwortet alles. Ich lege meine Hände an ihr Gesicht, in der einen Hand den Autoschlüssel, und sie erschrickt, weil der Schlüssel kalt ist. Wir stehen wie vorher. Ich drehe mich wieder um und gehe zum Auto. Soll sie hinterherlaufen, als hätte ich zuckerfreien Zucker am Arsch, da stehn alle Weiber drauf, gleich sind wir am Auto, im Auto, in ihrer Wohnung, Scheidung, Hochzeit, Scheidung, hey-ho.
    Der Weg zu ihr ist nicht weit. Ich bin auf einmal gut gelaunt, könnte Schlenker fahren und ihr aufs Knie fassen. Ich will gar nicht mit ihr schlafen. Gut oder schlecht? Gut oder schlecht? Prima oder Stulle?
    «Links!», sagt sie.
    «Wie es der Dame beliebt.» Und da, sie lächelt, ganz Palästina ist frei und der Beutelwolf ist nicht ausgestorben, weil sie lächelt. Heike lacht nie laut, sie redet nicht laut und sie stöhnt nicht laut und ich habe tatsächlich gar keine Lust mit ihr zu schlafen. Gut oder schlecht?
    «Hier!» Heike zeigt in eine kleine Straße, in der nur Häuser vom selben Typ stehen: Nazibauten, schöner als sozialdemokratische Nachkriegshäuser.
    «Welche Hausnummer?», frage ich.
    «Das Eckhaus.»
    Das Eckhaus hat kleine Balkone und schnieke Treppenaufgänge. Woran könnte ich ganz schnell merken, ob ich mit Heike schlafen will? Ich schau sie an.
    «Ich weiß», sagt sie. Da bin ich von der Dampfwalze überfahren. Sie weiß es? Dann spreche sie schnell, bevor wir zu ihr hochgehen, in das feine Eckhaus und was Dummes tun, anstatt was Kluges zu tun. Wir könnten ein Buch lesen.
    «Ich weiß, ist eine furchtbare Gegend für Autofahrer. Hier sind nie Parkplätze. Du musst hinten am Friedhof parken. Edgar parkt auch immer da.»
    «Is nicht schlimm!», sage ich, nö, nö. Edgar fährt zu ihr, findet keinen Parkplatz, parkt dann beim Friedhof, läuft zu dem Eckhaus, der Edgar, Mausebäckchen und dann klappert er mit dem Schlüssel, der Edgar. Natürlich hat er einen Schlüssel zu ihrem Haus, dann schließt er unten wieder zu, das ist ein ordentliches Nazihaus, schließt oben auf, sagt «Hallo Nazi, äh Schatzi!», küsst Schatzi und das wars mit Körperlichkeiten. Is nicht schlimm, aber schön auch nicht.
    Ich parke also am Friedhof. Gut oder schlecht? Ich parke ein. Ich schnalle mich ab und werde im Schwung – hopp, hopp, lass es uns hinter uns bringen – aufgehalten, weil Heike ihre Hand auf mein Bein legt und anhebt: «Peta.»
    Das bin ich, das ist mein Bein, jawoll.
    «Wenn du nicht willst, dann verstehe ich das.»
    Jetzt ist die Devise: Flink denken! Ihre Hand ist warm, gut, und ein Ehering ist dran, schlecht, ein Ring, uns alle zu knechten. Es soll also sein, wie immer. Heike nimmt ihre Hand wieder zurück, und kramt Zigaretten aus ihrer Jackentasche, dann das Feuerzeug, dann klappt sie den Ascher in der Armatur raus. Ich habe sieben Minuten Zeit zu bedenken und dann zu formulieren, ob ich will oder nicht, jetzt wo klar ist, wie der falsche Hase läuft: Rein, raus, weg läuft er. Sieben Minuten Zeit zu überlegen, ob ich sieben Minuten Sex will und zu überlegen, was ich dazu denke und ob ich ihr sage, was ich denke. Du mieses … du mieses Mieses, du böses Böses, du verficktes Verficktes, und ich will nicht mal. Heike raucht und lässt die rechte Hand immer gleich in Mundhöhe. Sie entspannt sich zwischendurch nicht. Weil ich meine Zigaretten nicht mithabe, nehme ich eine von ihr. Wir lächeln, weil wir das schon mal geklärt haben. Das war leicht, da kann ich «Danke!» sagen. Wer nach dem Ficken «Danke!» sagt, das ist schwerer.
    «Wir können auch …» Sie zieht an der Zigarette. «Wir müssen nicht.» Sie atmet den Rauch aus. Sie zieht eine Augenbraue hoch. Das soll eine Frage sein. Das soll eine Frage sein?
    Konsequent, da das eine halbe Angelegenheit ist, kann sie auch nur halbe Sätze sagen und nur eine Augenbraue hochziehen.
    Ich rauche mich klar. «So wie ich das sehe», hebe ich an, guter Einstieg, dafür, dass ich gar

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